Bei jedem großen Manne ist der Trieb nach eigener Größe, man kann es Expansionstrieb nennen, das erste und Grundlegende; diesem zufolge muß er sich dahin werfen, wo in seiner Zeit die größte Macht erreicht werden kann. Es war deshalb natürlich, daß im siebzehnten Jahrhundert die von starkem Expansionstrieb erfüllten Männer sich in den Kampf um die Herrschaft über Deutschland warfen, auch ohne daß sie bestimmt ausgearbeitete Ansichten und Pläne darüber im Kopfe hatten. Obwohl kein unwidersprechliches Zeugnis dafür vorliegt, hat doch sicherlich die allgemeine Meinung recht, die Gustav Adolf und Wallenstein zu ihren Lebzeiten nachsagte, daß sie nach der Kaiserkrone strebten, dem glänzendsten und bedeutungsvollsten Diadem der Christenheit, das von den Habsburgern aufgegeben worden war ... Wallenstein war zu stolz, um unabhängig, zu schwach, um Rebell zu sein, das heißt, um dem herrschenden Recht seine eigene Überzeugung entgegenzusetzen; dies war seine Tragik. Beinah hielt sich beides, Stolz und Schwäche, in ihm die Waage; doch konnte er eher aus Schwäche seinen Stolz überwinden als kühn handeln, um sich nicht demütigen zu müssen. Bewußt oder unbewußt begann er damit, sich eine Grundlage künftiger Macht zu schaffen, indem er katholisch und indem er reich wurde. Da seinem Drang nach Größe die innere Kraft nicht entsprach, schuf er sich äußere Stützen; so ist sein Glaubenswechsel und so seine Heirat aufzufassen. (Ricarda Huch, Aus der Vorrede)Der Text des Neusatzes folgt der Erstausgabe von 1919, erschienen im Insel-Verlag, Leipzig.
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