Gedanken beim Lesen des Buchs „Von der Gottelvergiftung zu einem erträglicher Gott“ von Tilmann Moser. Natürlich regt es an, eigenen Spuren von früher Religiosität nachzugehen, die da war, vom Vater unterstützt durch seine Fähigkeit das Sichtbare des uns umgebenden Kosmos, Sonne, Mond und Sterne, in
gemeinsamen meditativen Erlebnissen zu vertiefen. Auch traditionelle Überlieferung in Geschichten…mehrGedanken beim Lesen des Buchs „Von der Gottelvergiftung zu einem erträglicher Gott“ von Tilmann Moser. Natürlich regt es an, eigenen Spuren von früher Religiosität nachzugehen, die da war, vom Vater unterstützt durch seine Fähigkeit das Sichtbare des uns umgebenden Kosmos, Sonne, Mond und Sterne, in gemeinsamen meditativen Erlebnissen zu vertiefen. Auch traditionelle Überlieferung in Geschichten aus dem Christentum, Brauchtum der Kirchen, aber von ihm eher philosophische Deutungen.
In seinem Buch verbinden sich wieder lange psychoanalytische Erfahrung, undogmatisch in Praxis und Denken, mit dem interdisziplinären Ansatz, wie Patienten von ihm aufgenommen und aufgefangen werden, mit allen Facetten und Färbungen ihrer Biographie. Das Augenmerk gilt hier religiösen Erfahrungen und Prägungen der Patienten in früher Kindheit – die im Kind angelegte Fähigkeit zu Andacht und Spiritualität – und den Möglichkeiten der daraus zu gewinnenden Stärkung. Gleichzeitig aber auch immer die Gefahr der Gottesvergiftung durch die Erwachsenen, Eltern, Lehrer, Pfarrer, die Institution Kirche.
Eindrucksvoll wie Moser hier wieder aus dem Fundus seiner langjährigen psychotherapeutischen Erfahrung schreibt und an Beispielen aufzeigst wo religiöser Glaube zu besserer seelischer Gesundheit und weniger psychosomatischer Anfälligkeit aber eben auch zur seelischen Vergiftung führen kann.
So schreibt Moser immer auch in Bewegung gegen Dogmatismus und Tabus und so spricht sein Buch auch wieder eine gesellschaftlich bedeutende Thematik an (wie „Politik und seelischer Untergrund“ 1993, über die Wirkungsgeschichte von NS-Vergangenheit):
In meinem neuen Buchprojekt über „Interkulturalität junger Migranten“ schreibe ich: „Wer sind Wir? Deutschland und Europa sind herausgefordert sich selbst zu definieren.
“Westeuropäische Staaten sind so tiefgreifend sekularisiert, dass wenn man in Westeuropa ein Wir schaffen will, das Christentum nicht ausreicht.” “Die Trennung von Religion und Staat, ja sogar von Religion und Gesellschaft ist hierzulande weit fortgeschritten, und viele betonen ihre Gläubigkeit nur noch abseits der Kirchen…” beschreiben der Schriftsteller Navid Kermani und der Psychoanalytiker Tilmann Moser aus verschiedenen fachlichen Perspektiven und Erfahrungen die Verfaßtheit der christlichen Religion und Gesellschaft in Deutschland und Westeuropa. Und jetzt fordern uns die in Westeuropa und hier in Deutschland lebenden Migranten, vorallem die moslemischen Glaubens, heraus, uns mit unserer eigenen Geschichte von Aufklärung, Sekularisierung und Bedeutungsverlust von Religion auseinanderzusetzen.
Ein wichtiges Buch für die Fachleserschaft, aber auch ein Gewinn für LeserInnen die hier eine Quelle finden für eigene Fragen von Religiösität – einst und vielleicht noch heute, selbst erlebt und gelebt.
Ulla Roberts, Buchautorin, Sozialwissenschaflerin