Produktdetails
- Verlag: NZZ Libro
- 2000.
- Seitenzahl: 449
- Deutsch
- Abmessung: 37mm x 236mm x 286mm
- Gewicht: 1970g
- ISBN-13: 9783858238153
- ISBN-10: 3858238155
- Artikelnr.: 09147276
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.08.2000Zwischen Analyse und Werbeschrift
Chronik der Credit Suisse aus dem Aktenstudium der Holocaust-Affäre
Joseph Jung: Von der Schweizerischen Kreditanstalt zur Credit Suisse Group. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2000, 449 Seiten, 58 Franken.
Die Schweizer Geschichte im Zweiten Weltkrieg und die Rolle der Banken wären wohl weit weniger erforscht worden, wenn es nicht die Affäre um die herrenlosen Konten der Holocaust-Opfer gegeben hätte. Doch die Vorwürfe jüdischer Organisationen, die Schweizer seien Hehler der Nazis gewesen, hat die Zürcher Finanzhäuser gezwungen, Forscher in ihre Archive zu schicken. Die zweitgrößte Bank, die Credit Suisse Group, hat daraus ein Buch gemacht - einen voluminösen Zwitter aus kritischer Chronik und unbefangener Selbstdarstellung.
Auch wenn manche Passagen des Buches fast einer Werbeschrift gleichen, hat sich der Autor, ein Historiker, doch gegenüber seinem Arbeitgeber einigen Freiraum verschafft und den allzu engen Unternehmensblick geweitet. Er bietet zunächst einen kurzen Abriß der Schweizer Banken-Geschichte, die mit dem Mythos aufräumt, Zürich sei schon immer ein erfolgreicher Finanzplatz gewesen. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hat es in dieser Stadt kaum Bankiers gegeben, sind Genf und Basel viel bedeutender gewesen. 1856, bei der Gründung der Schweizerischen Kreditanstalt (SKA) durch Alfred Escher, ist zur Hälfte deutsches Kapital beteiligt gewesen, denn die Schweiz hat damals noch nicht im Geld geschwommen. Der Bankenplatz Zürich ist erst nach dem Zweiten Weltkrieg in die internationale Liga aufgestiegen und erst im Kalten Krieg zum großen und diskreten Tresor für ausländisches Vermögen.
Als eine Mischung aus "Anpassung und Kundenschutz" wird das Verhalten der Bank gegenüber Nazi-Deutschland beschrieben. Da über dieses Thema noch eine Forschungsarbeit geschrieben wird, ist das Kapitel über den Zweiten Weltkrieg mit dreizehn Seiten etwas kurz geraten. In der Auseinandersetzung mit jüdischen Organisationen, die vor zwei Jahren mit einem Milliarden-Vergleich ihr Ende gefunden hat, ist oft der Eindruck entstanden, als hätten Schweizer Banken in jener Zeit nur vom Leid der anderen profitiert. Das trifft nicht ganz zu: Der Krieg hat auch zu Einbußen geführt, und man hat alles versucht, um Verluste bei der Rückführung von Auslands-Guthaben zu begrenzen.
Es sind indes auch Methoden angewandt worden, die der Autor rügt: Mithilfe bei der "Arisierung" von Unternehmen in Deutschland sowie Erwerb von Raubgut und Raubgold. Die Bank hat ferner Geld an Kunden überwiesen, obwohl sie gewußt hat, daß Juden von Nazis zu solchen Transaktionen gezwungen worden sind. Der Umfang solcher Zahlungen lasse sich heute nicht mehr rekonstruieren, heißt es. Noch vorhandene Akten zeigen aber, daß es gewiß zweistellige Millionenbeträge gewesen sind. Und ähnlich hartherzig, wie Überlebende nach dem Krieg von Schweizer Banken abgefertigt worden sind, die nach Konten gefragt haben, sind auch jene behandelt worden, die nur Dokumente haben wollten für Entschädigungen in Deutschland für die Zwangsüberweisungen.
KONRAD MRUSEK
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Chronik der Credit Suisse aus dem Aktenstudium der Holocaust-Affäre
Joseph Jung: Von der Schweizerischen Kreditanstalt zur Credit Suisse Group. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2000, 449 Seiten, 58 Franken.
