Fast ein Jahrzehnt lang haben US-Banken amerikanischen Konsumenten und Immobilienkäufern Kredite aufgedrängt - ohne Rücksicht auf deren Zahlungsfähigkeit und teilweise mit dubiosen Methoden. Nun ist der Kredit- und Immobilienboom in den USA geplatzt und hat die Weltwirtschaft in eine bedrohliche Krise gestürzt.Weltweit müssen Banken hohe Milliardenverluste verkraften, einige - darunter die IKB Deutsche Industriebank, die WestLB und die SachsenLB - sind beinahe unter der Last zusammengebrochen. Auch die einst renommierte US-Investmentbank Bear Stearns musste gerettet werden. Die Aktienkurse sinken, der Dollar droht abzustürzen, Steuerzahler müssen für die Spekulationen der Bankmanager geradestehen. Experten sprechen von der schlimmsten Finanzkrise seit den 1930er Jahren. Wie konnten faule Kredite und gewissenlose Bankiers eine weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise auslösen? Hätte die Politik diese Exzesse nicht verhindern können, verhindern müssen? Wie geht es jetzt weiter? - Der
renommierte Finanzexperte und Wirtschaftsjournalist Wolfgang Köhler hat die Immobilien- und Hypothekenkrise packend aufgearbeitet und präsentiert die spannenden Ergebnisse seiner Recherchen.
renommierte Finanzexperte und Wirtschaftsjournalist Wolfgang Köhler hat die Immobilien- und Hypothekenkrise packend aufgearbeitet und präsentiert die spannenden Ergebnisse seiner Recherchen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.08.2008Lehren aus der Krise
Die Turbulenzen an den Finanzmärkten verlangen nach Erklärungen. Hier sind die besten Bücher zum Thema.
VON PATRICK BERNAU
Wer wissen will, wie die Finanzkrise entstanden ist, muss sich die amerikanischen Soldaten ansehen. Schon 2006 seien viele so arm gewesen, dass sich das Pentagon Sorgen um ihre Konzentration machte: Ihre Geldschwierigkeiten könnten sie ablenken. Das schreibt Wolfgang Köhler in dem Buch "Wall Street Panik". Viele andere Amerikaner waren in einer ähnlichen finanziellen Lage. Dann fielen sie auf Kredithaie herein, finanzierten zu teure Häuser - und konnten später die Raten nicht zahlen.
Diese insolventen amerikanischen Häuslebauer haben Banken rund um die Welt ins Trudeln gebracht. Wie konnte es so weit kommen? Und wie lässt sich das nächstes Mal verhindern? Das sind die wichtigsten Fragen, die sich nach rund einem Jahr aus der Finanzkrise ergeben. Inzwischen haben viele Autoren ihre Antwort zwischen Buchdeckel gepresst.
Wie Wolfgang Köhler: Der deutsche Journalist zeichnet die Entwicklung der Finanzkrise anekdotenreich und spannend nach, so dass auch Laien verstehen, wo die Finanzkrise eigentlich herkam. Er kommt zu dem Schluss: Der ganze Schlamassel wäre möglicherweise nicht passiert, wenn das amerikanische Finanzministerium die Banken herzhafter reguliert und ihr Kreditgeschäft eingeschränkt hätte.
Da hat der Ökonom Robert Shiller die originellere Lösung. Er betrachtet das Problem nicht von den Banken her, sondern von deren Kunden, den amerikanischen Bauherren. Die hätten sich erst gar nicht überschuldet, wenn sie mehr Ahnung von Geld gehabt hätten, schreibt Shiller und plädiert dafür, dass der Staat in Zukunft eine kostenlose Finanzberatung bereitstellt. Dann sollten neue Börsen geschaffen werden, auf denen jeder Mensch Finanzprodukte kaufen kann, die ihn gegen wichtige Risiken absichern können: gegen einen Verfall der Immobilienpreise zum Beispiel oder dagegen, dass er arbeitslos wird und eine schlechtbezahlte Arbeit annehmen muss. Dann könnten sich kleine Störungen nicht mehr so weit ausbreiten.
