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Produktdetails
  • Verlag: Piper
  • 2000.
  • Seitenzahl: 215
  • Deutsch
  • Abmessung: 22mm x 131mm x 211mm
  • Gewicht: 360g
  • ISBN-13: 9783492042451
  • ISBN-10: 3492042457
  • Artikelnr.: 08873431
  • Herstellerkennzeichnung
  • Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.02.2001

Unter anderem Namen

SKLAVENHANDEL. Folgende Meldung könnte aus dem vorigen oder eher noch aus dem vorvorletzten Jahrhundert sein: "Brasilien: Bundespolizei befreit 120 Plantagen-Sklaven." Etwa aus der Zeit nach 1888, als die Sklaverei in Brasilien gesetzlich verboten wurde. Tatsächlich stammt sie vom 21. Dezember 2000. Ein Zeichen dafür, wie sich diese "extremste Form der Herrschaft des Menschen über den Menschen" aller Aufklärung, Zivilisation und Modernität zum Trotz erhalten hat. Unter anderen Namen zwar - und mit dem Unterschied, daß die modernen Sklaven nominell freie Individuen sind. Aber im Prinzip hat sich an der Degradierung vieler Menschen zu Arbeitstieren kaum etwas geändert - allenfalls quantitativ. Nach Erkenntnissen der "Anti-Slavery International" leben heute etwa 200 Millionen Menschen in einem Zustand der Sklaverei. "Angesichts dieser Dimensionen verblassen die Zahlen der Vergangenheit", schreibt Pino Arlacchi, seit 1997 stellvertretender Generalsekretär der Vereinten Nationen und zuständig für internationale Verbrechensbekämpfung. Der historischen Sklaverei vom 16. bis zum 19. Jahrhundert sollen demgegenüber "nur" 12 Millionen Menschen zum Opfer gefallen sein. Auch um sie geht es in diesem Buch. Aber den Hauptteil widmet Arlacchi den häufigsten Formen der modernen Sklaverei: Zwangsarbeit, Zwangsprostitution und Schuldknechtschaft. Die Globalisierung wirft Schatten. In ihrem Zeichen steigt die Nachfrage nach Sklavenarbeit, Kinderarbeit in großem Umfang eingeschlossen. Der Handel mit Kindern und Frauen floriert, die als "Frischfleisch" auf die internationalen Sexmärkte verschoben und gnadenlos ausgebeutet werden. Und neben diesen Formen des modernen Sklavenhandels, die der Autor detailliert beschreibt, hat auch noch eine archaische Form der Sklaverei Bestand: die Schuldknechtschaft. Als "organisierten Betrug" bezeichnet Arlacchi treffsicher dieses System, das mit Darlehen an die Arbeitssklaven beginnt und über horrende Zinsen bei Hungerlöhnen unweigerlich in die Schuldenfalle führt. Die 120 Plantagen-Sklaven in Brasilien wurden offensichtlich aus einem solchen Abhängigkeitsverhältnis befreit. Arlacchi analysiert diese massiven Menschenrechtsverletzungen nicht nur scharfsinnig. Er prangert sie auch leidenschaftlich an. Und er zeigt - etwa am Beispiel der Aktivitäten von Menschenrechtsorganisationen -, wie man sie bekämpfen kann. (Pino Arlacchi, Ware Mensch. Der Skandal des modernen Sklavenhandels. Piper Verlag, München/Zürich 2000. 215 Seiten, 38,- Mark.)

FRANK NIESS

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Um Sklavenarbeit und Menschenhandel im Zeichen der Globalisierung geht es in den Büchern des britischen Soziologen Kevin Bales und des italienischen UN-Funktionärs Pino Arlacchi, deren Lektüre Katharina Rutschky nur empfehlen kann - wenn auch der Rezensentin die Studie von Bales wesentlich fundierter erscheint.
1.) Kevin Bales: "Die neue Sklaverei"
27 Millionen Sklaven gibt es heute laut Bales weltweit, berichtet Rutschky, wobei der Autor und Aktivist der ältesten Menschenrechtsorganisation der Welt, der Anti Slavery International, Armut, Kinderarbeit und Prostitution fein von Sexsklaven, Arbeitssklaven und Kindersklaven unterscheidet und nicht in diese Zahl miteinbezieht, so die Rezensentin. Jeden einzelnen im Buch vorgestellten Fall hat der Autor selbst recherchiert. Nicht nur das allein findet Rutschky beeindruckend, sondern auch, dass Bales es nicht dabei belässt, mit Fallgeschichten an das Gutmenschentum in der 1. Welt zu appellieren, sondern diese Schicksale mit Zahlen, Fakten, Ortsbeschreibungen, soziologischen, politischen und juristischen Analysen unterlegt. Resolut und aufklärerisch findet Rutschky insgesamt die Studie, die auch Ratschläge für Otto Normalverbraucher, wie man Produkte des modernen Sklavenhandels sinnvoll boykottiert, enthalte.
2.) Pino Arlacchi: "Ware Mensch. Der Skandal des modernen Sklavenhandels."
Nicht ganz so positiv bewertet Rutschky die Studie von Pino Arlacchi. Denn der UN-Beamte hat sich nach Ansicht der Rezensentin wesentlich oberflächlicher mit dem Thema auseinandergesetzt. Das zeige sich allein schon darin, so Rutschky, dass Arlacchi von 200 Millionen Sklaven weltweit spreche, ohne wie Bales zwischen Sklavenarbeit und gering entlohnter Arbeit zu unterscheiden. Arlacchis Umgang mit Zahlen sei in etwa so großzügig wie sein Appell an das Weltgewissen generell, kritisiert die Rezensentin, wenngleich sie den Autor aber nicht gänzlich dafür verdammen mag. Vielleicht, vermutet Rutschky, trage Arlacchis Übertreibung und deutlich formulierte Empörung dazu bei, die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf das überaus brisante Thema zu lenken. Das wäre ja schon mal was, meint die Rezensentin, empfiehlt aber als quasi weiterführende Lektüre dann doch Bücher wie das des nüchternen Wissenschaftlers Kevin Bales.

© Perlentaucher Medien GmbH
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