Ein leinwander Kerl und eine dammige Geschicht
JANE, liebe Krovim und auch Ihr Hischen, Brisgen, Strichkatzen, feine Pinkel, Gnofen, Veteranen und allerlei Gesindel!
Der Sommerfeldt Albrecht ist ein leinwander Kerl und hat ein guts Buch geschrieben, das müsst Ihr unbedingt lesen. Also, Ihr
Mischboche, holt hajum Eure Marie aus dem Beutel, paar Flins reichen auch, und wenn Ihr kein Moos habt,…mehrEin leinwander Kerl und eine dammige Geschicht
JANE, liebe Krovim und auch Ihr Hischen, Brisgen, Strichkatzen, feine Pinkel, Gnofen, Veteranen und allerlei Gesindel!
Der Sommerfeldt Albrecht ist ein leinwander Kerl und hat ein guts Buch geschrieben, das müsst Ihr unbedingt lesen. Also, Ihr Mischboche, holt hajum Eure Marie aus dem Beutel, paar Flins reichen auch, und wenn Ihr kein Moos habt, macht chaift oder lasst anschießen, köngt das Druckwerk, nehmt‘s mit in Eure schattere Platte und lest es die ganze Ficht, keine Dange, Ihr werd’s ohnehin nicht zum dormen kommen; es ist eine dammige Geschicht.
Ich hoffe, ich hab Euch bekaschpert!
Das beste Mittelalter(und danach)-Buch, das ich seit längerem gelesen habe. Ab 1500, spätestens nach Luthers Thesenanschlag 1517, spricht man nämlich von der Frühen Neuzeit und „Von Huren, Bettlern und Glunterschratzen“ beginnt immerhin hundert Jahre später; aber alles fühlt sich so an wie unsere Vorstellung vom Mittelalter.
Wanderhuren, Päpstinnen, Klosterbräute, Fürsten und edle Ritter sucht man indes vergebens; stattdessen jede Menge Gestalten der Hamburger Unterschicht, die ihr karges Dasein mit allerlei fragwürdigen Tätigkeiten bestreiten.
So auch der Protagonist und Antiheld Johann Gabelschlag, als ehemaliger Soldat ein Veteran, zerlumpt, verarmt, gezeichnet, vielfach seelisch und körperlich verwundet, hart im Nehmen, aber mit einem weichen Kern, der Mitgefühl empfinden kann für die, denen es noch schlechter geht.
Dieses Mitgefühl mit der jungen Klara, dazu seine Schmerzfreiheit, Widerstandskraft und ungeheure Zähigkeit treiben ihn an, das Verschwinden junger Menschen in Hamburgs Elendsviertel St. Jakobi aufzuklären.
So entwickelt sich ein historischer Kriminalfall, der seinesgleichen sucht.
Die kraftvolle, bildliche Sprache zieht den Leser mitten hinein ins Geschehen. Man riecht förmlich den Unrat und Schmutz der Gassen und Tweeten, den Dampf, der in der warmen Wirtsstube aus nassen Kleidern steigt, spürt die Kälte im Winter 1617/18 in zu dünnen Kleidern auf der Haut und empfindet die Angst vor ständigem Unrecht und Gewalt. Drastisch und ohne Illusion wird diese Zeit und der ständige Überlebenskampf beschrieben. Hinzu kommt viel historisches Hintergrundwissen, Erläuterungen zu Gebäuden, Orten sowie den Ständen und ihren Verbindungen und - nicht zu vergessen – des Rotwelsch, der Sprache der Diebe und Gauner.
Die Kapitelüberschriften ziehen einen mitten hinein ins Geschehen dieses wirklich faszinierenden Buches, sowohl was Handlung und Inhalt als auch Stil und Wortwahl betrifft, und von dem ich mir eine Fortsetzung erhoffe.