Dafür hätten aber im derzeitigen System auch schon die Zentralbanken sorgen können, glauben Wirtschaftswissenschaftler des "Centre for Economic Policy Research" (Zentrum für Wirtschaftspolitik-Forschung, CEPR). Dazu hätten sie zum Beispiel faule Hypothekenkredite aufkaufen sollen, ist die These von Willem Buiter und Anne Siebert. Aber wie kam es überhaupt so weit, dass die Hypothekenbanken so viele schlecht gesicherte Kredite vergaben?
Auch daran ist die Zentralbank schuld, und zwar die amerikanische unter der Führung von Alan Greenspan, schreiben Tito Boeri und Luigi Guiso. Sie hat nach dem Platzen der New-Economy-Blase die Zinsen zu weit gesenkt, erst dadurch wurden die Hypothekenkredite für schlechte Schuldner überhaupt attraktiv. Das CEPR besteht aus Wirtschaftswissenschaftlern von vielen europäischen Universitäten, das Buch setzt sich aus Beiträgen der Forscher zusammen. Die Artikel sind lange nicht so spannend geschrieben wie die in anderen Büchern, aber analysieren das Thema deutlich tiefer.
Die Greenspan-Schelte des CEPR allerdings findet sich viel ausführlicher bei William Fleckenstein und Frederick Sheehan. In ihrem Buch beschreiben die beiden Vermögensverwalter detailliert, wie Greenspan jede Krise innerhalb kürzester Zeit mit zusätzlichem Geld heilte und so schon den Grundstein für die nächste Blase legte: vom "schwarzen Montag" 1987 über den Zusammenbruch der New Economy bis zur Subprime-Krise jetzt. So kommen sie zu dem Schluss: "In der ganzen Finanzgeschichte haben Märkte gelegentlich übertrieben. Aber die Blasen am amerikanischen Aktien- und Immobilienmarkt wurden zu einem größeren Teil als bisher gedacht von Alan Greenspans Zentralbank angezettelt und finanziert."
Dem würde George Soros vermutlich nicht widersprechen. Der Spekulant sieht die Schuld aber nicht bei Alan Greenspan, sondern bei einem falschen Weltbild: Die Ökonomen dächten nicht genug daran, wie ihre Theorien und die Handlungen der Menschen auf die Märkte zurückwirken. Darum seien Märkte immer instabil - schreibt Soros, der in den 90er Jahren mit seinen Spekulationen gegen das britische Pfund Milliarden verdient und Großbritannien aus dem europäischen Währungssystem gestoßen hat. "Meine Theorie ist schon seit 20 Jahren bekannt, bisher aber noch nicht ernst genommen worden", klagt er. Vielleicht liegt das auch daran, dass seine grundsätzlichen Überlegungen zwar bedenkenswert sind, aber sich seine Schlussfolgerungen nicht zwingend ergeben. Mit der Subprime-Krise sei nun nicht einfach eine weitere Blase geplatzt, vermutet Soros, sondern die Superblase des 20. und 21. Jahrhunderts. Er beschreibt aber nicht, was nach dem Platzen passieren kann.
Vielleicht liegt es am Ende gar nicht an fehlerhaften Markttheorien, dass es immer wieder Blasen gibt, sondern an den Menschen selbst. Das ist jedenfalls die Folgerung der amerikanischen Ökonomen Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff. Sie analysieren Finanzkrisen seit dem 14. Jahrhundert und folgern: "Regierungen und Investoren scheinen fähig zu bleiben, sich selbst zu täuschen. Daraus entstehen regelmäßig Phasen der Euphorie, die meist mit Tränen enden." Es stimmt eben nicht, wenn es in jeder Euphorie wieder heißt: "Dieses Mal ist alles anders."
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Turbulenzen an den Finanzmärkten verlangen nach Erklärungen. Hier sind die besten Bücher zum Thema.
