Nachdem ich bereits von "Sehen wir uns morgen?" restlos begeistert war, stand für mich schnell fest, dass ich auch weitere Bücher von Alice Kuipers lesen möchte. "Vor meinen Augen" kommt an "Sehen wir uns morgen?" nicht heran, dennoch konnte mich die Geschichte zum Großteil von sich überzeugen.
Die Autorin hat einen wunderbaren Schreibstil. Auf sehr eindringliche und dennoch sensible Art und…mehrNachdem ich bereits von "Sehen wir uns morgen?" restlos begeistert war, stand für mich schnell fest, dass ich auch weitere Bücher von Alice Kuipers lesen möchte. "Vor meinen Augen" kommt an "Sehen wir uns morgen?" nicht heran, dennoch konnte mich die Geschichte zum Großteil von sich überzeugen.
Die Autorin hat einen wunderbaren Schreibstil. Auf sehr eindringliche und dennoch sensible Art und Weise, erweckt sie ihre Charaktere zum Leben und bringt diese dem Leser sehr gut rüber. Obwohl das Buch lediglich aus Tagebucheinträgen besteht, hatte ich nicht das Gefühl, dass es sich hier nur um ein reines Tagebuch handelt, denn dies fällt hier kaum auf und wurde von mir als normaler Roman wahrgenommen. Charaktere und Umstände werden gut und ausführlich beschrieben, allerdings konnten mich die Charaktere allesamt nicht vollständig von sich überzeugen. Besonders große Probleme hatte ich hierbei mit Sophie.
Alice Kuipers erzählt die Geschichte von Sophie, die den Tod ihrer Schwester verarbeiten muss. Dabei wird ihr der Rat gegeben, ein Tagebuch zu führen, um sämtliche Emotionen und Fortschritte aufzulisten. In ihrem Tagebuch schreibt sie über ihr zerrüttetes Verhältnis zu ihrer Mutter, angeknackste Freundschaften und Schwärmereien für Dan. Allerdings wird auch immer wieder ihre Schwester erwähnt, um die sie sehr trauert.
Die Trauer wird authentisch dargestellt, allerdings ist es mir an manchen Stellen dann doch zu viel, denn sie versinkt in Selbstmitleid und entwickelt sich dabei nicht weiter. Anstatt zu verarbeiten, klammert sie sich an die kleinsten Dinge fest. Dies mag zwar am Anfang ein schwacher Trost sein, aber auf Dauer hat es mich dann doch etwas genervt.
Ich konnte ihre Trauer, ihre Gefühle und ihre Gedanken ganz gut verstehen, allerdings hätte ich sie auch gerne wachgerüttelt. Verluste sind im Leben nie schön, erst recht nicht, wenn es um Familienmitglieder geht, aber die Art und Weise, wie sie alles verarbeitet, war eher kontraproduktiv. Ebenfalls etwas irritiert hat mich die Schwärmerei für Dan. Zwar gönnt man ihr dieses Gefühl, jedoch hab ich es nicht nachvollziehen können, da meiner Meinung nach alles viel zu schnell ging und ich mehrfach zurückblättern musste, weil ich das Gefühl hatte, etwas überlesen zu haben.
Allerdings geht es hier nicht nur um den Verlust ihrer Schwester und Dan, sondern auch um das Verhältnis zu ihrer Mutter, das ziemlich abgekühlt ist. Mutter und Tochter haben sich wenig zu sagen und leben eher nebeneinander her als miteinander. Auffällig ist dabei, dass ein ähnliches Verhältnis bereits in "Sehen wir uns morgen?" thematisiert wurde. Wenn man beides miteinander vergleicht, entdeckt man leider nur wenig neue Ideen. Ein komplett neuer Aufbau hätte mir in "Vor meinen Augen" deutlich besser gefallen.
Die Covergestaltung gefällt mir besonders gut. Sophie wirkt auf dem Bild sehr zerbrechlich, was zu ihrem Wesen passt. Allgemein gefällt mir das deutsche Cover weitaus besser als das Cover der US-Ausgabe. Die Kurzbeschreibung gefällt mir im Nachhinein eher weniger. Vor dem Lesen fand ich sie sehr gut geschrieben, nach dem Lesen war ich jedoch nicht mehr der Meinung, da sie sich nicht wirklich auf die Haupthandlung konzentriert.
Insgesamt ist "Vor meinen Augen" eine recht nette Geschichte für zwischendurch, die man trotz des eher ernsten Themas schnell weg lesen kann. Wären die Charaktere allerdings ein bisschen sympathischen gewesen, hätte ich deutlich mehr Lust auf diese Geschichte gehabt. Dennoch ist dieses Buch eine Kaufempfehlung wert, da der Schreibstil absolut wunderbar ist.