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Gesundheitswesen: Krise oder Chance?
Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts. Treffender können die aktuellen Probleme im Gesundheitswesen und ihre Folgen für die Zukunft nicht beschrieben werden. Friedrich Merz ist bekannt für seine klaren Worte und seine manchmal unkonventionelle Herangehensweise. Unter seiner Herausgeberschaft haben sich die bedeutendsten Experten zum Gesundheitswesen versammelt, die aus unterschiedlichen Perspektiven - manchmal auch kontrovers, aber immer fachlich fundiert und spannend zu lesen - das Thema beleuchten. Die Autoren bleiben nicht…mehr

Produktbeschreibung
Gesundheitswesen: Krise oder Chance?
Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts. Treffender können die aktuellen Probleme im Gesundheitswesen und ihre Folgen für die Zukunft nicht beschrieben werden.
Friedrich Merz ist bekannt für seine klaren Worte und seine manchmal unkonventionelle Herangehensweise. Unter seiner Herausgeberschaft haben sich die bedeutendsten Experten zum Gesundheitswesen versammelt, die aus unterschiedlichen Perspektiven - manchmal auch kontrovers, aber immer fachlich fundiert und spannend zu lesen - das Thema beleuchten.
Die Autoren bleiben nicht beim Aufzeigen des Ist-Zustands mit allen Gefahren und Chancen stehen, sondern zeigen, was wir tun können, damit das Gesundheitssystem zum Wachstumsmotor der Wirtschaft werden kann. Denn die Nachfrage nach einer umfassenden gesundheitlichen Versorgung ist vorhanden und wird zunehmen. Dadurch kann die Konjunktur anziehen und Arbeitsplätze können geschaffen werden.
Es liegt an uns, diese Chancen aufzugreifen!
Autorenporträt
Friedrich Merz, geboren 1955 in Brilon (Sauerland), studierte Rechts- und Staatswissenschaften. Er arbeitete zunächst als Richter, dann als Rechtsanwalt. Mitglied des Europäischen Parlaments 1989 bis 1994. Seit 1994 Mitglied des Bundestages, war er unter anderem Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.06.2008

Monströses Knäuel
Friedrich Merz bietet Einblicke in das Gesundheitswesen

Am Beginn jeder seriösen Therapie stehen Anamnese und Diagnose. Für die Heilung eines multimorbiden Gesundheitssystems kann anderes nicht gelten. Friedrich Merz hat daher 22 Autoren aus unterschiedlichen Perspektiven gebeten, das monströse Knäuel des deutschen Gesundheitswesens zu entwirren. Die hierbei präsentierten einzelnen Fäden schaffen in der Tat erfreulich deutliche Ein- und Übersichten.

Geradezu erwartungsgemäß resultieren die größten Erkenntnisgewinne jener Diagnostik jedoch nicht aus den politischen Fakultäten. Denn deren Hauptaugenmerk liegt allzu gerne - wie Bert Rürup mit dem Blick des Eingeweihten schonungslos offenbart - in der Konstruktion unverbindlicher "black boxes", deren politischer Wert ihre Unangreifbarkeit gegen Kritik sei.

Herausgearbeitet wird vielmehr quer durch alle Beiträge das Widerstreiten von mechanischer Naturwissenschaft einerseits und technisch nicht beschreibbarer Heilkunst andererseits. Die eine Linie der Fortentwicklung des Systems konzentriert sich daher nur folgerichtig auf die gleichsam tayloristische Dimension der Standardisierung medizinischer Abläufe. Eine andere betont Zuwendungsaspekte, historisch verortet bei Paracelsus, der die Liebe des Arztes zum Patienten in den Mittelpunkt des Heilens stellte. Welcher Weg ist nun richtig, welcher besser?

Unter dem Gesichtspunkt ökonomischer Beherrschbarkeit kann nicht erstaunen, dass qualitätssichernde Flussschemata die "Industrialisierung des Krankenhauses" einleiten und ihr als Königsweg erscheinen. Der Gefahr einer Entmenschlichung wirke, meint Eugen Münch, die "Sicherheit aus Professionalität" entgegen. Frei entfesselte Heilkünstler müssen in dieser Weltsicht geradezu zwangsläufig in den wirtschaftlichen Ruin führen. Umgekehrt kann die strikte Einbindung des jeweiligen Behandlungsgeschehens in starre Normvorgaben ebenfalls keine Rettung verheißen. Denn der administrative Aufwand ihrer Verwirklichung verschlingt genau die Ressourcen, derer die Medizin selbst bedarf. Jörg-Dietrich Hoppe reklamiert daher Niederlassungsfreiheit, freie Wahl des Arztes und Therapiefreiheit. Einen jeden Patienten wird es freuen.