VON PATRICK BERNAU
Wer wissen will, wie die Finanzkrise entstanden ist, muss sich die amerikanischen Soldaten ansehen. Schon 2006 seien viele so arm gewesen, dass sich das Pentagon Sorgen um ihre Konzentration machte: Ihre Geldschwierigkeiten könnten sie ablenken. Das schreibt Wolfgang Köhler in dem Buch "Wall Street Panik". Viele andere Amerikaner waren in einer ähnlichen finanziellen Lage. Dann fielen sie auf Kredithaie herein, finanzierten zu teure Häuser - und konnten später die Raten nicht zahlen.
Diese insolventen amerikanischen Häuslebauer haben Banken rund um die Welt ins Trudeln gebracht. Wie konnte es so weit kommen? Und wie lässt sich das nächstes Mal verhindern? Das sind die wichtigsten Fragen, die sich nach rund einem Jahr aus der Finanzkrise ergeben. Inzwischen haben viele Autoren ihre Antwort zwischen Buchdeckel gepresst.
Wie Wolfgang Köhler: Der deutsche Journalist zeichnet die Entwicklung der Finanzkrise anekdotenreich und spannend nach, so dass auch Laien verstehen, wo die Finanzkrise eigentlich herkam. Er kommt zu dem Schluss: Der ganze Schlamassel wäre möglicherweise nicht passiert, wenn das amerikanische Finanzministerium die Banken herzhafter reguliert und ihr Kreditgeschäft eingeschränkt hätte.
Da hat der Ökonom Robert Shiller die originellere Lösung. Er betrachtet das Problem nicht von den Banken her, sondern von deren Kunden, den amerikanischen Bauherren. Die hätten sich erst gar nicht überschuldet, wenn sie mehr Ahnung von Geld gehabt hätten, schreibt Shiller und plädiert dafür, dass der Staat in Zukunft eine kostenlose Finanzberatung bereitstellt. Dann sollten neue Börsen geschaffen werden, auf denen jeder Mensch Finanzprodukte kaufen kann, die ihn gegen wichtige Risiken absichern können: gegen einen Verfall der Immobilienpreise zum Beispiel oder dagegen, dass er arbeitslos wird und eine schlechtbezahlte Arbeit annehmen muss. Dann könnten sich kleine Störungen nicht mehr so weit ausbreiten.
Dafür hätten aber im derzeitigen System auch schon die Zentralbanken sorgen können, glauben Wirtschaftswissenschaftler des "Centre for Economic Policy Research" (Zentrum für Wirtschaftspolitik-Forschung, CEPR). Dazu hätten sie zum Beispiel faule Hypothekenkredite aufkaufen sollen, ist die These von Willem Buiter und Anne Siebert. Aber wie kam es überhaupt so weit, dass die Hypothekenbanken so viele schlecht gesicherte Kredite vergaben?
Auch daran ist die Zentralbank schuld, und zwar die amerikanische unter der Führung von Alan Greenspan, schreiben Tito Boeri und Luigi Guiso. Sie hat nach dem Platzen der New-Economy-Blase die Zinsen zu weit gesenkt, erst dadurch wurden die Hypothekenkredite für schlechte Schuldner überhaupt attraktiv. Das CEPR besteht aus Wirtschaftswissenschaftlern von vielen europäischen Universitäten, das Buch setzt sich aus Beiträgen der Forscher zusammen. Die Artikel sind lange nicht so spannend geschrieben wie die in anderen Büchern, aber analysieren das Thema deutlich tiefer.
Die Greenspan-Schelte des CEPR allerdings findet sich viel ausführlicher bei William Fleckenstein und Frederick Sheehan. In ihrem Buch beschreiben die beiden Vermögensverwalter detailliert, wie Greenspan jede Krise innerhalb kürzester Zeit mit zusätzlichem Geld heilte und so schon den Grundstein für die nächste Blase legte: vom "schwarzen Montag" 1987 über den Zusammenbruch der New Economy bis zur Subprime-Krise jetzt. So kommen sie zu dem Schluss: "In der ganzen Finanzgeschichte haben Märkte gelegentlich übertrieben. Aber die Blasen am amerikanischen Aktien- und Immobilienmarkt wurden zu einem größeren Teil als bisher gedacht von Alan Greenspans Zentralbank angezettelt und finanziert."
