Eine poetische Darstellung der inneren Welt altorientalischer, archaischer Menschen in ihrem Unterschied zu derjenigen des neuzeitlichen Lesers wird in der neueren Literaturforschung zumeist mit Thomas Manns Josephstetralogie assoziiert. In ihr nahm sich Thomas Mann vor, die Denkweise seiner Figuren "von innen" her auszumalen, so wie sie in "Wirklichkeit" hätte gewesen sein können. Die Grundlage dieses literarischen Experimentes war die Formel des sogenannten mythischen Denkens, laut welcher der antike Mensch sich selbst und seine Gefühle nicht von Gottheiten und Naturerscheinungen trennte. Obwohl Thomas Manns Bibelroman historisch und philologisch sorgfältig fundiert ist, war sein Anliegen, eine "Wirklichkeit" des alten Orients zu zeigen, nur parodistisch-sekundär, da die "Wirklichkeit" in der Literatur für ihn keine maßgebende Rolle mehr spielte. In der bisherigen Forschung blieb jedoch unbeachtet, daß mehr als 60 Jahre vor Thomas Mann Gustave Flaubert in Salammbö sich einem ähnlichen Experiment stellte. Seine altorientalischen Figuren denken und handeln nach einer ähnlichen Formel. Auch er sprengte den Rahmen des traditionellen historischen Romans, um die innere Welt archaischer Menschen quasi aus deren eigener Perspektive zu zeigen. Dieses Anliegen resultierte aber aus seinem Bedürfnis, die "Wirklichkeit" des alten Orients darzustellen - im Gegensatz zu Spekulationen in herkömmlichen historischen Romanen. Der Unterschied zwischen den zwei thematisch und "methodisch" vergleichbaren Vorhaben - dem realistischen bei Flaubert und einem nicht-mehr-realistischen bei Thomas Mann - bildet den Kernpunkt der vorliegenden Arbeit. Vor einem breiten historisch-philologischen Hintergrund werden in ihr der Weg Flauberts zu seinem Realismus-Konzept, das Werden des Salammbö-Romans, die Quellen seiner Theorie des "mythischen Denkens", die "Auflösung" des Realismus und die Anfänge der Moderne, Thomas Manns Weg als Künstler des 20. Jhs., mögliche Einflüsse Flauberts auf den Autor des Josephsromans u. a. untersucht. Besondere Aufmerksamkeit wird der Entwicklung des historischen Romans und dem Orient als Phänomen der abendländischen Kultur geschenkt.
Zum Autor/Herausgeber: Alexej Baskakov, geboren 1962 in St. Petersburg. Studium der Philologie in St. Petersburg und Berlin. Lebt seit 1992 in Deutschland. 1998 Promotion an der Universität Oldenburg. Beiträge in Deutsch und Russisch zum Werk von Thomas Mann, Gustave Flaubert und Georg Ebers. Freier Mitarbeiter am Heinrich- und Thomas-Mann Zentrum in Lübeck.
Zielgruppe: Literaturwissenschafter; Thomas Mann- und Flaubert-Leser
Zum Autor/Herausgeber: Alexej Baskakov, geboren 1962 in St. Petersburg. Studium der Philologie in St. Petersburg und Berlin. Lebt seit 1992 in Deutschland. 1998 Promotion an der Universität Oldenburg. Beiträge in Deutsch und Russisch zum Werk von Thomas Mann, Gustave Flaubert und Georg Ebers. Freier Mitarbeiter am Heinrich- und Thomas-Mann Zentrum in Lübeck.
Zielgruppe: Literaturwissenschafter; Thomas Mann- und Flaubert-Leser