1933 wird Georg Witkowski, deutscher Literaturwissenschaftler jüdischer Herkunft, zwangsweise in den Ruhestand versetzt. 1937 kommt er für zwei Wochen in Untersuchungshaft, außerdem wird ihm die Benutzung der Universitätsbibliothek untersagt. Dennoch will er in Deutschland bleiben. Er beginnt mit der Niederschrift seiner Memoiren: seine Strategie, mit den Schrecken der Gegenwart fertig zu werden. Und so erinnert er sich an die Berliner Kindheit um 1870, das Studium in München, die Lehrtätigkeit an der Leipziger Universität. Er läßt die großen Jahre der von ihm mitbegründeten Gesellschaft der Bibliophilen und des Leipziger Bibliophilen-Abends Revue passieren, berichtet von 'seiner' 'Zeitschrift für Bücherfreunde' und der ersten brauchbaren Edition des 'Woyzek'. Noch einmal ziehen zahllose Opern- und Theateraufführungen, Gewandhauskonzerte und Tagungen der Goethe-Gesellschaft, Stammtisch-Runden im"Kaffeebaum"und Vorträge im Schiller-Verein vorbei, nicht zu vergessen die Verteidigung von Frank Wedekind und Arthur Schnitzler vor dem Reichsgericht. In den Erinnerungen Georg Witkowskis entfaltet sich das Panorama einer kulturellen Blütezeit, anschaulich und lebendig wie selten zuvor. 65 Jahre nach ihrer Niederschrift erscheinen die Memoiren des deutschen Philologen und Bibliophilen jüdischer Herkunft hier zum ersten Mal, eine kleine literarische Sensation!
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Alexander Kosenina bewundert die Bescheidenheit, die Noblesse und die erzählerischen Fähigkeiten, die die Lebenserinnerungen dieses Philologen wilhelminischer Prägung für ihn ausmachen. Die korrigierte Neuausgabe von Georg Wittkowskis während der Zeit seiner Ächtung durch die Nazis verfassten Memoiren begeistern Kosenina durch ihren Reichtum an Erlebnissen und Begegnungen und die zahllosen Porträts von Zeitgenossen des Autors. Laut Rezensent entsteht das Berlinische Panorama einer Generation vor Walter Benjamin. Ferner ermöglicht ihm der Band die Begegnung mit einem nicht nur historisch, auch künstlerisch orientierten Literaturverständnis und mit einem großen Vermittler zwischen der Welt und der akademischen Sphäre.
© Perlentaucher Medien GmbH
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