Dem würde George Soros vermutlich nicht widersprechen. Der Spekulant sieht die Schuld aber nicht bei Alan Greenspan, sondern bei einem falschen Weltbild: Die Ökonomen dächten nicht genug daran, wie ihre Theorien und die Handlungen der Menschen auf die Märkte zurückwirken. Darum seien Märkte immer instabil - schreibt Soros, der in den 90er Jahren mit seinen Spekulationen gegen das britische Pfund Milliarden verdient und Großbritannien aus dem europäischen Währungssystem gestoßen hat. "Meine Theorie ist schon seit 20 Jahren bekannt, bisher aber noch nicht ernst genommen worden", klagt er. Vielleicht liegt das auch daran, dass seine grundsätzlichen Überlegungen zwar bedenkenswert sind, aber sich seine Schlussfolgerungen nicht zwingend ergeben. Mit der Subprime-Krise sei nun nicht einfach eine weitere Blase geplatzt, vermutet Soros, sondern die Superblase des 20. und 21. Jahrhunderts. Er beschreibt aber nicht, was nach dem Platzen passieren kann.
Vielleicht liegt es am Ende gar nicht an fehlerhaften Markttheorien, dass es immer wieder Blasen gibt, sondern an den Menschen selbst. Das ist jedenfalls die Folgerung der amerikanischen Ökonomen Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff. Sie analysieren Finanzkrisen seit dem 14. Jahrhundert und folgern: "Regierungen und Investoren scheinen fähig zu bleiben, sich selbst zu täuschen. Daraus entstehen regelmäßig Phasen der Euphorie, die meist mit Tränen enden." Es stimmt eben nicht, wenn es in jeder Euphorie wieder heißt: "Dieses Mal ist alles anders."
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Eine hoch aktuelle und umfassende Analyse der jüngsten Krise auf dem internationalen Kapitalmarkt, gespickt mit brisanten Details, kenntnisreich eingeordnet in die Zusammenhänge der globalen Ökonomie. Dieses Buch trägt dazu bei, die Ursachen der Finanzkrise und deren Konsequenzen einem breiten Publikum verständlich zu machen."
-- Konrad Handschuch, Ressortleiter Politik + Weltwirtschaft der "WirtschaftsWoche", Juni 2008
"Ein spannendes Buch. Ein lehrreiches Buch. Wolfgang Köhler gelingt es, die Hintergründe der Immobilien- und Finanzmarktkrise so auszuleuchten, dass auch der Laie versteht, wie es zu den gewaltigen Erschütterungen der internationalen Bankenwelt kommen konnte. Komplexe Materie - aber packend und anschaulich präsentiert."
-- Peter Ludäscher, Leiter der Wirtschaftsredaktion des "Südkurier", Mai 2008
Eine derart fundierte Darstellung der Hintergründe der Finanzkrise habe ich noch nicht gelesen.
-- Christoph Pauly, Redakteur des "Spiegel"
-- Konrad Handschuch, Ressortleiter Politik + Weltwirtschaft der "WirtschaftsWoche", Juni 2008
"Ein spannendes Buch. Ein lehrreiches Buch. Wolfgang Köhler gelingt es, die Hintergründe der Immobilien- und Finanzmarktkrise so auszuleuchten, dass auch der Laie versteht, wie es zu den gewaltigen Erschütterungen der internationalen Bankenwelt kommen konnte. Komplexe Materie - aber packend und anschaulich präsentiert."
-- Peter Ludäscher, Leiter der Wirtschaftsredaktion des "Südkurier", Mai 2008
Eine derart fundierte Darstellung der Hintergründe der Finanzkrise habe ich noch nicht gelesen.
-- Christoph Pauly, Redakteur des "Spiegel"