Die Schweizer Geschichte im Zweiten Weltkrieg und die Rolle der Banken wären wohl weit weniger erforscht worden, wenn es nicht die Affäre um die herrenlosen Konten der Holocaust-Opfer gegeben hätte. Doch die Vorwürfe jüdischer Organisationen, die Schweizer seien Hehler der Nazis gewesen, hat die Zürcher Finanzhäuser gezwungen, Forscher in ihre Archive zu schicken. Die zweitgrößte Bank, die Credit Suisse Group, hat daraus ein Buch gemacht - einen voluminösen Zwitter aus kritischer Chronik und unbefangener Selbstdarstellung.
Auch wenn manche Passagen des Buches fast einer Werbeschrift gleichen, hat sich der Autor, ein Historiker, doch gegenüber seinem Arbeitgeber einigen Freiraum verschafft und den allzu engen Unternehmensblick geweitet. Er bietet zunächst einen kurzen Abriß der Schweizer Banken-Geschichte, die mit dem Mythos aufräumt, Zürich sei schon immer ein erfolgreicher Finanzplatz gewesen. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hat es in dieser Stadt kaum Bankiers gegeben, sind Genf und Basel viel bedeutender gewesen. 1856, bei der Gründung der Schweizerischen Kreditanstalt (SKA) durch Alfred Escher, ist zur Hälfte deutsches Kapital beteiligt gewesen, denn die Schweiz hat damals noch nicht im Geld geschwommen. Der Bankenplatz Zürich ist erst nach dem Zweiten Weltkrieg in die internationale Liga aufgestiegen und erst im Kalten Krieg zum großen und diskreten Tresor für ausländisches Vermögen.
Als eine Mischung aus "Anpassung und Kundenschutz" wird das Verhalten der Bank gegenüber Nazi-Deutschland beschrieben. Da über dieses Thema noch eine Forschungsarbeit geschrieben wird, ist das Kapitel über den Zweiten Weltkrieg mit dreizehn Seiten etwas kurz geraten. In der Auseinandersetzung mit jüdischen Organisationen, die vor zwei Jahren mit einem Milliarden-Vergleich ihr Ende gefunden hat, ist oft der Eindruck entstanden, als hätten Schweizer Banken in jener Zeit nur vom Leid der anderen profitiert. Das trifft nicht ganz zu: Der Krieg hat auch zu Einbußen geführt, und man hat alles versucht, um Verluste bei der Rückführung von Auslands-Guthaben zu begrenzen.
Es sind indes auch Methoden angewandt worden, die der Autor rügt: Mithilfe bei der "Arisierung" von Unternehmen in Deutschland sowie Erwerb von Raubgut und Raubgold. Die Bank hat ferner Geld an Kunden überwiesen, obwohl sie gewußt hat, daß Juden von Nazis zu solchen Transaktionen gezwungen worden sind. Der Umfang solcher Zahlungen lasse sich heute nicht mehr rekonstruieren, heißt es. Noch vorhandene Akten zeigen aber, daß es gewiß zweistellige Millionenbeträge gewesen sind. Und ähnlich hartherzig, wie Überlebende nach dem Krieg von Schweizer Banken abgefertigt worden sind, die nach Konten gefragt haben, sind auch jene behandelt worden, die nur Dokumente haben wollten für Entschädigungen in Deutschland für die Zwangsüberweisungen.
KONRAD MRUSEK
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Der Rezensent mit dem Kürzel "bb." lobt hier ein Buch des Verlags der eigenen Zeitung, ohne eigens darauf hinzuweisen. Immerhin macht er in seiner Besprechung glaubhaft, dass es sich hier um ein voluminöses Buch über eine sehr bewegte Firmengeschichte handelt. Als Anlass für das Buch nennt er den Auftrag der Bank an den Buch-Autor, ein Gutachten zu ihrer Politik im Zweiten Weltkrieg zu erstellen. Diese Phase wird in dem Buch aber nur "auf einem guten Dutzend Seiten" abgehandelt, die die "Gratwanderung zwischen Anpassung und Kundenschutz" skizzierten. Größere Teile des Buchs sind den späteren Phasen der Bankgeschichte gewidmet, in denen die Wechselfälle, Skandale und Neuorientierungen des Hauses geschildert werden.
© Perlentaucher Medien GmbH
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