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Wachstum ist immer noch das wichtigste Ziel der Wirtschaftspolitik. Der Wirtschaftsjournalismus spielte in Deutschland eine zentrale Rolle dabei, Wachstum als politischen Leitbegriff einzuführen. Und bis heute verteidigt er dieses längst sehr fragwürdige Paradigma.Die Ursprünge der Symbiose von Wachstumspolitik und Wirtschaftsjournalismus - ermöglicht durch einen grundlegenden Wandel des ökonomischen Denkens - sind bis in die krisengeschüttelten 1920er Jahre zurückzuverfolgen. Der Durchbruch des Wachstumsparadigmas in der Wirtschaftspresse erfolgte dann in den ersten drei…mehr

Produktbeschreibung
Wachstum ist immer noch das wichtigste Ziel der Wirtschaftspolitik. Der Wirtschaftsjournalismus spielte in Deutschland eine zentrale Rolle dabei, Wachstum als politischen Leitbegriff einzuführen. Und bis heute verteidigt er dieses längst sehr fragwürdige Paradigma.Die Ursprünge der Symbiose von Wachstumspolitik und Wirtschaftsjournalismus - ermöglicht durch einen grundlegenden Wandel des ökonomischen Denkens - sind bis in die krisengeschüttelten 1920er Jahre zurückzuverfolgen. Der Durchbruch des Wachstumsparadigmas in der Wirtschaftspresse erfolgte dann in den ersten drei Nachkriegsjahrzehnten, wie Ferdinand Knauß anhand einer umfassenden Analyse der wirtschaftspolitischen Meinungsbeiträge in der Zeit, im Spiegel und in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zeigt.Diese Analyse und zusätzliche exklusive Interviews mit drei renommierten Journalisten legen nahe, dass der Schlüssel zu einem kritischeren Wirtschaftsjournalismus in dessen Emanzipation von der Standard-Ökonomie liegt.
Autorenporträt
Ferdinand Knauß, geboren 1973, wuchs im Saarland auf und studierte Geschichte in Düsseldorf, Nantes und Tokio. Er ist Redakteur bei der WirtschaftsWoche. Zuvor war er Redakteur beim Handelsblatt und Pressesprecher im Bundesministerium für Bildung und Forschung. Dieses Buch schrieb er als Fellow am Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.12.2016

Wunsch nach
Wachstum
Eine Studie über allzu unkritische
Wirtschaftsjournalisten
Wachsender Wohlstand macht manchen glücklich und manchen nicht, und Rentenversicherung und Arbeitsmarkt bräuchten ohne Wachstum eine grundlegende Reform. Dennoch führt ökologisch an einem Abschied vom ewigen Wachsen kaum ein Weg vorbei. Über diese Fragen wird seit Jahren intensiv debattiert. Was bisher kaum thematisiert wurde: Welche Rolle spielt eigentlich der Wirtschaftsjournalismus beim Aufstieg und der durchaus fortbestehenden Popularität eines – und zwar unreflektierten – Wachstumsdenkens? Der Journalist Ferdinand Knauß ist ins Archiv gegangen und hat die Printmedien seit den 20er-Jahren gründlich ausgewertet. Er zeigt, wie seitdem parallel in Wirtschaftswissenschaft, Politik und Zeitungen aus einem allgemeinen Wunsch nach mehr Wohlstand der moderne Glaube ans Bruttoinlandsprodukt und seine ewige Zunahme wurde. Den Ausgangspunkt sieht er in der Geschichtsvergessenheit und Mathematisierung der Ökonomik.
Knauß zeigt, wie sich der Wirtschaftsteil von Zeitungen jenseits bloßer Börsendaten parallel zum Aufstieg des Wachstumsgedankens erst entwickelte. Er weist nach, dass die journalistische Rezeption eines mathematischen Bruttoinlandsprodukts und seiner ständigen Steigerung als Kernidee von Politik quasi kritiklos vonstatten ging. Die Frage klassischer Ökonomen aus dem 19. Jahrhundert, ob ewige Wohlstandsmehrung wünschenswert und überhaupt möglich sei, ging dabei weitgehend unter. Begründete Zweifel artikuliert Knauß auch, soweit aktuell in Wissenschaft und Medien die ewige technische Innovation und die Migration weithin als letzte Hoffnung für immerwährendes Wachstums trotz aller Wachstumskritik hochgehalten werden.
Interessant wären noch Ausführungen dazu gewesen, dass die vollständige mathematische Abbildung hochkomplexer Volkswirtschaften – ob nun mit oder ohne Wachstum – schon an sich ein hoffnungsloser Fall sein dürfte. Ausgelassen wird auch die weit hinter die Wachstumsdiskussion zurückreichende Geschichte der Idee von Wohlfahrtssteigerung und Fortschritt. Sie müsste nicht nur zur britischen Aufklärung eines Smith, Hume und Hobbes und zur Genese moderner Naturwissenschaften zurückführen. Sie müsste auch die Kapitalismus-, Christentums- und Protestantismusgeschichte einbeziehen. Jenen kulturellen Formationen und dem durch sie induzierten Streben nach endloser Rationalisierung und einem Paradies auf Erden ist die vermeintliche Selbstevidenz des Wachstums maßgeblich geschuldet. Ungeachtet dessen hat Knauß ein sehr lesenswertes Buch vorgelegt.
FELIX EKARDT
Felix Ekardt leitet die Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik in Leipzig und Berlin und lehrt an der Uni Rostock.
Ferdinand Knauß:
Wachstum über Alles?
Wie der Journalismus
zum Sprachrohr der
Ökonomen wurde.
Oekom-Verlag München 2016, 192 Seiten,
24,95 Euro. E-Book:
18,99 Euro.
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