In blitzgescheiten Beiträgen und mit dankenswert klaren Worten geißeln Erik Händeler und Reinhard Bauer quasireligiöse Erlösungserwartungen an den Staat ebenso wie die sozialromantischen Opferrituale unserer Politik auf den Altären tagespolitischer Opportunitäten. Cornelia Yzer erläutert, warum zunehmend unkalkulierbare politische Reformschritte das pharmazeutische Unternehmertum in Deutschland zu einem Lotteriespiel machen, und Günter Dibbern erklärt anschaulich die gezielte wirtschaftliche Auszehrung der privaten Krankenversicherung, sofern nicht endlich der Mut gefunden werde, wieder "die richtigen Schritte zu gehen".

Warum gute Medizin auch rationale wirtschaftliche Rahmenbedingungen braucht, legen Heinrich M. Schulte und Rolf Günther nüchtern dar. Konrad Adam entzaubert den Glauben an bürokratisch sichergestellte Volksgesundheit mit Blicken nicht nur auf die schon gescheiterte britische Bürgerversicherung.

Rechtspolitisch unkommentiert referieren Alexander P. Ehlers, Horst Bitter, Simone von Hardenberg, Thorsten Ebermann und Antje-Katrin Heinemann diverse Stände des derzeitigen Gesundheitsrechtes. Eine verfassungsrechtliche Wertung beispielsweise des Umstandes, dass die Anstellung eines Arztes im vertragsärztlichen Bereich der behördlichen Genehmigung bedarf, und eine Stellungnahme zum Verständnis der eigenen gesundheitlichen Prävention als "gesellschaftlicher Pflicht" hätten diese Beiträge allerdings abgerundet. Dabei hat doch gerade dieses Pflichtverständnis des Einzelnen gegenüber der Allgemeinheit durchaus einen "ambivalenten Charakter", wie Peter Oberender und Jürgen Zerth eher noch vorsichtig formulieren.

Die Verwirrungen und Unsicherheiten zwischen den Extremen ärztlicher Liebe hier und Zwangsverwaltungswirtschaft dort finden sich nämlich zwangsläufig auch in der konkreten Betrachtung der jüngsten Gesetzesänderungen. Entwickelt sich vor unseren Augen ein mehr privatisiertes System, oder dringt "mehr Staat" ein? Interessanterweise fürchtet Herbert Rebscher beides, wiewohl er ein "Erwachsenwerden der Krankenkassen" zu begrüßen scheint.

In seiner Doppelfurcht spiegelt sich jedoch ganz symptomatisch auch die Fragwürdigkeit der gegenwärtigen Gesetzgebung insgesamt. Können Behörden überhaupt miteinander in Wettbewerb treten? Und sind sie legitime "player", wie Rebscher meint, mit der Gesundheit ihrer Mitglieder? Nicht zuletzt derartige grundsätzliche Desorientierungen seiner Protagonisten machen es der Politik bislang so leicht, einzelne Argumentationsstränge in ihrer "black box" zu undurchsichtigen Bündeln zu schnüren.

In seiner Schlussbetrachtung zeichnet Matthias Horx die Schreckensvision einer Renaissance des Totalitären. Eine "Oberste Health-Behörde" zwingt den einzelnen mit "knallharter Sanktion" zu gesellschaftsdienlicher Prävention an seinem Körper. Ihr stellt er eine Fusionsmedizin gegenüber, die Brücken schlägt zwischen Technik und Seele, für die Zeit nach dem finanziellen Kollaps des gehabten Systems. Denn die Zukunft liegt nicht da, wo man seiner Krankenkasse rechenschaftspflichtig ist, sondern dort, wo jeder Einzelne "gesundheitsklüger" geworden sein wird.

Dem fast ausnahmslos lesenswerten Werk ist weithin Gehör zu wünschen. Denn die Zeit, in der - mit den Worten Reinhard Bauers - "die Zahl der Ideologen leider größer als die der Experten" ist, muss zügig ein Ende finden, um an die Diagnostik eine kluge Therapie anzuschließen.

