Evelyn Richter ist die große alte Dame der Fotografie in der DDR. Nicht nur hat sie den Alltag im Land von der Gründung des Staats bis zu seiner Auflösung mit scharfem Blick dokumentiert und analysiert; von den achtziger Jahren an beeinflusste sie maßgeblich zudem als Lehrerin an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig auch die Sehweise einer ganzen Generation von Fotografen. Ihr Hauptwerk hatte sie 2009 in 730 Bildern zusammengefasst - doch dann wurden bei Aufräumarbeiten in ihrem Haus siebzig unentwickelte Filme entdeckt mit Aufnahmen von Reisen, die sie nach dem Mauerfall nach Venedig und London, Moskau und New York unternommen hatte. Ein kleines Büchlein zeigt davon einen Querschnitt und belegt vor allem ein Interesse an Menschen in Momenten, in denen sie vor Kunstwerken oder in ein Buch vertieft wie der Welt entrückt erscheinen. Erstaunlich ist, wie gleich sie sich dabei werden; einerlei, wo die Aufnahmen entstanden sind. Heute feiert Evelyn Richter ihren neunundachzigsten Geburtstag. (F.L.)
"Von der Latenz der Bilder" von Evelyn Richter. Hesperus Print Verlag, Dresden 2018. 64 Seiten, zahlreiche Schwarzweißfotografien. Gebunden, 25 Euro.
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