Als zweifaches Scheidungskind ist unsere Autorin Frauke Angel ein echter
Trennungsprofi. Ihr persönlicher und authentischer Ansatz sowie ihr offener
Austausch mit den Mitgliedern des Clubs der Geschiedenen Leute (alles
echte Trennungskinder!) machen ihren Ratgeber zu einem unterstützenden
Begleiter durch die aufwühlende Zeit der Neuorganisation einer Familie.
Dabei nimmt Frauke Angel ihre Leser:innen ernst. Sie gibt Antworten auf
wichtige Fragen wie die nach dem Warum, nimmt die Kinder mit vor Gericht
und vermittelt durch viele wahre Fallbeispiele umfangreiche Hintergründe -
auch zu den Rechten betroffener Kinder. Ihre wichtigste Botschaft dabei: Ihr
seid nicht schuld, ihr seid nicht allein - und irgendwann ist auch die größte
Kacke nicht mehr so sehr am Dampfen.
Scheiden tut weh - dieses Buch kann ein Pflaster sein
Trennungsprofi. Ihr persönlicher und authentischer Ansatz sowie ihr offener
Austausch mit den Mitgliedern des Clubs der Geschiedenen Leute (alles
echte Trennungskinder!) machen ihren Ratgeber zu einem unterstützenden
Begleiter durch die aufwühlende Zeit der Neuorganisation einer Familie.
Dabei nimmt Frauke Angel ihre Leser:innen ernst. Sie gibt Antworten auf
wichtige Fragen wie die nach dem Warum, nimmt die Kinder mit vor Gericht
und vermittelt durch viele wahre Fallbeispiele umfangreiche Hintergründe -
auch zu den Rechten betroffener Kinder. Ihre wichtigste Botschaft dabei: Ihr
seid nicht schuld, ihr seid nicht allein - und irgendwann ist auch die größte
Kacke nicht mehr so sehr am Dampfen.
Scheiden tut weh - dieses Buch kann ein Pflaster sein
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Eine fürs Genre ungewöhnliche Originalität bescheinigt Rezensentin Sarah Obertreis diesem Ratgeber für Kinder geschiedener Eltern. Gleich das Vorwort hat es der Rezensentin besonders angetan, weil die Autorin sich hier diskret zurückhalte und stattdessen fiktive Betroffene zu Wort kommen lasse. Dass Autorin Frauke Angel im Bereich der Ratgeberliteratur bislang unerfahren ist, überrascht Obertreis nach der Lektüre nicht. Es kommt dem Buch aber nur zugute, meint sie, da die Autorin nicht nur über Sachthemen schreibe, sondern stets auch Geschichten erzähle. Lediglich die manchmal nicht kindgerechte Sprache trübt für Obertreis die Lesefreude.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.05.2023Hilfe,
Scheidung!
Ein Handbuch hilft Kindern und
Eltern elegant dabei, das schwere
Thema Trennung zu bewältigen
„Damals ahnte ich noch nicht, dass wir Karl auch bald in unseren Club aufnehmen würden. Niemand ahnte das, nicht mal Karl selbst. Bloß seine Eltern, die wussten das schon. Aber die haben vor Karl dichtgehalten. So wie meine Eltern und viele andere. Und das ist echt kacke!“
Der Club, von dem das Mädchen Fanny hier erzählt, ist der „Club der geschiedenen Leute“. Es gibt ihn wirklich, genau wie Fanny und er spielt eine wichtige Rolle in „Vorsicht, frisch geschieden!“ von Frauke Angel, einem Ratgeber für junge Leser.
Die Autorin hat selbst zweimal eine Scheidung der Eltern erlebt, und weil sie die Erfahrungen betroffener Kinder vor und nach der Scheidung in den Mittelpunkt ihres Buches stellen wollte, das sozialen und juristische Aspekte von Trennung und Scheidung beleuchtet, hat sie mit Grundschulkindern diesen „Club der geschiedenen Leute“ gegründet. Hier erzählen sie von Frust, Ängsten und Scham. Dass sie oft schon sehr früh die Schwierigkeiten spürten, die die Eltern miteinander hatten und vor den Kindern zu verstecken versuchten. Die Autorin lässt hier die Kinder selbst sprechen und appelliert gleichzeitig an betroffene Eltern, sich mit mancher krassen Wahrheit auseinanderzusetzen. Denn: Ihre Zukunft und die der Kinder hängt davon ab, wie sie selbst die Scheidung durchstehen und das Leben danach planen.
