Wie Gert Fröbe einmal im Kleintheater Luzern auftrat, Emil einen Pfarrer als Schnapsnase entlarvte oder "Emils Apfelrösti" Baden-Baden eroberte. Zweieinhalb Dutzend kurze Geschichten aus seinem Leben sind Emil Steinberger aus der Feder geflossen - übers Taxifahren in New York, die kürzeste Schiffskellnerkarriere aller Zeiten, Lachnotfälle und verirrte Bettmümpfeli. Allerdings hat dieser Schelm auch ein paar erfundene Geschichten in sein Buch geschmuggelt. Wie bei Autobiographien darf man also auch hier nicht alles Geschriebene für bare Münze nehmen, sollte sich aber immer vor Augen halten, daß die Wahrheit manchmal sehr beeindruckend sein kann und uns Geschichten auftischt, die sogar Lügengeschichten in den Schatten stellen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.07.2004Emil und das Bettmümpfeli
Steinberger liest in Bad Vilbel
Er ist also wieder zurück: Nach dem Abschied l987 auf dem Höhepunkt seines Ruhmes mit dem Programm "Feuerabend" und Filmen wie "Der Schweizermacher", verordnete er sich eine längere Pause, zog in die Vereinigten Staaten und kehrte erst l997 wieder in die Schweiz zurück. Emil Steinbergers "Wahre Lügengeschichten" erschienen l999 und sind ein glaubhaftes Zeichen dafür, daß er wieder unter uns lebt. Jetzt gastierte er bei den Festspielen in Bad Vilbel: Die rund 600 Plätze der Burg waren ohne Ausnahme besetzt, alles Zuschauer, die ihn noch als "Emil" schätzten. Nach anderthalb Stunden spätestens verstand man, warum.
Emil Steinberger schafft es, scheinbar unangestrengt, eine familiäre Situation mit dem Publikum herzustellen, in der sich gut erzählen und lesen läßt. Seine Geschichten laufen nicht auf einen bloßen Gag hinaus, dessen Sprengkraft allein über ihre Qualität entscheidet, sondern sie bringen auf eine sanfte und hintergründige Weise Widersprüchliches, ja Absurditäten unserer Realität zum Ausdruck. Wer Steinberger zuhört oder liest, kennt sich hinterher besser in der Welt und mit den Menschen aus. In diesem allgemeinen Was das besondere Wie zu verstecken verdient uneingeschränkt Lob. So berichtet er in einer seiner Geschichten von der Übernachtung eines gewissen Herrn Steinberger in einem Hotel, dessen Direktion die Prominenz des Gastes einen Früchteteller und eine Flasche Champagner wert ist. Als er aufwacht, entdeckt er große, braune Flecken auf dem Bettuch, als habe er, wie es heißt, unter starkem Durchfall gelitten: "Es war ein grauenvoller Anblick." Er stellt jedoch fest, daß die wahre Ursache ein ignoriertes "Bettmümpfeli" gewesen ist, das unter die Decke gerutscht war und dort schmolz. Der betroffene Gast schreibt am Morgen auf ein Blatt Papier "Alles nur Schokolade" und verläßt schnell, aber höflich die Herberge. Gerade so verhält es sich auch mit Emil Steinbergers Erzählen: Was von den Zuhörern als leckere Süßigkeit empfangen wird, erweist sich bei näherem Hinsehen als ein doppelbödiges Präsent.
A.F.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Steinberger liest in Bad Vilbel
Er ist also wieder zurück: Nach dem Abschied l987 auf dem Höhepunkt seines Ruhmes mit dem Programm "Feuerabend" und Filmen wie "Der Schweizermacher", verordnete er sich eine längere Pause, zog in die Vereinigten Staaten und kehrte erst l997 wieder in die Schweiz zurück. Emil Steinbergers "Wahre Lügengeschichten" erschienen l999 und sind ein glaubhaftes Zeichen dafür, daß er wieder unter uns lebt. Jetzt gastierte er bei den Festspielen in Bad Vilbel: Die rund 600 Plätze der Burg waren ohne Ausnahme besetzt, alles Zuschauer, die ihn noch als "Emil" schätzten. Nach anderthalb Stunden spätestens verstand man, warum.
Emil Steinberger schafft es, scheinbar unangestrengt, eine familiäre Situation mit dem Publikum herzustellen, in der sich gut erzählen und lesen läßt. Seine Geschichten laufen nicht auf einen bloßen Gag hinaus, dessen Sprengkraft allein über ihre Qualität entscheidet, sondern sie bringen auf eine sanfte und hintergründige Weise Widersprüchliches, ja Absurditäten unserer Realität zum Ausdruck. Wer Steinberger zuhört oder liest, kennt sich hinterher besser in der Welt und mit den Menschen aus. In diesem allgemeinen Was das besondere Wie zu verstecken verdient uneingeschränkt Lob. So berichtet er in einer seiner Geschichten von der Übernachtung eines gewissen Herrn Steinberger in einem Hotel, dessen Direktion die Prominenz des Gastes einen Früchteteller und eine Flasche Champagner wert ist. Als er aufwacht, entdeckt er große, braune Flecken auf dem Bettuch, als habe er, wie es heißt, unter starkem Durchfall gelitten: "Es war ein grauenvoller Anblick." Er stellt jedoch fest, daß die wahre Ursache ein ignoriertes "Bettmümpfeli" gewesen ist, das unter die Decke gerutscht war und dort schmolz. Der betroffene Gast schreibt am Morgen auf ein Blatt Papier "Alles nur Schokolade" und verläßt schnell, aber höflich die Herberge. Gerade so verhält es sich auch mit Emil Steinbergers Erzählen: Was von den Zuhörern als leckere Süßigkeit empfangen wird, erweist sich bei näherem Hinsehen als ein doppelbödiges Präsent.
A.F.
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