Die Entwicklung des Verfassungsrechts steht im Spannungsfeld der politischen Ideen auf der einen Seite und der realen Entwicklungen auf der anderen Seite. Dazu hat der Föderalismus für die Verfassungen der jeweiligen deutschen Staaten eine besondere Bedeutung: Zum einen ist er ein typisches Element der deutschen Staatsgeschichte, zum anderen ist seine Entwicklung in hohem Maß durch die Interessen der europäischen Nachbarstaaten geprägt. Der Föderalismus markiert im Verfassungsrecht einen Schnittpunkt der Faktoren und ist der Indikator für die zeitgeschichtliche Wechselwirkung dieser Kräfte.
Dabei gewinnt die Zeit der Umbrüche um 1800 eine besondere Bedeutung. Auf der Grundlage eines neuen Gesellschafts- und Staatsverständnisses, aber unter Beibehaltung der publizistischen Methode, wandelt sich der Begriff des Föderalismus. An die Stelle der Reichsfürsten und der ständischen Freiheit treten nun die Begriffe von Souveränität, Kompetenzen und Gewaltenteilung. In der Folgezeit kommen liberal-demokratische und nationalstaatliche Elemente hinzu und begründen den modernen staatsrechtlichen Föderalismusbegriff in Deutschland. Auf der anderen Seite steht eine deutliche politische Kontinuität zwischen dem Reich, dem Fürstenbund, dem Rheinbund und dem Deutschen Bund. Das deutsche föderale System ist ein Kompromiß zwischen den innerdeutschen und den europäischen Gestaltungsansprüchen an die deutsche Staatsordnung.