Aktuelle Kinderromane erzählen oft von Patchworkfamilien oder alleinerziehenden Müttern und Vätern, die die klassische Familie in der gesellschaftlichen Wirklichkeit längst abgelöst haben. Oft sind das gesellschaftliche Utopien, in denen die kindlichen Helden Scheidungen und Trennungen bewältigen und die Wut über die Eltern und die Angst vor der Zukunft überwinden.
Doch was geschieht im Leben der 120 000 Kinder in Deutschland, die jedes Jahr von Trennung und Scheidung betroffen sind? Um zu wissen, was sie erwartet, sollten sie nicht nur Trostgeschichten lesen, in denen alle wieder glücklich werden. Sondern zum Beispiel auch die Aufgaben der Familiengerichte im deutschen Scheidungsrecht kennen: Die legen mit den Kindern, die in Deutschland vor Gericht eine wichtige Stimme haben, die neue Familienform fest. Werden die Kinder abwechselnd bei einem Elternteil leben, zwischen beiden pendeln oder mit den Geschwistern einen festen Wohnsitz haben, in dem die Eltern sich im sogenannten „Nestmodell“ abwechseln?
Frauke Angel erläutert in leichter Sprache und mit einer klaren thematischen Gliederung die wichtigsten rechtlichen Voraussetzungen für eine korrekte und ausgewogene Scheidung. Für junge Leser werden sie, ganz ohne Juristendeutsch, durch die Erlebnisberichte der Kinder verständlich. Die Illustrationen von Meike Töpperwien nehmen die Gelöstheit und die lockere Atmosphäre des Textes auf. Manche bedrückende Erfahrung verliert ihren Schrecken. Immer wieder wird betont, dass Kinder keine Schuld am Scheitern der Ehe und des Zusammenlebens der Eltern tragen, dass sie sich nicht für sie schämen müssen und dass sie, wenn Gewalt im Spiel ist, sich unbedingt Hilfe holen sollen – Adressen dafür stehen im Anhang.
Am Schluss bitten die Kinder aus dem „Club der geschiedenen Leute“ ihre Eltern: „Seid ehrlich! Seid zuverlässig! Lasst uns nicht im Stich! Wir können uns auch mal in den Arm nehmen, Familiendrücker geht sogar mit Scheidung.“ Und Kindern wird empfohlen: „Schreibt Tagebuch und haut es raus! Alle Gefühle und Gedanken sind erlaubt! Und niemand darf in eurem Tagebuch lesen.“
Nach einiger Zeit, so bestätigt es die Statistik, die die Autorin oft zitiert, wird es ihnen wieder besser gehen. Und selbstverständlich können sie, trotz Scheidung oder Trennung der Eltern, später selbst ein glückliches Leben führen
.
ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
120 000 Kinder in Deutschland
sind jedes Jahr von Trennung
und Scheidung betroffen
„Seid ehrlich!
Seid zuverlässig!
Lasst uns nicht im Stich!“
Frauke Angel: Vorsicht, frisch geschieden. Ein Survival-Buch für Trennungskinder. Illustrationen von Meike Töpperwien. Klett Kinderbuch, Leipzig 2023. 138 S., 20 Euro. Ab 10 Jahren.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Scheidung!
Ein Handbuch hilft Kindern und
Eltern elegant dabei, das schwere
Thema Trennung zu bewältigen
„Damals ahnte ich noch nicht, dass wir Karl auch bald in unseren Club aufnehmen würden. Niemand ahnte das, nicht mal Karl selbst. Bloß seine Eltern, die wussten das schon. Aber die haben vor Karl dichtgehalten. So wie meine Eltern und viele andere. Und das ist echt kacke!“
Der Club, von dem das Mädchen Fanny hier erzählt, ist der „Club der geschiedenen Leute“. Es gibt ihn wirklich, genau wie Fanny und er spielt eine wichtige Rolle in „Vorsicht, frisch geschieden!“ von Frauke Angel, einem Ratgeber für junge Leser.
Die Autorin hat selbst zweimal eine Scheidung der Eltern erlebt, und weil sie die Erfahrungen betroffener Kinder vor und nach der Scheidung in den Mittelpunkt ihres Buches stellen wollte, das sozialen und juristische Aspekte von Trennung und Scheidung beleuchtet, hat sie mit Grundschulkindern diesen „Club der geschiedenen Leute“ gegründet. Hier erzählen sie von Frust, Ängsten und Scham. Dass sie oft schon sehr früh die Schwierigkeiten spürten, die die Eltern miteinander hatten und vor den Kindern zu verstecken versuchten. Die Autorin lässt hier die Kinder selbst sprechen und appelliert gleichzeitig an betroffene Eltern, sich mit mancher krassen Wahrheit auseinanderzusetzen. Denn: Ihre Zukunft und die der Kinder hängt davon ab, wie sie selbst die Scheidung durchstehen und das Leben danach planen.
