Warren Buffett zählt seit Jahrzehnten zu den reichsten Menschen der Welt. Alice Schroeder erzählt in dieser aktualisierten Ausgabe die Geschichte seines bewegten Lebens. Buffett verbrachte unzählige Stunden mit der Autorin bei der Beantwortung von Fragen zu seiner Frau, seinen Kindern, zu seinen Geschäftspartnern und Freunden, gab bereitwillig Auskunft zu seiner Kindheit, öffnete seine Fotoalben, gewährte tiefe Einblicke in seine Arbeit, seine Denkweise, seine Kämpfe und Triumphe, legte aber auch seine Torheiten offen.»Das Leben ist wie ein Schneeball« ist ein einmaliger Akt der Courage. Dieses Buch macht deutlich, dass auch Warren Buffett nur ein Mensch ist wie jeder andere auch, mit Stärken und Schwächen.Alice Schroeder gelang es auf eindrucksvolle Weise, eine der faszinierendsten Erfolgsgeschichten unserer Zeit auf Papier zu verewigen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.04.2009Prinzipientreue zahlt sich aus
Warren Buffetts Weg vom Zeitungsboten zum Milliardär
Der Einstieg bei Goldman Sachs und die öffentlichkeitswirksam inszenierte Unterstützung Harley Davidsons haben die Investmentlegende Warren Buffett wieder in die Schlagzeilen gebracht. Der Erscheinungszeitpunkt, an den Kapitalmärkten donnern die Kanonen, macht die neueste Biografie des laut "Forbes" zweitreichsten Mannes der Welt so aktuell. Sie erläutert die Prinzipien, mit denen die von Buffett gesteuerte Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway, oft in krassem Gegensatz zum Zeitgeist, über 44 Jahre hinweg spektakuläre Wertzuwächse erzielte.
Alice Schroeder, ehemalige Versicherungsanalystin bei Morgan Stanley, will aber mehr als nur das bei Superreichen übliche Rezeptbuch für Nachahmer schreiben. Der Untertitel der Originalausgabe verspricht, wie man von Buffett nichts weniger als das "Geschäft vom Leben" lernen kann. Wer das als werteverdrängende Reduktion des Daseins auf Geldfragen empfindet, liegt falsch. Denn an vielen Stellen leuchten Buffetts Überzeugungen, etwa zur Chancengleichheit, auf, die ihn im Wahlkampf zu einem Unterstützer der Demokraten werden ließen. Schroeder spart durchaus nicht mit Kritik an der Person Buffett. Da sich ihr Buch unter anderem auf 300 persönliche Interviews mit ihm stützt, kann man sich die Gratwanderung der Autorin vorstellen. Eine Hagiographie ist es jedenfalls nicht geworden.
Der Haupterfolgsfaktor Buffetts ist eine Art "Zinseszinsprinzip". Er startet mit wenig Kapital, das er, ohne die Substanz anzurühren, durch geschickte Anlage vermehrt. Buffett selbst, der geniale Vereinfacher komplizierter Umstände, wählt das titelgebende Wortbild: "Das Leben ist wie ein Schneeball. Das Wichtige ist, nassen Schnee und einen wirklich langen Hügel zu finden." Sein Schneeball war ursprünglich sehr bescheiden: Als Zeitungsbote, mit dem Verkauf gebrauchter Golfbälle, Pferdewetten und einer verpachteten Farm im Hinterland seines Heimatstaats Nebraska verdient er sein erstes Geld, das unmittelbar wieder reinvestiert wird.
Mit Beginn seines Studiums 1950 an der New Yorker Columbia-Universität legt er den Grundstein für seine kennzahlenbasierte Investmenttätigkeit. Vorbilder sind seine akademischen Lehrer Ben Graham und David Dodd, die als Erfinder der Fundamentalanalyse gelten. Es geht darum, Unternehmen zu finden, deren Vermögen (Immobilien, Anlagen, Beteiligungen) den Kurs der Aktie deutlich übersteigt. Dieser Wert, so Graham und Dodd, werde sich auf lange Sicht stets durchsetzen, und zwar unabhängig von den Tageslaunen des Kapitalmarkts. Mit einer Ausnahme erklärt Schroeder sie alle: die kleinen Investments wie die großen, die skurrilen, die erfolgreichen wie auch die wenigen, die sich als Fehlschlag erweisen. Buffett folgt dabei nur seinen eigenen Regeln. Er hebt bewusst keine "Synergien", sondern lässt seine Unternehmen in Ruhe. Den Internet-Boom macht er nicht mit. Er ist ein früher Kritiker exzessiver Managementgehälter ohne Rückkopplung an die Werttreiber des Geschäfts.
