Die spätere Ablehnung von Konstruktivismus und Expressionismus durch Stalin und Hitler war keineswegs dem Widerstand der Avantgardekünstler gegen diese Diktaturen geschuldet. Hinter der unbedingten Verabsolutierung des 'Ausdrucks' und der 'reinen Form' stehen vielmehr strukturelle und inhaltliche Übereinstimmungen der Künstler mit den Totalitarismen und den radikalen Religionen des 20. Jahrhunderts. Die romantische Auseinandersetzung mit dem Mythos schlägt vollends um in einen vernunftfeindlichen Irrationalismus, gnostische Denkstrukturen und apokalyptische Erlösungsphantasien ziehen die Künstler sowie die politischen Führer und Ideologen in ihren Bann. Antikapitalismus, Ablehnung des 'stumpfen Materialismus' der bürgerlichen Gesellschaft, rassistischer Antijudaismus gehen in diesem geistigen Milieu ineinander über. Nicht Zivilisierung fragil gewordener gesellschaftlicher Identitäten, sondern die Überwindung des 'alten' Menschen zu einer 'höheren Gattung' ist das Ziel dieser Bewegungen, die jedoch in apokalyptischen Massentötungen gipfeln und zu den Konzentrationslagern führten.
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