Aktuelle Kinderromane erzählen oft von Patchworkfamilien oder alleinerziehenden Müttern und Vätern, die die klassische Familie in der gesellschaftlichen Wirklichkeit längst abgelöst haben. Oft sind das gesellschaftliche Utopien, in denen die kindlichen Helden Scheidungen und Trennungen bewältigen und die Wut über die Eltern und die Angst vor der Zukunft überwinden.
Doch was geschieht im Leben der 120 000 Kinder in Deutschland, die jedes Jahr von Trennung und Scheidung betroffen sind? Um zu wissen, was sie erwartet, sollten sie nicht nur Trostgeschichten lesen, in denen alle wieder glücklich werden. Sondern zum Beispiel auch die Aufgaben der Familiengerichte im deutschen Scheidungsrecht kennen: Die legen mit den Kindern, die in Deutschland vor Gericht eine wichtige Stimme haben, die neue Familienform fest. Werden die Kinder abwechselnd bei einem Elternteil leben, zwischen beiden pendeln oder mit den Geschwistern einen festen Wohnsitz haben, in dem die Eltern sich im sogenannten „Nestmodell“ abwechseln?
Frauke Angel erläutert in leichter Sprache und mit einer klaren thematischen Gliederung die wichtigsten rechtlichen Voraussetzungen für eine korrekte und ausgewogene Scheidung. Für junge Leser werden sie, ganz ohne Juristendeutsch, durch die Erlebnisberichte der Kinder verständlich. Die Illustrationen von Meike Töpperwien nehmen die Gelöstheit und die lockere Atmosphäre des Textes auf. Manche bedrückende Erfahrung verliert ihren Schrecken. Immer wieder wird betont, dass Kinder keine Schuld am Scheitern der Ehe und des Zusammenlebens der Eltern tragen, dass sie sich nicht für sie schämen müssen und dass sie, wenn Gewalt im Spiel ist, sich unbedingt Hilfe holen sollen – Adressen dafür stehen im Anhang.
Am Schluss bitten die Kinder aus dem „Club der geschiedenen Leute“ ihre Eltern: „Seid ehrlich! Seid zuverlässig! Lasst uns nicht im Stich! Wir können uns auch mal in den Arm nehmen, Familiendrücker geht sogar mit Scheidung.“ Und Kindern wird empfohlen: „Schreibt Tagebuch und haut es raus! Alle Gefühle und Gedanken sind erlaubt! Und niemand darf in eurem Tagebuch lesen.“
Nach einiger Zeit, so bestätigt es die Statistik, die die Autorin oft zitiert, wird es ihnen wieder besser gehen. Und selbstverständlich können sie, trotz Scheidung oder Trennung der Eltern, später selbst ein glückliches Leben führen
.
ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
120 000 Kinder in Deutschland
sind jedes Jahr von Trennung
und Scheidung betroffen
„Seid ehrlich!
Seid zuverlässig!
Lasst uns nicht im Stich!“
Frauke Angel: Vorsicht, frisch geschieden. Ein Survival-Buch für Trennungskinder. Illustrationen von Meike Töpperwien. Klett Kinderbuch, Leipzig 2023. 138 S., 20 Euro. Ab 10 Jahren.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.06.2023Wenn die Liebe stirbt
Ein Ratgeber für Scheidungskinder
Als Frauke Angel in einer Schulklasse fragte, wer Scheidungskind sei, reckte sie selbst beide Hände in die Höhe. Denn die Autorin von "Vorsicht, frisch geschieden!" hat gleich zweimal erlebt, wie ihre Mutter durch eine Scheidung ging. Dass mehr als hunderttausend Kindern in Deutschland jedes Jahr widerfährt, was Angel einst selbst widerfahren ist, ist die erste Erkenntnis dieses Buchs. 120.000 waren es 2021. Diese Information habe sie "umgehauen", schreibt Angel. Während ihrer Recherche besuchte sie vier Wochen lang Schulklassen und stellte fest: Die Statistik spiegelt sich eins zu eins in der Realität der Mädchen und Jungen wider - in jeder Klasse sitzen vier bis sieben Scheidungskinder.
