Arbeitsbücher zur Literaturgeschichte
Das Buch informiert umfassend über Leben, Werk und Wirkungsgeschichte Walthers von der Vogelweide sowie über den Stand der Walther-Forschung. Es führt in die höfische Literatur um 1200 ein, erörtert die Überlieferungsgeschichte Walthers, stellt die reiche Palette seiner Strophenformen vor und bietet eine kompakte Einführung in die Metrik mittelhochdeutscher Verse.
Walthers Minnesang, seine Sangspruchdichtung, die religiöse Dichtung, die Kreuzungslieder und die Alterslieder werden ausführlich und auf dem aktuellen Stand der Forschung behandelt. Das Buch ist besonders als Einführung für Lehrende und Lernende an Universität und Schule geeignet.
"Die Reihe glänzt seit jeher durch Übersichtlichkeit, hohe Kompetenz der Autoren bei gleichzeitiger guter Verständlichkeit."
Frankfurter Neue Presse
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Das Buch informiert umfassend über Leben, Werk und Wirkungsgeschichte Walthers von der Vogelweide sowie über den Stand der Walther-Forschung. Es führt in die höfische Literatur um 1200 ein, erörtert die Überlieferungsgeschichte Walthers, stellt die reiche Palette seiner Strophenformen vor und bietet eine kompakte Einführung in die Metrik mittelhochdeutscher Verse.
Walthers Minnesang, seine Sangspruchdichtung, die religiöse Dichtung, die Kreuzungslieder und die Alterslieder werden ausführlich und auf dem aktuellen Stand der Forschung behandelt. Das Buch ist besonders als Einführung für Lehrende und Lernende an Universität und Schule geeignet.
"Die Reihe glänzt seit jeher durch Übersichtlichkeit, hohe Kompetenz der Autoren bei gleichzeitiger guter Verständlichkeit."
Frankfurter Neue Presse
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.12.1996Stummes Blumenpflücken
Teileise ungerührt: Ein Arbeitsbuch zu Walther von der Vogelweide
Die erste Aufgabe einer wissenschaftlichen Einführung in das Werk unseres größten mittelalterlichen Dichters muß heute darin bestehen, mehrere Schichten überholten Wissens abzutragen. Das scheint die Kräfte eines einzigen Gelehrten bei weitem zu übersteigen, so daß sich für diesen "Walther von der Vogelweide, Epoche - Werk - Wirkung" gleich vier der ausgewiesensten Kenner der Materie zusammengetan haben. In sechs Kapiteln wird das Phänomen "Walther" ausgeleuchtet: Überlieferung und Edition, Metrik und Melodien, Minnesang, Sangspruchdichtung, Kreuzlieder, Wirkungsgeschichte.
Der typische Waltherforscher früherer Zeiten scheint sich seinem Gegenstand etwa so genähert zu haben wie der Minnesänger seiner Dame: Nur das Unerreichbare schien ihm erstrebenswert, also zum Beispiel die Wiederherstellung des Originaltextes, die Rekonstruktion vermuteter Gedichtzyklen , Enthüllungen über die "Fehde", in welche Walther und Reinmar am Wiener Hof verwickelt gewesen sein sollen, seine Liebesauffassung und nicht zuletzt sein politischer Standpunkt. Das alles kommt hier auch wieder zur Sprache, aber die meisten hochfliegenden Hypothesen, die sich angesammelt hatten, ohne je widerlegt oder bewiesen werden zu können, werden auf Wißbares reduziert, eine bibliographisch dokumentierte, verdienst- und mühevolle Arbeit. Das Künstlertum und die eigentümliche Originalität des schon zu seiner Zeit bewunderten Dichters kommen so deutlicher zum Vorschein. Trotzdem schlägt die pedantisch-keusche Rührung, mit welcher ältere Altgermanisten den Sänger umgaben, auch hier gelegentlich noch durch. Neben einem apodiktischen "Blumenpflücken ist Defloration" findet man "Hingabe . . . als freiwilliges, gemeinsames, gegenseitig einvernehmliches Geschehen" oder, moralisch angereichert, "Minne, in der die Minnenden in einvernehmlichem Wertverständnis und -streben und gegenseitig liebender, beglückender Zuwendung verbunden sind". Und die "Fehde" bringt auch alte martialische Töne wieder zum Klingen: "Sticht Walther gerade deshalb zu?"
