Vorm Tod ist alles Leben ist keine Werkschau eines prallen Liedermacherinnenlebens, eher ein Nachweis, am 'Marathon' teilgenommen und mit dem Mittelfeld ins Ziel gekommen zu sein. Das Buch enthält Songtexte aus den letzten zehn Jahren und Kurzgeschichten aus jüngster Zeit. Im Vergleich zu ihren Kollegen ist Barbara Thalheim vielleicht die deutsche Singer-Songwriterin, die ihre Anstrengungen, sich aus der Herkunft und politischen Zeit heraus zu begreifen, am stärksten in ihre Lieder und Auftritte eingebracht hat. Barbara Thalheim ist keine Satirikerin, obwohl ihre Bühnenprogramme manchmal den Eindruck erwecken. Auch wenn sie komisch ist, meint sie es bitter ernst. Seit vierzig Jahren versuchen ihre Lieder das Falsche im richtigen Leben aufzuspüren. Das Rezipieren strengt an und beunruhigt. Das ist beabsichtigt. Barbara Thalheim wollte nie Sängerin werden, das Singen ist zu ihr gekommen. Ihr Beruf, so sagt sie selbst, ist das Zweifeln, ihre Berufung, dagegen anzukämpfen. Vitale Getriebenheit ist ein prägendes Element ihrer Biografie. Nach über 2o veröffentlichten Tonträgern (LPs und CDs), dem Buch 'Mugge' und mehr als einem Dutzend Bühnenprogrammen, scheint der Graben zwischen Pro und Kontra nicht kleiner geworden zu sein. Das auszuhalten gehört zum Leben vorm Tod, genauso wie die kurzen glücklichen Augenblicke des Einseins mit der anonymen Masse jenseits der 'vierten Wand' eines Bühnenauftritts. Thalheims Weltblick ist nicht der einer gekränkten Idealistin, ist kein ›Anrennen gegen, sondern die Lust an‹. Vor allem schreibend bereitet sie sich nun auf den nächsten 'Marathon' vor, auch auf die Gefahr hin, aus Altersgründen als Nachzüglerin ins Ziel zu kommen. Aber ›Dabei sein‹ ist alles, denn: Vorm Tod ist alles Leben.