All das erzählt Angel im Vorwort, einer Textform, die meist nicht durch Originalität besticht. Hier schon. Das Vorwort gehört sogar zu den charmantesten Parts von "Vorsicht, frisch geschieden!". Nachdem Angel ihr Erstaunen über die vielen Betroffenen geschildert hat, zieht sie sich diskret zurück und gibt denjenigen, um die es geht, eine Stimme. Das fiktive Mädchen Fanny erzählt von einem schwierigen ersten Schultag, an dem sie sich erst als Trennungskind outen muss und dann - halb aus Trotz, halb aus Stolz - den "Club der geschiedenen Leute" gründet.
Im Laufe des Buches lässt Angel die Mitglieder dieses Clubs von ihren Erlebnissen und Wünschen berichten. Meike Töpperwien hat wütende, neugierige, ängstliche und traurige Charaktere dazu gezeichnet. Manchmal gehen die Emotionen in die Körper der Eltern- und Kinderfiguren über: Nacheinander greifende Hände ziehen sich ellenlang, Haare explodieren zu einem schwarzen Gedankenchaos.
In das Wirrwarr, das eine Trennung der Eltern auch für die Kinder bedeutet, bringt Angel auf beeindruckende Art und Weise Ordnung. Die gelernte Schauspielerin ist geübt im Umgang mit schweren Themen, auch über demente Omas, brustkrebskranke Mütter und sterbende Haustiere hat sie schon geschrieben.
Dass "Vorsicht, frisch geschieden!" ihr erster Ratgeber ist, merkt man. Aber das tut dem Buch nur gut. Angel verzichtet neben all den Erklärungen zu Scheidungsrecht, Betreuungsmodellen und Hilfsangeboten nicht darauf, Geschichten zu erzählen. Von Metin, der die Trennung seiner Eltern jahrelang herbeisehnte, weil sein spielsüchtiger, alkoholkranker Vater die Familie terrorisierte. Von Karl, der sich über den "Club der geschiedenen Leute" lustig macht und dann selbst Mitglied wird, weil sein Vater endlich als offen schwuler Mann leben möchte. Und schließlich von sich selbst.
Im Kapitel über Kinderarmut berichtet Angel, wie sie als Mädchen log, sagte, sie wolle aus Umweltschutzgründen nicht auf die Skifreizeit fahren. Dabei war ihre Mutter nur zu stolz, um die dringend benötigte finanzielle Unterstützung einzufordern. "Heute möchte ich behaupten, dieser Stolz war falsch", schreibt Angel. "Er hat mich nicht nur um eine Schulfreizeit gebracht, sondern auch eine Ungerechtigkeit vertuscht."
Das subtile Anprangern von Vertuschung und fehlender Kommunikation zieht sich durch das Buch. Weil viele Eltern ihren Kindern nie erklären, wieso sie getrennte Wege gehen, ist das Kapitel zu den Top-Ten-Trennungsgründen wohl das wichtigste. Es reicht von "Auseinanderleben" (Platz eins) über "Geldprobleme" (Platz fünf) bis "Herkunft" (Platz zehn). Den Lesefluss stört dabei nur, dass immer wieder Begriffe fallen wie "Care-Arbeit", "Naturalunterhalt" oder "Düsseldorfer Tabelle". Keine Wörter, die man als Achtjähriger oder Zehnjährige kennen muss. Gleich überlesen sollte man die "wilde Ehe", von der Angel immer wieder spricht, als würde sie für einen Moment in die 1950er-Jahre zurückreisen.
Zum Glück kann man sich während dieser Zeitsprünge an den dicken Seiten festhalten. Sie sind so stabil - im Notfall halten sie auch Tränen aus. Denn Angel schont die Kinder nicht. Derart unwahrscheinlich ist es, dass geschiedene Eltern wieder zueinanderfinden, dass die Autorin dicke, schwarze Ausrufezeichen einsetzt. SARAH OBERTREIS
Frauke Angel, Meike Töpperwien: "Vorsicht, frisch geschieden!" Ein Survival-Buch für Trennungskinder.
Klett Kinderbuch, Leipzig 2023. 144 S., geb., 20,- Euro. Ab 8 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Ratgeber für Scheidungskinder
Als Frauke Angel in einer Schulklasse fragte, wer Scheidungskind sei, reckte sie selbst beide Hände in die Höhe. Denn die Autorin von "Vorsicht, frisch geschieden!" hat gleich zweimal erlebt, wie ihre Mutter durch eine Scheidung ging. Dass mehr als hunderttausend Kindern in Deutschland jedes Jahr widerfährt, was Angel einst selbst widerfahren ist, ist die erste Erkenntnis dieses Buchs. 120.000 waren es 2021. Diese Information habe sie "umgehauen", schreibt Angel. Während ihrer Recherche besuchte sie vier Wochen lang Schulklassen und stellte fest: Die Statistik spiegelt sich eins zu eins in der Realität der Mädchen und Jungen wider - in jeder Klasse sitzen vier bis sieben Scheidungskinder.