CARLOS A. GEBAUER

Der Verfasser ist Rechtsanwalt und Experte für Gesundheitsrecht in Duisburg.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.05.2008

Gesünder leben, besser arbeiten
Keine Bange, hier kommt nicht das 736. Buch für reformgeplagte Zeitgenossen, die, umzingelt von Experten zu Kopfpauschalen, Gesundheitsfonds und Risikostrukturausgleich, es längst aufgegeben haben, Gesundheitspolitik zu verstehen. Es handelt sich vielmehr um ein Kompendium mit Seltenheitswert. In dem Band hat der CDU-Politiker und leidenschaftliche Gegen-den-Strich-Bürster Friedrich Merz exzellente Fachleute zu Aufsätzen über das Gesundheitswesen gebeten. Diese entlarven das System der Gegenwart als äußerst brüchig – und skizzieren Ideen für die Zukunft.
Das ist den 23 Ärzten, Juristen, Krankenhausbetreibern, Wissenschaftlern, Pharmaexperten, Ökonomen und Trendforschern gut gelungen. Natürlich kommen auch Interessenvertreter wie der ehemalige Ärztefunktionär Dietrich Hoppe, der Krankenkassen-Vorstand Herbert Rebscher oder die Lobbyistin Cornelia Yzer, Chefin des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller, zu Wort. Aber ihre Sicht der Dinge hat in einem längst dem bürokratischen Wahnsinn anheimgefallenen Umverteilungssystem durchaus seinen Platz.
Wie viel mehr marktwirtschaftliche Anreize verträgt ein Gut wie Gesundheit, das eben nicht ein x-beliebig handelbares Massengut ist? Diese Frage kann sich nur in einem System stellen, das Gesundheit als massenhaft organisiertes Reparatursystem von Krankheiten versteht. Es ist ein System, das den einzelnen Beitragszahler dazu verführt, möglichst viele ärztliche Leistungen einzufordern, damit er seine eingezahlten Kassenbeiträge wieder „hereinholt”.
Die Reformbaustelle Gesundheitswesen nimmt sich daher ungefähr so aus, wie wenn die Autoindustrie die gleichen, unausgereiften und reparaturanfälligen Fahrzeuge wie in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts produzierte, und dabei das Augenmerk des Autoversicherungssektors auf den Abschleppdiensten und Werkstätten läge, die immer mehr Geld für die Reparatur mangelhafter und unfallträchtiger Gefährte nebst ihrer Insassen verschlängen.
Zum Wachstumsmotor – so der Titel des Buches – wird das Gesundheitswesen aber erst dann, wenn das System vom Kopf auf die Füße gestellt wird und vom Krankheitsreparatur- zum Gesunderhaltungsbetrieb mutiert. Spannend sind daher die visionären Entwürfe für eine „Salutogenese”, die sich durch fast alle Autorenbeiträge ziehen. „Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts”, lautet das Leitmotto.
Allen voran machen sich der Publizist Konrad Adam, der Trendforscher Matthias Horx sowie der Ökonom Erik Händeler Gedanken über solch einen Wachstumsmarkt. Der dürfte stärker als bisher auf Eigenverantwortung und Unterstützung bei der Erhaltung von Gesundheit fußen. Durch den ökonomischen Druck wird der Einzelne zunehmend zum Regisseur seiner Gesundheit, sodass die Zivilisationskrankheiten dieser Zeit bald der Geschichte angehören könnten wie dereinst die Pest und das Kindbettfieber.
Besonders faszinierend nehmen sich dabei Händelers Überlegungen aus, der sich auf Kondratieff bezieht: Der sowjetische Wirtschaftswissenschaftler Nikolai Kondratieff hat die Theorie entwickelt, dass Konjunktur sich immer zyklisch entwickelt und daher – so Händeler – auch im Gesundheitswesen ein Umschwung ansteht: „Der vermeintliche Kostenfaktor Gesundheit wird künftig den entscheidenden Produktionsfaktor für die Wirtschaft in der Wissensgesellschaft darstellen”, schreibt er. Bisher ungenutzten Produktivitäts- und Knappheitsreserven für das Wachstum von morgen liegen in den krankmachenden Lebensumständen von heute, schreibt er. So betrachtet kann Gesundheit tatsächlich zum Wachstumsmotor werden. Dagmar Deckstein
Friedrich Merz (Hg.): Wachstumsmotor Gesundheit. Die Zukunft unseres Gesundheitswesens.
Hanser Verlag München 2008,
412 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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