Ernst Blochs Philosophie der konkreten Utopie und sein Theorie-Praxis-Konzept harren noch der breiteren Rezeption. In den Diskussionen um Gesellschaftsveränderung und Zukunftsentwürfe sollte geprüft werden, inwiefern Blochs Kategorienlehre die Basis eines neuen Transformationsparadigmas sein könnte. »Transformation« ist ein in vielen Zusammenhängen gebrauchter Begriff, ein eher unspezifischer, denn umgeformt werden kann alles Mögliche. Autorinnen und Autoren wie Michael Brie, Dieter Klein, Ulrich Brand, Judith Dellheim, Friederike Habermann u. a. haben den Begriff »Transformation « geschärft und für eine umfassende Veränderung von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik auf eine neue Weise für sich geltend gemacht. Üblicherweise wird unter Transformation ein Wechsel der politischen Grundordnung verstanden. Nach 1989 tauchte der Begriff auch im Zusammenhang der sog. »postkommunistischen Systemtransformation« auf, u. a. mit dem Namen Jerzy Maćków verbunden, Politologe an der Universität Regensburg. Er schreibt in seinem Blog zu einem aktuellen Thema: »Integration gelingt mit Menschen des eigenen Kulturkreises. Menschen fremder Kulturkreise muss man assimilieren, d. h. ihren Kulturhintergrund wesentlich verändern (wesentlich – es geht hier gar nicht um Äußerlichkeiten wie Kleidung oder Bräuche während der Festtage).« Ist man nicht schon von vornherein skeptisch gewesen, so wird man es angesichts dieser Äußerungen. Aber auch in anderem Kontext, uns näherstehend, wird Transformation als analytischer Begriff gebraucht. Bei Bress und Hensel findet sich in ihrem 1972 erschienenen Buch Wirtschaftssysteme des Sozialismus im Experiment – Plan oder Markt? ein Abschnitt »Wirtschaftspolitik im Sozialismus als Mittel gesellschaftlicher Transformation« – danach fragt heute niemand mehr. 2012 untersuchte Frank Deppe die Entwicklung der Gewerkschaften »von den 1970er Jahren bis heute«, in der Zeit der Großen Transformation. Mit Rückbezug auf Karl Polanyi sieht er als Große Transformation die Durchsetzung des globalen Finanzmarktkapitalismus und die Ideologie des Neoliberalismus, der die neue politische Weltordnung mittels der Entwicklung der EU (Binnenmarkt, Eurozone) festigen soll. Übrigens werden die Gewerkschaften dazu aufgerufen, »Positionen und Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf die europäische Ebene zu überprüfen, wollen sie nicht in die Gefahr geraten, dass sie von außen […] als Juniorpartner, schlimmer noch als Hilfstruppen des deutschen Kapitals kritisiert oder gar verachtet werden.« Gilt dies noch 2018? Nicht unerwähnt soll bleiben, dass »Transformationale Führung« ein in den letzten Jahrzehnten entwickeltes »Konzept für einen Führungsstil [ist], bei dem durch das Transformieren […] von Werten und Einstellungen der Geführten – hinweg von egoistischen, individuellen Zielen, in Richtung langfristiger, übergeordneter Ziele – eine Leistungssteigerung stattfinden soll«. Diese neue Transformation mit auf den Weg bringen zu wollen, ist auch das Anliegen der Autorinnen und Autoren Stavros Arabatzis, Gerhard Armanski, Martin Blumentritt, Ulrich Brand, Judith Dellheim, Beat Dietschy, Dieter Klein, Martin Küpper, Horst Müller, Annette Schlemm, Volker Schneider, Doris Zeilinger und Rainer E. Zimmermann in ihren Beiträgen für dieses Jahrbuch.