All das erzählt Angel im Vorwort, einer Textform, die meist nicht durch Originalität besticht. Hier schon. Das Vorwort gehört sogar zu den charmantesten Parts von "Vorsicht, frisch geschieden!". Nachdem Angel ihr Erstaunen über die vielen Betroffenen geschildert hat, zieht sie sich diskret zurück und gibt denjenigen, um die es geht, eine Stimme. Das fiktive Mädchen Fanny erzählt von einem schwierigen ersten Schultag, an dem sie sich erst als Trennungskind outen muss und dann - halb aus Trotz, halb aus Stolz - den "Club der geschiedenen Leute" gründet.
Im Laufe des Buches lässt Angel die Mitglieder dieses Clubs von ihren Erlebnissen und Wünschen berichten. Meike Töpperwien hat wütende, neugierige, ängstliche und traurige Charaktere dazu gezeichnet. Manchmal gehen die Emotionen in die Körper der Eltern- und Kinderfiguren über: Nacheinander greifende Hände ziehen sich ellenlang, Haare explodieren zu einem schwarzen Gedankenchaos.
In das Wirrwarr, das eine Trennung der Eltern auch für die Kinder bedeutet, bringt Angel auf beeindruckende Art und Weise Ordnung. Die gelernte Schauspielerin ist geübt im Umgang mit schweren Themen, auch über demente Omas, brustkrebskranke Mütter und sterbende Haustiere hat sie schon geschrieben.
Dass "Vorsicht, frisch geschieden!" ihr erster Ratgeber ist, merkt man. Aber das tut dem Buch nur gut. Angel verzichtet neben all den Erklärungen zu Scheidungsrecht, Betreuungsmodellen und Hilfsangeboten nicht darauf, Geschichten zu erzählen. Von Metin, der die Trennung seiner Eltern jahrelang herbeisehnte, weil sein spielsüchtiger, alkoholkranker Vater die Familie terrorisierte. Von Karl, der sich über den "Club der geschiedenen Leute" lustig macht und dann selbst Mitglied wird, weil sein Vater endlich als offen schwuler Mann leben möchte. Und schließlich von sich selbst.
Im Kapitel über Kinderarmut berichtet Angel, wie sie als Mädchen log, sagte, sie wolle aus Umweltschutzgründen nicht auf die Skifreizeit fahren. Dabei war ihre Mutter nur zu stolz, um die dringend benötigte finanzielle Unterstützung einzufordern. "Heute möchte ich behaupten, dieser Stolz war falsch", schreibt Angel. "Er hat mich nicht nur um eine Schulfreizeit gebracht, sondern auch eine Ungerechtigkeit vertuscht."
Das subtile Anprangern von Vertuschung und fehlender Kommunikation zieht sich durch das Buch. Weil viele Eltern ihren Kindern nie erklären, wieso sie getrennte Wege gehen, ist das Kapitel zu den Top-Ten-Trennungsgründen wohl das wichtigste. Es reicht von "Auseinanderleben" (Platz eins) über "Geldprobleme" (Platz fünf) bis "Herkunft" (Platz zehn). Den Lesefluss stört dabei nur, dass immer wieder Begriffe fallen wie "Care-Arbeit", "Naturalunterhalt" oder "Düsseldorfer Tabelle". Keine Wörter, die man als Achtjähriger oder Zehnjährige kennen muss. Gleich überlesen sollte man die "wilde Ehe", von der Angel immer wieder spricht, als würde sie für einen Moment in die 1950er-Jahre zurückreisen.
Zum Glück kann man sich während dieser Zeitsprünge an den dicken Seiten festhalten. Sie sind so stabil - im Notfall halten sie auch Tränen aus. Denn Angel schont die Kinder nicht. Derart unwahrscheinlich ist es, dass geschiedene Eltern wieder zueinanderfinden, dass die Autorin dicke, schwarze Ausrufezeichen einsetzt. SARAH OBERTREIS
Frauke Angel, Meike Töpperwien: "Vorsicht, frisch geschieden!" Ein Survival-Buch für Trennungskinder.
Klett Kinderbuch, Leipzig 2023. 144 S., geb., 20,- Euro. Ab 8 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main