Auch im Privaten gilt das Prinzip "Schneeball". Er arbeitet sich nach vorn. Geprägt durch eine schwierige Mutter-Sohn-Beziehung, wird Buffett als charmant, aber oft unsicher und latent konfliktscheu beschrieben. Paradoxerweise scheint dies seine Willensstärke sogar gestärkt zu haben. Aufmerksamkeit erringt er durch seinen Wortwitz, zuletzt etwa im Berkshire-Geschäftsbericht 2008, in dem er die Geschäftschancen seiner Versicherungstochter GEICO unter ihrem Chef Tony Nicely wie folgt beschreibt: "Tony und ich fühlen uns wie zwei hungrige Stechmücken im Nudistencamp - überall lockende Ziele."
Er verblüfft mit Lebensweisheit, mit klugen Analogien und akkuraten Vorhersagen. Berühmt ist etwa seine Feststellung im Geschäftsbericht 2005, wonach es sich bei Derivaten um "finanzielle Massenvernichtungswaffen" handele. Dass diese Waffen 2008 auch ihn in erheblichem Umfang getroffen haben, tut der Erkenntnis keinen Abbruch. Insgesamt überrascht es jedenfalls nicht, dass Buffett schon mit jungen Jahren Investitionen für Familie, Freunde und einen immer größer werdenden Kreis von Geldgebern verwaltet. Sie alle wurden durch ihn sehr reich.
Problematisch ist die Schwerpunktbildung des Werks. Während die Details auch kleinster Zukäufe liebevoll erklärt werden, bleibt die mit einem Volumen von 22 Milliarden Dollar mit Abstand größte Akquisition, der Erwerb des Rückversicherers General Re und deren deutscher Tochtergesellschaft Kölnische Rück im Jahre 1998, beinahe unerwähnt und komplett unerklärt. Nur mit den Verlusten, die General Re unmittelbar nach Erwerb offenlegen musste, ist dies nicht zu deuten. Irritieren müssen in dem Zusammenhang auch ihre herablassenden Worte über Ronald Ferguson, den langjährigen Chef der General Re und eine Autorität der Branche. Das Urteil aber insgesamt: sehr lesenswert, für Menschen mit einer Affinität für den "American Dream" jenseits seiner Glitzerfassaden. Wie so oft, ist die Originalversion der deutschen Übersetzung vorzuziehen.
CHRISTIAN LAWRENCE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Warren Buffetts Weg vom Zeitungsboten zum Milliardär
Der Einstieg bei Goldman Sachs und die öffentlichkeitswirksam inszenierte Unterstützung Harley Davidsons haben die Investmentlegende Warren Buffett wieder in die Schlagzeilen gebracht. Der Erscheinungszeitpunkt, an den Kapitalmärkten donnern die Kanonen, macht die neueste Biografie des laut "Forbes" zweitreichsten Mannes der Welt so aktuell. Sie erläutert die Prinzipien, mit denen die von Buffett gesteuerte Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway, oft in krassem Gegensatz zum Zeitgeist, über 44 Jahre hinweg spektakuläre Wertzuwächse erzielte.
Alice Schroeder, ehemalige Versicherungsanalystin bei Morgan Stanley, will aber mehr als nur das bei Superreichen übliche Rezeptbuch für Nachahmer schreiben. Der Untertitel der Originalausgabe verspricht, wie man von Buffett nichts weniger als das "Geschäft vom Leben" lernen kann. Wer das als werteverdrängende Reduktion des Daseins auf Geldfragen empfindet, liegt falsch. Denn an vielen Stellen leuchten Buffetts Überzeugungen, etwa zur Chancengleichheit, auf, die ihn im Wahlkampf zu einem Unterstützer der Demokraten werden ließen. Schroeder spart durchaus nicht mit Kritik an der Person Buffett. Da sich ihr Buch unter anderem auf 300 persönliche Interviews mit ihm stützt, kann man sich die Gratwanderung der Autorin vorstellen. Eine Hagiographie ist es jedenfalls nicht geworden.
