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Er unterstützte die Weimarer Republik, kämpfte kompromisslos gegen den "Neuen Nationalismus", ging 1933 in die innere Emigration und veröffentlichte seine "Kulturgeschichte als Kultursoziologie" im Ausland. Nach 1945 engagierte er sich für die demokratische Entwicklung der Bundesrepublik sowie die Wiedervereinigung und Neutralisierung Deutschlands. Diese Buch bietet zusammen mit dem ersten Band der Biographie ein Standardwerk, die unverzichtbare Begleitlektüre zur Alfred-Weber-Gesamtausgabe.

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Produktbeschreibung
Er unterstützte die Weimarer Republik, kämpfte kompromisslos gegen den "Neuen Nationalismus", ging 1933 in die innere Emigration und veröffentlichte seine "Kulturgeschichte als Kultursoziologie" im Ausland. Nach 1945 engagierte er sich für die demokratische Entwicklung der Bundesrepublik sowie die Wiedervereinigung und Neutralisierung Deutschlands. Diese Buch bietet zusammen mit dem ersten Band der Biographie ein Standardwerk, die unverzichtbare Begleitlektüre zur Alfred-Weber-Gesamtausgabe.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Mandarin und Vordenker
Alfred Weber leuchtet in der Heidelberger Provinz

Eberhard Demm: Von der Weimarer Republik zur Bundesrepublik. Der politische Weg Alfred Webers 1920-1958. Schriften des Bundesarchivs, Band 51. Droste Verlag, Düsseldorf 1999. 584 Seiten, Abbildungen, 98,- Mark.

Das eigene Licht muss stark leuchten, wenn es neben der Ausstrahlung einer großen Persönlichkeit zu sehen sein soll. Umso schwerer ist dies, wenn man den beliebten Charismatiker, der womöglich der eigene Bruder war, um Jahre überlebt. Davon wüsste etwa August Wilhelm Schlegel ein Lied zu singen, hat er doch dem genialischen Friedrich so wenig das Wasser reichen können wie Edward Kennedy seinem Bruder John Fitzgerald. Was bleibt dem Talent guten Willens? Oft ist es großer Einfluss in der zweiten Reihe.

So erging es auch Max Webers Bruder Alfred (1868 bis 1958). Als Nationalökonom und Soziologe, aber auch als politisch Handelnder hat er Wichtiges geleistet und in die Wege geleitet, wird aber von der heutigen Soziologie kaum beachtet. Nachdem Eberhard Demm 1990 eine Beschreibung des politischen Wegs Alfred Webers bis zum Tod von Max (1920) publiziert hat, legt er nun den zweiten, noch ausführlicheren Teil vor, der die Zeit bis 1958 umfasst. Entstanden ist eine akribische Studie, die einen ausgezeichneten Einblick bietet in die geistigen Auseinandersetzungen von der Weimarer Republik bis in die junge Bundesrepublik.

1923 übernimmt Alfred Weber die Leitung des Instituts für Sozial- und Staatswissenschaften der Universität Heidelberg, an der er bis zu seinem letzten Lebensjahr wirkt. Energisch unterstützt er begabte jüdische Studenten wie Karl Mannheim und Arnold Bergstraesser, die wie Norbert Elias und Erich Fromm später selber Gelehrte werden. Weber stellt aber auch den rechtslastigen Ernst Wilhelm Eschmann ein, was, wie Demm nachweist, nur ein Beispiel für die Toleranz des liberalen Weber darstellt, für den die wissenschaftliche Qualifikation das entscheidende Auswahlkriterium ist. Unzählige, zum Teil winzige Dokumente ergeben das Bild eines umtriebigen Wissenschaftsorganisators, das nur auf den ersten Blick widersprüchlich ist: So wird Weber bekannt für sein aufbrausendes, oft autoritäres Wesen - und praktiziert doch als Lehrmethode ein "diskutatives Prinzip", von dem seine Schüler noch Jahrzehnte später schwärmen. Mögliche Widersprüche kann Demm als Facetten eines Geistes erklären, der es sich zur Aufgabe macht, eine Elite zu selektieren, und der in der Tat dazu beiträgt, dass Heidelberg, trotz der Selbstreferenzialität einer kleinen Universitätsstadt, zu einer Hochburg des akademischen Gedankenaustausches jener Jahre wird. Als Beschaffer von Geldern, die man heute Drittmittel nennt, agiert Weber so geschickt wie als Angehöriger von Gremien, die private und wissenschaftliche Interessen miteinander verbinden. Im Laufe der Jahre schafft er sich - nicht zuletzt durch seine Schüler, die bald auch in Wirtschaft und Politik hohe Positionen einnehmen - ein dichtes Geflecht, das er gern für die Durchsetzung politischer Ziele nutzt.

