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Die kleinasiatische Ägäisküste ist die Geburtsstätte der europäischen Kultur. Hier entstehen mit den homerischen Epen, der "Ilias" und der "Odyssee", die ersten Werke der Literatur. Heraklit von Ephesos und Thales von Milet sind zwei der Philosophen, die sich erstmals um eine rationale Welterklärung bemühen und Forschung um der Forschung willen betreiben. Herodot von Halikarnassos wird als Vater der Geschichtsschreibung verehrt. Sie kommen in ausgewählten Abschnitten aus ihren Werken zu Wort. Interpretationen erschließen die Texte. Viele Orte waren Stätten religiöser Verehrung, der Isis, der Diana, des Apollon. In Ephesos bekennt sich ein Konzil zu der heiligenJungfrau Maria als der Gottesgebärerin. Berichte antiker Autoren und deren Interpretationen erschließen die fremde Welt und die ferne Zeit. Alle Orte werden kenntnisreich beschrieben, die Monumente werden vorgestellt und in ihren jeweiligen historischen Kontext eingeordnet. Pläne, Zeichnungen und Bilder dienen der Orientierung und vermitteln eine lebendige Anschauung. Einleitungskapitel erzählen von den Gründungsmythen der Städte und führen jeweils in die Geschichte ein. Indizes schließen den Band ab.
"Wer Zeit hat, sollte den einen oder anderen Text vor Ort lesen und sich auf diese Weise in die Atmosphäre einer antiken Stadt hineinversetzen", schreiben die Autoren. Ein wichtiger Hinweis, denn oft bedarf es einer guten Portion Phantasie, Ruinen mit Leben zu füllen. Das gilt auch für viele der hier beschriebenen Stätten von Troja bis Halikarnassos an jenem Stück der heute türkischen Agäis-Küste, an der die Wurzeln der europäischen Geschichte auf erregende Art ausgegraben sind. Natürlich ließen sich die Beschreibungen versunkener Metropolen auch etwas geschmeidiger und weniger lakonisch darstellen, als es Kurt Roeske und Patrick Schollmeyer tun, aber das ist zweitrangig. Wichtig sind die Präzision, mit der die steinernen Reste großer Epochen lokalisiert, und die Konsequenz, mit der historische Zusammenhänge erklärt werden - und hier ist dieser kulturhistorische Reiseführer vorbildlich. Er ist ein rundum kluges und kenntnisreiches Werk, in dem selbst dann noch die Steine zu reden beginnen, wo es keine grandiosen Zeugnisse jahrtausendealter Zivilisation mehr gibt. Eine Vielzahl von Rekonstruktionszeichnungen, die Menge der Zitate aus "zeitgenössischen" Schriften, die von Homer bis zum Apostel Paulus reichen, und ein umfangreiches Literaturverzeichnis vervollständigen ein Buch, das Standard sein muss für jeden, der an der türkischen Küste nicht nur baden will.
tg
"Von Troja bis Halikarnassos. Ein kulturhistorischer Reiseführer" von Kurt Roeske und Patrick Schollmeyer. Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2020. 258 Seiten, zahlreiche Abbildungen, Karten. Gebunden, 19,80 Euro.
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»[E]in Buch, das Standard sein muss für jeden, der an der türkischen Küste nicht nur baden will.« (FAZ, 4. März 2021)