Der Haupterfolgsfaktor Buffetts ist eine Art "Zinseszinsprinzip". Er startet mit wenig Kapital, das er, ohne die Substanz anzurühren, durch geschickte Anlage vermehrt. Buffett selbst, der geniale Vereinfacher komplizierter Umstände, wählt das titelgebende Wortbild: "Das Leben ist wie ein Schneeball. Das Wichtige ist, nassen Schnee und einen wirklich langen Hügel zu finden." Sein Schneeball war ursprünglich sehr bescheiden: Als Zeitungsbote, mit dem Verkauf gebrauchter Golfbälle, Pferdewetten und einer verpachteten Farm im Hinterland seines Heimatstaats Nebraska verdient er sein erstes Geld, das unmittelbar wieder reinvestiert wird.
Mit Beginn seines Studiums 1950 an der New Yorker Columbia-Universität legt er den Grundstein für seine kennzahlenbasierte Investmenttätigkeit. Vorbilder sind seine akademischen Lehrer Ben Graham und David Dodd, die als Erfinder der Fundamentalanalyse gelten. Es geht darum, Unternehmen zu finden, deren Vermögen (Immobilien, Anlagen, Beteiligungen) den Kurs der Aktie deutlich übersteigt. Dieser Wert, so Graham und Dodd, werde sich auf lange Sicht stets durchsetzen, und zwar unabhängig von den Tageslaunen des Kapitalmarkts. Mit einer Ausnahme erklärt Schroeder sie alle: die kleinen Investments wie die großen, die skurrilen, die erfolgreichen wie auch die wenigen, die sich als Fehlschlag erweisen. Buffett folgt dabei nur seinen eigenen Regeln. Er hebt bewusst keine "Synergien", sondern lässt seine Unternehmen in Ruhe. Den Internet-Boom macht er nicht mit. Er ist ein früher Kritiker exzessiver Managementgehälter ohne Rückkopplung an die Werttreiber des Geschäfts.
Auch im Privaten gilt das Prinzip "Schneeball". Er arbeitet sich nach vorn. Geprägt durch eine schwierige Mutter-Sohn-Beziehung, wird Buffett als charmant, aber oft unsicher und latent konfliktscheu beschrieben. Paradoxerweise scheint dies seine Willensstärke sogar gestärkt zu haben. Aufmerksamkeit erringt er durch seinen Wortwitz, zuletzt etwa im Berkshire-Geschäftsbericht 2008, in dem er die Geschäftschancen seiner Versicherungstochter GEICO unter ihrem Chef Tony Nicely wie folgt beschreibt: "Tony und ich fühlen uns wie zwei hungrige Stechmücken im Nudistencamp - überall lockende Ziele."
Er verblüfft mit Lebensweisheit, mit klugen Analogien und akkuraten Vorhersagen. Berühmt ist etwa seine Feststellung im Geschäftsbericht 2005, wonach es sich bei Derivaten um "finanzielle Massenvernichtungswaffen" handele. Dass diese Waffen 2008 auch ihn in erheblichem Umfang getroffen haben, tut der Erkenntnis keinen Abbruch. Insgesamt überrascht es jedenfalls nicht, dass Buffett schon mit jungen Jahren Investitionen für Familie, Freunde und einen immer größer werdenden Kreis von Geldgebern verwaltet. Sie alle wurden durch ihn sehr reich.
Problematisch ist die Schwerpunktbildung des Werks. Während die Details auch kleinster Zukäufe liebevoll erklärt werden, bleibt die mit einem Volumen von 22 Milliarden Dollar mit Abstand größte Akquisition, der Erwerb des Rückversicherers General Re und deren deutscher Tochtergesellschaft Kölnische Rück im Jahre 1998, beinahe unerwähnt und komplett unerklärt. Nur mit den Verlusten, die General Re unmittelbar nach Erwerb offenlegen musste, ist dies nicht zu deuten. Irritieren müssen in dem Zusammenhang auch ihre herablassenden Worte über Ronald Ferguson, den langjährigen Chef der General Re und eine Autorität der Branche. Das Urteil aber insgesamt: sehr lesenswert, für Menschen mit einer Affinität für den "American Dream" jenseits seiner Glitzerfassaden. Wie so oft, ist die Originalversion der deutschen Übersetzung vorzuziehen.
CHRISTIAN LAWRENCE
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