Zwar wendet sich das Buch auch an "Lernende", doch scheut es sich nicht, Anfänger und naivere Liebhaber der Poesie etwas rabiat abzufertigen: "Soweit das Lied ,Under der linden' als unmittelbar zugängliches Liebeslied gilt, beruht seine Popularität auf falschem Verständnis." - "Für lediglich informativen und illustrativen Überblick stehen geschichtliche Handbücher zur Verfügung."
Das Kapitel über Metrik und Melodien bildet da eine Ausnahme. Es referiert keine Kontroversen, sondern will wirklich einführen, "einem oft geäußerten Bedürfnis von Studierenden" entsprechen und einem "breiteren Benützerkreis" dienen. Hier findet man auch die fünf überlieferten Melodien, zuverlässig in modernen Noten wiedergegeben und kompetent erläutert. Wohl aus Rücksicht auf den Benützerkreis macht der Autor sich aber in metrischen Fragen von kritischen Skrupeln frei. Das ist eigentlich schade, denn wer kennt die Sangverslyrik besser als er? Wenn er hier trotzdem von Versen im "Dreivierteltakt" spricht, kommt er der verbreiteten metrischen Ignoranz vielleicht doch zu weit entgegen, denn das ist nicht weniger anachronistisch, als in dem "Under der linden" ein "unmittelbar zugängliches Liebeslied" zu sehen.
Das letzte Kapitel betritt Neuland: Es beschäftigt sich neben der Rezeption Walthers vom Mittelalter bis zum Zweiten Weltkrieg und seinem Fortleben im Roman auch sehr informativ mit der schöpferischen Rezeption von Walther-Fragmenten bei Liedermachern (mit einer reichhaltigen und repräsentativen Auswahldiskographie). Der Stil paßt sich dem Thema an und sucht die Nähe zur Talk-Show, wenn etwa von "zwischenzeitlichen Imageverlusten" und "Hits im erhaltenen Walther-Repertoire" die Rede ist. Aber Liedermacher mit ihren Parodien und Liedersänger mit ihren Aufführungsversuchen bleiben zwischen den Buchdeckeln stumm, so daß ganz spontan der Wunsch entsteht, dem Buch in der Form einer CD-Rom wiederzubegegnen: Da könnte man sogar Angelo Branduardi sein "Sotto il tiglio, là nella landa . . ." singen lassen! HANS-HERBERT RÄKEL
Horst Brunner, Gerhard Hahn, Ulrich Müller, Franz Viktor Spechtler, unter Mitarbeit von Sigrid Neureiter-Lackner: "Walther von der Vogelweide". Epoche - Werk - Wirkung. Verlag C. H. Beck, München 1996. 273 S., br., 39,80 DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Teileise ungerührt: Ein Arbeitsbuch zu Walther von der Vogelweide
Die erste Aufgabe einer wissenschaftlichen Einführung in das Werk unseres größten mittelalterlichen Dichters muß heute darin bestehen, mehrere Schichten überholten Wissens abzutragen. Das scheint die Kräfte eines einzigen Gelehrten bei weitem zu übersteigen, so daß sich für diesen "Walther von der Vogelweide, Epoche - Werk - Wirkung" gleich vier der ausgewiesensten Kenner der Materie zusammengetan haben. In sechs Kapiteln wird das Phänomen "Walther" ausgeleuchtet: Überlieferung und Edition, Metrik und Melodien, Minnesang, Sangspruchdichtung, Kreuzlieder, Wirkungsgeschichte.
Der typische Waltherforscher früherer Zeiten scheint sich seinem Gegenstand etwa so genähert zu haben wie der Minnesänger seiner Dame: Nur das Unerreichbare schien ihm erstrebenswert, also zum Beispiel die Wiederherstellung des Originaltextes, die Rekonstruktion vermuteter Gedichtzyklen , Enthüllungen über die "Fehde", in welche Walther und Reinmar am Wiener Hof verwickelt gewesen sein sollen, seine Liebesauffassung und nicht zuletzt sein politischer Standpunkt. Das alles kommt hier auch wieder zur Sprache, aber die meisten hochfliegenden Hypothesen, die sich angesammelt hatten, ohne je widerlegt oder bewiesen werden zu können, werden auf Wißbares reduziert, eine bibliographisch dokumentierte, verdienst- und mühevolle Arbeit. Das Künstlertum und die eigentümliche Originalität des schon zu seiner Zeit bewunderten Dichters kommen so deutlicher zum Vorschein. Trotzdem schlägt die pedantisch-keusche Rührung, mit welcher ältere Altgermanisten den Sänger umgaben, auch hier gelegentlich noch durch. Neben einem apodiktischen "Blumenpflücken ist Defloration" findet man "Hingabe . . . als freiwilliges, gemeinsames, gegenseitig einvernehmliches Geschehen" oder, moralisch angereichert, "Minne, in der die Minnenden in einvernehmlichem Wertverständnis und -streben und gegenseitig liebender, beglückender Zuwendung verbunden sind". Und die "Fehde" bringt auch alte martialische Töne wieder zum Klingen: "Sticht Walther gerade deshalb zu?"
Zwar wendet sich das Buch auch an "Lernende", doch scheut es sich nicht, Anfänger und naivere Liebhaber der Poesie etwas rabiat abzufertigen: "Soweit das Lied ,Under der linden' als unmittelbar zugängliches Liebeslied gilt, beruht seine Popularität auf falschem Verständnis." - "Für lediglich informativen und illustrativen Überblick stehen geschichtliche Handbücher zur Verfügung."
Das Kapitel über Metrik und Melodien bildet da eine Ausnahme. Es referiert keine Kontroversen, sondern will wirklich einführen, "einem oft geäußerten Bedürfnis von Studierenden" entsprechen und einem "breiteren Benützerkreis" dienen. Hier findet man auch die fünf überlieferten Melodien, zuverlässig in modernen Noten wiedergegeben und kompetent erläutert. Wohl aus Rücksicht auf den Benützerkreis macht der Autor sich aber in metrischen Fragen von kritischen Skrupeln frei. Das ist eigentlich schade, denn wer kennt die Sangverslyrik besser als er? Wenn er hier trotzdem von Versen im "Dreivierteltakt" spricht, kommt er der verbreiteten metrischen Ignoranz vielleicht doch zu weit entgegen, denn das ist nicht weniger anachronistisch, als in dem "Under der linden" ein "unmittelbar zugängliches Liebeslied" zu sehen.
Das letzte Kapitel betritt Neuland: Es beschäftigt sich neben der Rezeption Walthers vom Mittelalter bis zum Zweiten Weltkrieg und seinem Fortleben im Roman auch sehr informativ mit der schöpferischen Rezeption von Walther-Fragmenten bei Liedermachern (mit einer reichhaltigen und repräsentativen Auswahldiskographie). Der Stil paßt sich dem Thema an und sucht die Nähe zur Talk-Show, wenn etwa von "zwischenzeitlichen Imageverlusten" und "Hits im erhaltenen Walther-Repertoire" die Rede ist. Aber Liedermacher mit ihren Parodien und Liedersänger mit ihren Aufführungsversuchen bleiben zwischen den Buchdeckeln stumm, so daß ganz spontan der Wunsch entsteht, dem Buch in der Form einer CD-Rom wiederzubegegnen: Da könnte man sogar Angelo Branduardi sein "Sotto il tiglio, là nella landa . . ." singen lassen! HANS-HERBERT RÄKEL
Horst Brunner, Gerhard Hahn, Ulrich Müller, Franz Viktor Spechtler, unter Mitarbeit von Sigrid Neureiter-Lackner: "Walther von der Vogelweide". Epoche - Werk - Wirkung. Verlag C. H. Beck, München 1996. 273 S., br., 39,80 DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main