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Produktdetails
  • Verlag: Olzog
  • ISBN-13: 9783789282560
  • ISBN-10: 3789282561
  • Artikelnr.: 24793688
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.03.2009

Wer sucht, findet nicht immer . . .
Vietnam und Irak: Washingtons Fehlentscheidungen

Joseph Pozsgai sucht nach Parallelen im Vietnam- und Irak-Krieg. In der Motivation und der geostrategischen "Überdehnung" des amerikanischen Engagements glaubt er diese gefunden zu haben. Der Vergleich gerät jedoch eher zu einer Nebeneinanderstellung, bei der das Hauptgewicht auf dem Vietnam-Krieg liegt, dem mehr als drei Viertel der Studie gewidmet sind.

Im Vietnam-Teil liefert der Verfasser Argumente, die zum Krieg führten; unverhältnismäßig sind hier die ausladenden Ausführungen über das sowjetische und chinesische Engagement in Vietnam, weil es eigentlich um die amerikanischen Motive geht. So faktenreich die historische Darstellung dabei auch ausfallen mag, so dürftig ist doch die dazu gelieferte Analyse und politische Bewertung. Den südvietnamesischen Präsidenten Diem als eine quasi hoffnungsvolle Übergangsfigur hin zur Demokratie nach westlichem Muster darzustellen ist sicherlich ebenso überzogen wie die Behauptung, die nordvietnamesischen Invasoren seien nach der Tet-Offensive 1968 binnen drei Tagen nicht nur gestoppt, sondern die angegriffenen südvietnamesischen Städte seien gar von den kommunistischen Truppen "gesäubert" worden. Allein die sprachlichen Mittel des Verfassers deuten hier eher auf eine phasenweise tendenziöse und weniger neutrale Sicht hin.

Viel problematischer wiegt, dass Pozsgai in seiner viel zu knapp bemessenen Analyse die wesentliche Ursache für Amerikas Kriegsverstrickung in Vietnam praktisch überhaupt nicht thematisiert. Seit 1954, als Präsident Eisenhower die Dominotheorie als Ausdruck eines eher vagen, bisweilen disproportionalen Globalismus formulierte, blieb die amerikanische Außenpolitik über die gesamte Phase des Vietnam-Krieges hinweg geprägt vom reaktiven Charakter der Containment-Politik und der einseitigen Funktion von Bedrohungsvorstellungen im Entscheidungsprozess. Beides führte am Ende dazu, dass periphere Interessen zu vermeintlich vitalen Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten hochstilisiert wurden. Mit anderen Worten: Hinter Nordvietnams "Befreiungskrieg" und seinem Drang nach Süden wurde seit 1954 nach wie vor der monolithisch agierende Weltkommunismus vermutet - in diesem Fall eine unter der Führung Moskaus stehende und operierende chinesische Speerspitze.

Noch schwächer fällt der Irak-Teil des Buches aus. Pozsgais Analyse ist dürftig und zusammenhanglos: Geschildert wird einmal mehr die Chronologie der Ereignisse seit dem ersten Irak-Krieg. In der Bewertung bleibt es bei pauschalen Feststellungen, wonach Islam und Demokratie nun mal nicht vereinbar seien (weil die gesamte islamische Welt dem demokratischen Westen um ein halbes Jahrtausend hinterherhinke), dass es nach sieben Jahren Anti-Terror-Krieg mehr Terroristen in der islamischen Welt gebe als zuvor, dieser Krieg wiederum in eine Sackgasse geführt und schließlich die Nato-Partner gespalten habe. Vor allem die Art, wie der Verfasser dem Islam jede Fähigkeit zu politischer Eigenständigkeit und demokratischer Entwicklung praktisch abspricht und wie er ihn als antiwestliche Bedrohung darstellt, überrascht sehr. Pozsgai blendet komplett aus, dass es sich bei diesem "Konflikt" zunächst um einen innerislamischen handelt, dessen Rädelsführer sich auch gegen den Westen wenden.

Einzig interessante, wenn auch nicht neue und vor allem aber vom Verfasser nicht diskutierte These ist die, wonach Amerika anstatt gegen den Irak besser gegen Syrien und Iran als eigentliche Drahtzieher des Terrorismus in der Region hätten vorgehen sollen. So aber stecke Washington in dem Dilemma, entweder einen verlustreichen Krieg im Irak fortzusetzen oder aber ähnlich unrühmlich wie in Vietnam abzuziehen (mittlerweile haben die Ereignisse und eine neue Administration mit ebendem gegenteiligen Beschluss zum Abzug aus dem Zweistromland den Verfasser ohnehin überholt).

Insgesamt enttäuscht die Darstellung. Die Quellenangaben sind äußerst dürftig und teilweise unpräzise, wobei Zitate aus der Tagespresse überwiegen. Thesen werden nicht erörtert und Sachverhalte teilweise einseitig wiedergegeben. Außerdem fehlt eine Schlussbetrachtung, die vor allem die zunächst angekündigten Parallelen zwischen Vietnam- und Irak-Krieg behandelt.

STEFAN FRÖHLICH

Joseph Pozsgai: Vom Vietnam-Krieg zum Irak-Desaster. Fehlentscheidungen amerikanischer Politik. Olzog Verlag, München 2008. 319 S., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Stefan Fröhlich zeigt sich äußerst enttäuscht von diesem Buch, das die Parallelen im Irak- und Vietnam-Krieg darstellen möchte, laut Fröhlich aber eher eine Nebeneinanderstellung, und zwar eine ohne nennenswerte Ergebnisse ist. Fröhlich fällt zuerst die Unverhältnismäßigkeit in der Darstellung und in der Argumentation auf. Über drei Viertel des Buches, stellt er fest, widmet Joseph Pozsgai dem Vietnam-Krieg und führt dann vor allem über das sowjetische und chinesische Engagement aus, zu wenig über das amerikanische, findet Fröhlich. Bei allem Faktenreichtum findet er zudem Pozsgais analytischen Aufwand nicht ausreichend, um zu handfesten politischen Beurteilungen zu gelangen. Zusammen mit den Fröhlich dürftig erscheinenden sprachlichen Mitteln des Verfasser ergibt das eine "phasenweise tendenziöse" Sicht der Dinge, warnt er. Dass die Ursachen für Amerikas Krieg in Vietnam "praktisch gar nicht" zur Sprache kommen, hält Fröhlich für ein weiteres Problem des Bandes. Vom Irak-Teil kann er nichts besseres sagen. Dürftig und zusammenhanglos, meint er. Richtig unangenehm wird es für Fröhlich dann noch einmal, wenn Pozsgai seine Sicht auf den Islam formuliert. Für Pozsgai mag diesem jede Fähigkeit zur Demokratie und politischer Eigenständigkeit abgehen. Für Fröhlich ist dieses Buch ein reines Ärgernis.

© Perlentaucher Medien GmbH
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