Damit ist auf den heikelsten Punkt von Demms Darstellung einzugehen: die politische Einordnung Webers, dessen Bewunderung für Mussolinis Führungskraft zum Beispiel kein Geheimnis ist. Demm leistet hier gute Überzeugungsarbeit und bietet folgende Formel an: Weber fühle sich zwar als Linksliberaler, sei jedoch ein entschiedener deutscher Nationalist und damit letztlich ein Nationalliberaler im eigentlichen Sinne des Wortes. Demm hantiert hier, wie generell in seiner umfassenden, bestens bibliographierten Studie, sehr geschickt mit seinen Quellen. Doch führt die enge Verschränkung von Zitaten bisweilen zu einer trockenen Faktenaufhäufung, die nur dort an echter Farbe gewinnt, wo es um persönliche Lebensumstände geht, besonders wenn Webers Verhältnis zu seiner langjährigen Lebensgefährtin Else Jaffé zur Sprache kommt.

Weber, der Mitbegründer und erste Vorsitzende der Deutschen Demokratischen Partei, hat später nie mehr eine so zentrale Rolle im öffentlichen Leben gespielt wie vor 1920. Einem mutigen Eintreten gegen das Dritte Reich folgt die innere Emigration. Nach 1945 von den Amerikanern als "Democrat und reported Non-Nazi" eingestuft, bleibt Weber, dem Begründer der industriellen Standortlehre, noch mehr als eine Dekade, um Einfluss auszuüben: Wenn auch sein Hauptwerk, "Kulturgeschichte als Kultursoziologie" (1935), nach wie vor auf wenig Gegenliebe stößt, wird der greise Mandarin zum Vordenker von Montanunion, Marktwirtschaft und Bündnis für Arbeit, zum Mitbegründer und Mitherausgeber der kulturpolitischen Zeitschrift "Die Wandlung", schließlich zum Gegner der Atombewaffnung. Kein Wunder, dass die Achtundsechziger des 20. Jahrhunderts sich auf den 1868 geborenen guten Menschen von Heidelberg berufen, dessen Widerspenstigkeit gegen staatliche Verordnungen sprichwörtlich wurde. So sagt Weber, als die Straße vor seinem Haus einmal wegen Bauarbeiten abgesperrt ist: "Ich als Heidelberger Bürger habe das Recht, überall durchzugehen." Mutig überwindet er die Absperrung - und plumpst in die Baugrube.

THOMAS LEUCHTENMÜLLER

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Eine Renaissance des Soziologen Alfred Weber, des Bruders von Max Weber, scheint sich leise anzudeuten. Eine Gesamtausgabe ist im Erscheinen und eine "höchst informative und vielschichtige" Biografie, so das Fazit des Rezensenten Werner Bührer, liegt nun auch vor. Geschildert wird der Gelehrte als so konservativ wie tolerant. Frauenhabilitation lehnte er ab, der hohe Anteil jüdischer Studenten an seinem Institut störte ihn, im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen, nicht. Mussolini fand er nicht unsympathisch, zu Beginn der Naziherrschaft zog er sich aber in die "innere Emigration" der Emeritierung zurück. Nach dem Krieg drängte er auf Entnazifizierung und Reorganisation der Universitäten und wurde SPD-Mitglied. Interessant ist dieser Band, so der Rezensent, für "wissenschafts-, kultur-, geistes- und zeitgeschichtlich interessierte Leser".

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