Produktdetails
- Verlag: Pichler Verlag, Wien
- Seitenzahl: 177
- Deutsch
- Abmessung: 315mm
- Gewicht: 1894g
- ISBN-13: 9783854313458
- ISBN-10: 3854313454
- Artikelnr.: 12876290
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.10.2005Nirgendwo ein Auto
Das Waldviertel erstreckt sich von der Donau bis zur tschechischen Grenze, im Westen begrenzt vom Mühlviertel, dem es in vielem ähnlich ist, im Osten vom Weinviertel. Mit diesem gemein hat es den Weinbau, nämlich in der Wachau, die in geologischer wie geopolitischer Hinsicht zur Region gehört. Weshalb die bekannteste Gegend jedoch in dem opulent aufgemachten Bildband nicht behandelt wird, liegt in dessen Ausrichtung. Denn das Buch soll nicht etwa über eine da und dort zerklüftete, manchmal schroffe, durchwegs dicht bewaldete Landschaft in den Ausläufern des Böhmischen Massivs aufklären, sondern die Gegend dem Touristen näherbringen. Die Wachau bedarf solch illustrierter Nachhilfe nicht (mehr) und hätte wegen ihrer Prominenz das restliche Waldviertel bloß weniger attraktiv erscheinen lassen. Dem an baulichen und kunstgeschichtlichen Besonderheiten nicht eben reichen Landstrich muß demnach ein Attribut verpaßt werden, das den zukünftigen Besucher reizen könnte. Gezeichnet wird deshalb in Bild und Text - so steht es im Untertitel auch an erster Stelle - ein "stilles Land". Entsprechend entwirft der Fotograf ein Idyll mit frühlingshaften Farben und sommerlicher Wärme, mit trauten Bauernstuben und bunten Hoftoren, einsamen Burgen und pittoresken Ruinen, Eiern in Brotkörben und geschichteten Hölzern, alten Frauen mit Sichel und Musikkapellen in Tracht, granitenen Wegkreuzen und wogenden Ähren, Kirchturmkuppeln und Gänsen auf der Wiese oder im Teich. Vom Alltag der Bewohner und deren weiten Wegen zu den Arbeitsplätzen nach Wien und anderswohin, von verlassenen und verfallenen Bauernhöfen, von strengen Wintern und vielen zugigen Kuppen erfährt man nichts. Auch Städte scheint es nicht zu geben, denn bestenfalls ist die Partie einer Häuserzeile mit Renaissancefresken oder der Ausschnitt einer Fassade zu sehen. Autos sind gleichfalls unbekannt, die einzigen Verkehrsmittel scheinen eine Dampfeisenbahn und Fahrräder zu sein. Dagegen stößt der Reisende ständig auf Kirchen und Kapellen, Klöster und Stifte. Es ist die Kunst des Verschweigens und der falschen Betonung, von der sich die Kamera von Gerhard Trumler und die Feder seines Begleiters Othmar Pruckner haben leiten lassen.
trs
"Waldviertel. Stilles Land, raues Land" von Gerhard Trumler (Fotos) und Othmar Pruckner (Text). Pichler Verlag, Wien 2004. 180 Seiten, 296 Fotos. Gebunden, 54 Euro. ISBN 3854313454.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Das Waldviertel erstreckt sich von der Donau bis zur tschechischen Grenze, im Westen begrenzt vom Mühlviertel, dem es in vielem ähnlich ist, im Osten vom Weinviertel. Mit diesem gemein hat es den Weinbau, nämlich in der Wachau, die in geologischer wie geopolitischer Hinsicht zur Region gehört. Weshalb die bekannteste Gegend jedoch in dem opulent aufgemachten Bildband nicht behandelt wird, liegt in dessen Ausrichtung. Denn das Buch soll nicht etwa über eine da und dort zerklüftete, manchmal schroffe, durchwegs dicht bewaldete Landschaft in den Ausläufern des Böhmischen Massivs aufklären, sondern die Gegend dem Touristen näherbringen. Die Wachau bedarf solch illustrierter Nachhilfe nicht (mehr) und hätte wegen ihrer Prominenz das restliche Waldviertel bloß weniger attraktiv erscheinen lassen. Dem an baulichen und kunstgeschichtlichen Besonderheiten nicht eben reichen Landstrich muß demnach ein Attribut verpaßt werden, das den zukünftigen Besucher reizen könnte. Gezeichnet wird deshalb in Bild und Text - so steht es im Untertitel auch an erster Stelle - ein "stilles Land". Entsprechend entwirft der Fotograf ein Idyll mit frühlingshaften Farben und sommerlicher Wärme, mit trauten Bauernstuben und bunten Hoftoren, einsamen Burgen und pittoresken Ruinen, Eiern in Brotkörben und geschichteten Hölzern, alten Frauen mit Sichel und Musikkapellen in Tracht, granitenen Wegkreuzen und wogenden Ähren, Kirchturmkuppeln und Gänsen auf der Wiese oder im Teich. Vom Alltag der Bewohner und deren weiten Wegen zu den Arbeitsplätzen nach Wien und anderswohin, von verlassenen und verfallenen Bauernhöfen, von strengen Wintern und vielen zugigen Kuppen erfährt man nichts. Auch Städte scheint es nicht zu geben, denn bestenfalls ist die Partie einer Häuserzeile mit Renaissancefresken oder der Ausschnitt einer Fassade zu sehen. Autos sind gleichfalls unbekannt, die einzigen Verkehrsmittel scheinen eine Dampfeisenbahn und Fahrräder zu sein. Dagegen stößt der Reisende ständig auf Kirchen und Kapellen, Klöster und Stifte. Es ist die Kunst des Verschweigens und der falschen Betonung, von der sich die Kamera von Gerhard Trumler und die Feder seines Begleiters Othmar Pruckner haben leiten lassen.
trs
"Waldviertel. Stilles Land, raues Land" von Gerhard Trumler (Fotos) und Othmar Pruckner (Text). Pichler Verlag, Wien 2004. 180 Seiten, 296 Fotos. Gebunden, 54 Euro. ISBN 3854313454.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Ärgerlich reagiert Rezensent "trs" auf die einseitige Ausrichtung des Buches. Das Waldviertel zwischen Donau und tschechischer Grenze werde, der Rezensent vermutet aus Gründen des Tourismusmarketing, als "stilles Land" charakterisiert, und zwar in Text und Bild gleichermaßen. Entsprechend sieht "trs" insgesamt eher die "Kunst des Verschweigens und der falschen Betonung" am Werk. Frühlingsgefärbte Idyllen, in denen Dampfeisenbahn und Fahrrad die einzigen Verkehrsmittel zu sein scheinen, fallen ihm in diesem Zusammenhang ebenso unangenehm auf, wie "Eier in Brotkörben", "traute Bauernstuben", "wogende Ähren" und "pittoreske Ruinen". Vom der harten Realität dieser Region und ihrer Städte fand der Rezensent zu seiner Enttäuschung so gut wie nichts in diesem Buch.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH