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Auf einer Farm in British Columbia lebt die 15jährige Beth Weeks. Trotz harter Arbeit, Isolation und Angst vor sichtbaren und unsichtbaren Verfolgern bleibt sie empfänglich für die Wunder der Natur und die Schönheiten des Lebens. Dieser erste Roman einer jungen kanadischen Autorin spielt in der Zeit des Zweiten Weltkriegs.

Produktbeschreibung
Auf einer Farm in British Columbia lebt die 15jährige Beth Weeks. Trotz harter Arbeit, Isolation und Angst vor sichtbaren und unsichtbaren Verfolgern bleibt sie empfänglich für die Wunder der Natur und die Schönheiten des Lebens. Dieser erste Roman einer jungen kanadischen Autorin spielt in der Zeit des Zweiten Weltkriegs.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.09.1997

Kochkurs für Kojoten
Beseelt: Gail Anderson-Dargatz mischt Blitze, Tod und Butterkekse

Wer wissen will, auf wie viele Arten man Kühe melken kann, wie man sein eigenes Papier macht, Ingwerplätzchen bäckt oder aus sonderbaren, in der kanadischen Wildnis vorhandenen Bestandteilen Handcreme herstellt, der kann sich bei Anderson-Dargatz vortrefflich unterrichten. Man findet im Anhang ein zweiseitiges Verzeichnis der Koch- und Arzneirezepte, die im Text mit detaillierten Angaben zur Anwendung kommen. Dies ist die etwas irritierende Konzession, die ein sonst unkonventionelles Buch an die in der neueren Literatur grassierende Rezeptepidemie macht. Daß die Geschichte von einer Frau unbestimmten Alters über ein Jahr aus dem Leben des fünfzehnjährigen Mädchens erzählt wird, das sie einmal war, hat den Vorteil, daß die divergierenden Perspektiven, diejenige der Heranwachsenden und die der reifen Person, sich unauffällig mischen. Die junge Stimme ist naiv, von packender Unmittelbarkeit, die andere überlegen und dank dem Abstand der Jahre - die Geschehnisse spielen sich während des Ersten Weltkriegs ab - humoristisch, ironisch und versöhnlich.

Besonders reizvoll ist das Milieu, ein kleiner Ort in der kanadischen Provinz mit den vielfachen Verbindungen und Spannungen zwischen den weißen Siedlern und den indianischen, in einem Reservat lebenden Ureinwohnern. Ein wichtiger Mitspieler ist die den winzigen Flecken Zivilisation umgebende Natur, der Geruch von Mist und Erde, die Bären und Schildkröten, die Nagetiere, die Katzen und das Vieh. Ein Erzählfaden spinnt sich um das Begräbnis eines von einem Grizzly zerrissenen Mädchens.

Auch die innere Natur ist ungezähmt. Neben Resten von bürgerlichem Wohlverhalten mit den üblichen Besuchen, Einladungen, Festen, häuslichen und landwirtschaftlichen Arbeiten, Freundschaften und Liebschaften gibt es vor allem Brutalitäten, Trunkenheit, Vergewaltigungen, Faustkämpfe, Schwachsinn, seelische Verdüsterungen, Gespräche mit Verstorbenen, körperliche Deformationen und eine ungehemmte Sexualität. Alles ist beseelt, außer den Lebenden treiben noch die Toten ihr Wesen und Unwesen. Wenn es an einer Stelle heißt, man sei "von Geistern heimgesucht", dann ist das wörtlich zu nehmen. Überall spukt es, die Mitspieler leben in einer animistischen Vorstellungswelt, beherrscht von Aberglauben und Magie, gehen in die Kirche, aber sie sind nicht religiös. Sie sind unfähig zu unterscheiden zwischen dem, was ist, und dem, was ihnen ihre Ängste eingeben.

Der Leser sieht dies alles von außen, ins Innere der Gestalten wird ihm kein Einblick gewährt. Um so genauer darf er das Kommen und Gehen, das Tun und Lassen der Personen beobachten, sozusagen die Choreographie, die erst von einem Galeriesitz deutlich wird, oder als sähe er einen Haufen Ameisen in seiner unentwegten, gleichwohl rätselhaften Regsamkeit. Zusammengehalten werden alle diese Atome durch den Bericht des in erster Person erzählenden Mädchens, die Riten des Heranwachsens und die Stimme des Geschlechts. Ihr blitzgeschädigter Arm, der immer wieder erwähnt wird, ist das Symbol für die seelischen Schäden, die ihr angetan werden und die sie erfolgreich bekämpft. Sie ist das Objekt der Begierde für alle Männer auf der Farm und in der Stadt, sogar für den eigenen, gewalttätigen Vater, nur der Bruder begnügt sich mit einer Kuh. Das Mädchen selbst hat im Aufruhr der noch adoleszent ungenauen Begierden lesbische Anwandlungen. Als ein fast physisch hörbarer Laut zieht sich das Geheul der Kojoten durch die Landschaft des Romans.

Nach und nach wird "Coyote" zum Sammelnamen, zum Sinnbild für die herrschende Unruhe und Besessenheit für alle Dämonen, die durch die Geschichte brausen. Ganz am Ende gibt es jedoch einen Zauberschlag. Einer gelungenen totemistischen Verwandlung ähnlich oder, christlich gesprochen, einem Exorzismus gleich fährt der Dämon aus der Haut. Das Chaos ist geordnet, die Oberfläche geglättet, die gesträubten Haare legen sich, das strahlende Paar findet zueinander, das Happy-End ist nicht aufzuhalten. Auch die Rezepte fügen sich ein: Sie geben einer aus den Fugen geratenen Welt ein wenig Halt. EGON SCHWARZ

Gail Anderson-Dargatz: "Von Blitzen, Tod und Buttercookies". Roman. Aus dem Amerikanischen von Fred Schmitz. Ullstein Verlag, Berlin 1997. 448 S., geb., 48,- DM.

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