Helmar Penndorf und Ingo Schulze führten 1993 einen ungewöhnlichen Dialog zwischen Altenburg in Thüringen und St. Petersburg: Die Freunde tauschten Fax-Briefe aus - Ingo Schulze schickt Berichte vom Petersburger Alltag, Helmar Penndorf antwortet mit Zeichnungen, in denen er Nos, die Nase, auftreten ließ. Als Ingo Schulze sich am 2. Januar 1993 in Altenburg von seinem Freund verabschiedete, um für ein halbes Jahr nach St. Petersburg zu gehen, war ungewiß, wann und ob sie sich wiedersehen würden. Der schwerkranke Helmar Penndorf war schon sehr geschwächt; Ingo Schulze sollte im Auftrag eines Privatmannes in Petersburg ein Anzeigenblatt herausgeben. Mit den Briefen, die sie einander mangels besserer Möglichkeiten per Fax übermittelten, setzten die Freunde ein Gespräch fort, das 1989 bei den Aktionen des Neuen Forums begonnen hatte: Er habe Penndorfs Anwesenheit dort als "erlösend" empfunden, schreibt Ingo Schulze. "Wir gehörten zur selben Sprachfamilie." Die so entstandenen Briefe, erzählte Skizzen aus dem Petersburger Alltag der 90er Jahre und die gezeichneten Antworten, denen man die Anstrengungen, unter denen sie geboren wurden, nicht ansieht, zeugen von einer zärtlichen und warmherzigen Freundschaft - und von einem ganz ungewöhnlichen zeichnerischen Talent. "Obwohl ich Helmar als einen ständig Zeichnenden kannte ..., begriff ich erst in den letzten Monaten, wie lebensbestimmend diese Kritzeleien Erzähl das nicht, schreib es auf...
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Briefe stellen eine alte literarische Kunstform dar. Dem, der es vergessen haben sollte, kommt dies bei der Lektüre des Buches "Von Nasen, Faxen und Ariadnefäden" unverzüglich ins Gedächtnis, schreibt Beatrix Langner. Was sich hinter dem seltsamen Buchtitel verbirgt, erklärt die Rezensentin mit unverhohlener Begeisterung für das Buch: Es handelt sich, weiß sie, um Briefe, in denen Ingo Schulze, der Autor des 1998 erschienenen Buchs "Simple Storys", 1993 via Fax seinem Freund Helmar Penndorf seine Eindrücke aus dem postkommunistischen Petersburg schilderte, die dieser mit 35 Zeichnungen beantwortete und auf diese Weise strukturierte. Man wird dadurch an den Ariadnefaden aus der griechischen Mythologie erinnert, erläutert die Rezensentin. Auch was es mit der Nase im Titel auf sich hat, erklärt sie. Von Penndorf gezeichnet und dem Freund in verschiedensten Variationen zugeschickt, ist sie das zusätzliche Sinnesorgan, um die veränderte Lebensumwelt erfahrbar zu machen, erklärt Langner. Darüber hinaus sei die Korrespondenz der letzte Austausch zwischen Schulze und seinem kurz darauf verstorbenen Freund. Ein ergreifendes Dokument einer Freundschaft, so Langner.
© Perlentaucher Medien GmbH
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