Ein Landtag wird gewählt, tritt zusammen und ist fast zwei Jahre lang nicht in der Lage, eine neue Regierung zu bilden. Das bis dahin regierende CDU-Kabinett unter Ministerpräsident Franz-Josef Röder bleibt gemäß der Verfas-sung bis auf weiteres im Amt, ohne nach der Wahl neu legitimiert worden zu sein. Ein einzigartiger Vorgang, der das Demokratieverständnis der Wählerinnen und Wähler, der politischen Akteure und Beobachter auf eine harte Probe stellt.Eine solch lange Phase ohne erfolgreiche Mehrheitsfindung in einem Landtag ist in der Geschichte der Bundesrepublik nach wie vor einzigartig und mutet geradezu wie ein "Skandal" an. Am 4. Mai 1975 fand in dem damals jüngsten deutschen Bundesland die fünfte Landtagswahl nach der Abstimmung von 1955 statt. Zur Wahl stellten sich fünf Parteien, von denen lediglich die CDU, die SPD und die F.D.P. realistische Chancen auf den Einzug in den Landtag hatten. Aus dem prognostizierten Kopf-an-Kopf-Rennen wurde ein Patt. 25 Abgeordneten der CDU standen 22 der SPD und 3, durch eine Koalitionsaussage im Vorfeld an die Sozialdemokra-ten gebundene, Mandatsträger der FDP gegenüber. Die vorliegende Studie beschreibt eine Ausnahmesituation, deren Analyse ex-emplarische Erkenntnisse über die Regierungsbildung auf Länderebene, das Zusammenspiel und die Wechselwirkungen von landes- und bundespolitischen Faktoren sowie Rolle und Möglichkeiten der Einflussnahme führender Politiker liefert. Das Patt im Saarland - ein Lehrstück des demokratischen Parlamentarismus, einzigartig in der Geschichte der Bundesrepublik, das über das singuläre Ereig-nis hinaus Signalwirkung sowohl auf Länder- als auch auf Bundesebene entwi-ckelte. Historisch und dennoch hochaktuell, wie jüngst die Problematik der Regierungsbildung in Schleswig-Holstein gezeigt hat.Tanja Moser-Praefcke M.A. studierte Geschichte, Politikwissenschaft und Rechtswissenschaft an der Universität Bayreuth und der Universität des Saarlandes.
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