Die landständischen Verfassungen in den Territorien des frühneuzeitlichen Reiches sind von der historischen Forschung gern als Vorläufer des modernen Parlamentarismus aufgefaßt worden. Diese Deutung war von dem Bemühen um demokratisch-rechtsstaatliche Traditionsstiftung geleitet; für sie schien zu sprechen, daß die vormodernen Landstände schon von den Zeitgenossen als »Repräsentanten der Untertanen« bezeichnet worden waren. Im Gegensatz zu dieser älteren Auffassung wird hier die These vertreten, daß ein begrifflicher Bruch das ältere Verständnis ständischer Repräsentation von dem des 19. und 20. Jahrhunderts trennt - ein revolutionärer Bruch, den man allerdings schon im frühen 19. Jh. zu verschleiern oder zu überbrücken suchte, indem man die eigenen Reformforderungen mit der Legitimität eines unvordenklichen Alters versah. Die Verfassungsdebatte der Revolutionszeit wurde vielfach als historische Debatte um Ursprung, Alter und wahres Wesen der landständischen Verfassungen geführt.Die Entwicklung der Geschichtsschreibung über die Landstände seit dem frühen 19. Jahrhundert ist nicht losgelöst von diesen verfassungspolitischen Umständen ihrer Entstehungszeit zu begreifen. Die Rekonstruktion dieser Zusammenhänge ist daher unter anderem als Beitrag zur Selbstreflexion der historiographischen Begrifflichkeit zu verstehen.
Anhand der Verwendung des Repräsentationsbegriffs seit dem 17. Jh. läßt sich nachzeichnen, wie das traditionelle herrschaftsständisch-korporative Prinzip politischer Partizipation allmählich ausgehöhlt wurde. Im Gehäuse der hergebrachten Formen machten sich neue Inhalte breit. Die Staatsrechtler meinten mit landständischer Repräsentation bis weit ins 18. Jh. noch vor allem, daß den Ständen die Kompetenz zukomme, ihr korporatives Handeln der Gesamtheit der Untertanen - unabhängig von deren Willen - verbindlich zuzurechnen und sie darauf zu verpflichten. Gegen Ende des 18. Jhs. wurde dieses Verhältnis von Grund und Folge im Vorgang der Repräsentation umgekehrt: Nun meinte man mit landständischer Repräsentation, daß die Stände vom Volk abgeleitete Rechte ausübten und dem Willen des Volkes Ausdruck verliehen oder doch verleihen sollten. Ging es bei dem älteren Repräsentationsbegriff um die korporative Handlungsfähigkeit der Stände selbst, so postulierte der neue die politische Handlungsfähigkeit der nicht-privilegierten Untertanen. Die Tatsache, daß die Landstände dem neuen Anspruch aufgrund ihrer Struktur kaum entsprechen konnten, wurde nun zum Ansatzpunkt der Kritik und führte zu Reformvorschlägen, die die herrschaftlich-korporative Struktur der Landstände mehr oder weniger offen in Frage stellten. Die Französische Revolution löste in verschiedenen Territorien eine Welle neuer Partizipationsforderungen aus. Sie legte zum einen das Legitimationsdefizit der Landstände bloß, machte die traditionellen Landtage aber zum anderen zum Gegenstand aktueller Reformhoffnungen. Am Beispiel der Konflikte in einzelnen Territorien zeigt sich indessen, daß die Landtage im Rahmen der Reichsverfassung aus sich selbst heraus kaum reformfähig waren.
Anhand der Verwendung des Repräsentationsbegriffs seit dem 17. Jh. läßt sich nachzeichnen, wie das traditionelle herrschaftsständisch-korporative Prinzip politischer Partizipation allmählich ausgehöhlt wurde. Im Gehäuse der hergebrachten Formen machten sich neue Inhalte breit. Die Staatsrechtler meinten mit landständischer Repräsentation bis weit ins 18. Jh. noch vor allem, daß den Ständen die Kompetenz zukomme, ihr korporatives Handeln der Gesamtheit der Untertanen - unabhängig von deren Willen - verbindlich zuzurechnen und sie darauf zu verpflichten. Gegen Ende des 18. Jhs. wurde dieses Verhältnis von Grund und Folge im Vorgang der Repräsentation umgekehrt: Nun meinte man mit landständischer Repräsentation, daß die Stände vom Volk abgeleitete Rechte ausübten und dem Willen des Volkes Ausdruck verliehen oder doch verleihen sollten. Ging es bei dem älteren Repräsentationsbegriff um die korporative Handlungsfähigkeit der Stände selbst, so postulierte der neue die politische Handlungsfähigkeit der nicht-privilegierten Untertanen. Die Tatsache, daß die Landstände dem neuen Anspruch aufgrund ihrer Struktur kaum entsprechen konnten, wurde nun zum Ansatzpunkt der Kritik und führte zu Reformvorschlägen, die die herrschaftlich-korporative Struktur der Landstände mehr oder weniger offen in Frage stellten. Die Französische Revolution löste in verschiedenen Territorien eine Welle neuer Partizipationsforderungen aus. Sie legte zum einen das Legitimationsdefizit der Landstände bloß, machte die traditionellen Landtage aber zum anderen zum Gegenstand aktueller Reformhoffnungen. Am Beispiel der Konflikte in einzelnen Territorien zeigt sich indessen, daß die Landtage im Rahmen der Reichsverfassung aus sich selbst heraus kaum reformfähig waren.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Dürfen die unter dem Kaiser des "Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation" einberufenen "Landstände" als Vorläufer einer parlamentarischen Demokratie in Deutschland gelten? Lange Zeit, so der Rezensent Gerrit Walther, hätte es die deutsche Geschichtsschreibung nach 1945 gern so gesehen. Seine Kritik des Bandes ist sehr wohlwollend. Stollberg-Rilinger stelle die Frage nicht direkt, sondern versuche die Landstände mit den Mitteln einer von Reinhart Koselleck inspirierten "Begriffs-Historie" und Diskurs-Analyse zu verstehen. Sie frage eher danach, "wie die Zeitgenossen selbst die Rolle der Landstände einschätzten". Und da zeigt sich, dass sie keineswegs als Repräsentanten eines Gemeinwohls, gar mit populärem Mandat gelten konnten. Eine "kleine Revolution", lobt Walther, und ein "kluges Buch".
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH