Zwanzig Rundwanderwege, viele Karten, Tipps und Bilder - der Wanderführer für den Naturpark Hochtaunus ist die Eintrittskarte in eine der schönsten Gebiete Deutschlands. Vom Rhein-Main-Gebiet bis zur Lahn, vom Goldenen Grund bis in die Wetterau stellt er die interessantesten Strecken und Orte vor. Dabei ist das Buch viel mehr als eine bloße Navigationshilfe: Stefan Jung erzählt die Geschichten am Wegesrand, gibt Informationen zu Fauna und Flora und weist auf die besten Einkehrmöglichkeiten hin.
Wanderwege durch den Taunus
Es gibt Dinge, die hat man einfach im Haus. So wie in Vor-Internetzeiten das Telefonbuch und den Zugfahrplan. Wer im erweiterten Rhein-Main-Gebiet wohnt, für den ist auch ein Wanderführer über den Taunus ein Handwerkszeug des täglichen Lebens - vor allem des sonntäglichen. Das Wetter ist schön, es zieht einen hinaus: Wer dabei nicht immer auf dem Großen Feldberg landen will, ist für Vorschläge dankbar. Und er wird feststellen, dass viele Wanderführer oft Routen aufführen, für die ein ganzer Tag vonnöten ist. Schon auf die Andeutung eines solchen Gewaltmarschs hin muss man sich darauf einstellen, dass einem der Nachwuchs in stummem Protest einen Ausdruck der UN-Kinderrechtskonvention entgegenhält.
Gefragt ist also eher der Rundweg, der sich in anderthalb bis allerhöchstens drei Stunden bewältigen lässt, eine Einkehrmöglichkeit ("Ja, da gibt's bestimmt auch ein Eis") in Aussicht stellt und vielleicht mit kulturgeschichtlichen Spuren am Wegesrand dem Bildungsauftrag des Familienoberhaupts entgegenkommt. Diese Kriterien erfüllen die meisten der 20 Routen, die im jüngsten Wanderführer durch den Naturpark Hochtaunus enthalten sind. Das Standardwerk erscheint seit vielen Jahrzehnten in unterschiedlicher Form, zuletzt als Sammlung von Einzelkarten. Sie werden jetzt abgelöst von einem hochformatigen Büchlein in Ringbindung, dank deren die ausgewählte Seite aufgeschlagen bleiben kann, wenn es zwischendurch in der Rucksackseitentasche verschwindet.
Ein weiterer Unterschied zu den eher technischen Richtungsangaben der bisherigen Karten ist, dass der Autor Stefan Jung die Strecken im Plauderton ausführlich beschreibt und dabei auf lohnenswerte Aussichten, die Wegbeschaffenheit oder auch einen schwer zu findenden Parkplatz eingeht. Man merkt, dass Jung die insgesamt 170 Kilometer komplett abgelaufen ist. Der Leser bekommt dadurch einen Eindruck vom Charakter des Wegs. Das ist nicht unwichtig, denn der gemütliche Spaziergang vor dem Sonntagskaffee ist ebenso dabei wie die im Vergleich abenteuerliche Kraxelei um den Zacken bei Niederreifenberg. Den schnellen Überblick stellen jeweils Karte, Höhenprofil und ein Stichwortkasten mit Weglänge, Laufzeit, Markierung und Anfahrtsbeschreibung sicher.
Blassgrün unterlegt sind Einsprengsel mit Erläuterungen zu Ortsnamen, Sehenswürdigkeiten oder Geschichtsepochen. Obwohl Jung als Redakteur der Taunus-Zeitung mit dem Terrain vertraut ist, hat auch er bei den Recherchen Neues erfahren: Etwa dass die Kittelhütte zwischen Seelenberg und Oberems zwar nach einem langjährigen Präsidenten des Taunusclubs heißt, von amerikanischen Pionieren aber im Stil des Geburtshauses von Abraham Lincoln nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut worden war. Nachdem sie 1993 einer Brandstiftung zum Opfer fiel, errichteten amerikanische Soldaten sie abermals. Ausgesucht wurden die Routen von Führern des Naturparks, und sie verteilen sich auf dessen ganzes Gebiet: von Hofheim bis hinauf nach Braunfels.
BERNHARD BIENER
Wandern im Naturpark Hochtaunus, Stefan Jung, Societäts-Verlag, Frankfurt 2009, 144 Seiten, 12,80 Euro.
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