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Comic-Figuren altern nie. Doch eines Morgens stellen Tintin-Lutin und Kapitän Schellfisch erschreckt fest, dass sie älter werden. Sie machen sich auf die Suche nach ihrem Schöpfer und entdecken hinter dem Mythos Hergé einen Womanizer und Strassenrowdy, der Werbeplakate von Faschisten illustrierte, antisemtische Cartoons für die Nazis zeichnete und nach dem Krieg wegen Kollaboration mit einem Berufsverbot und dem Verlust der Bürgerrechte belegt wurde. Der Autor ist mit Tintin aufgewachsen, seine Muttersprache ist französisch. Er hat alle Biographien und Interviews in der Originalsprache gelesen und mit über 150 Fussnoten und Quellenangaben aufgeführt.…mehr

Produktbeschreibung
Comic-Figuren altern nie. Doch eines Morgens stellen Tintin-Lutin und Kapitän Schellfisch erschreckt fest, dass sie älter werden. Sie machen sich auf die Suche nach ihrem Schöpfer und entdecken hinter dem Mythos Hergé einen Womanizer und Strassenrowdy, der Werbeplakate von Faschisten illustrierte, antisemtische Cartoons für die Nazis zeichnete und nach dem Krieg wegen Kollaboration mit einem Berufsverbot und dem Verlust der Bürgerrechte belegt wurde. Der Autor ist mit Tintin aufgewachsen, seine Muttersprache ist französisch. Er hat alle Biographien und Interviews in der Originalsprache gelesen und mit über 150 Fussnoten und Quellenangaben aufgeführt.
Autorenporträt
Claude Cueni, {_1956 in Basel) schrieb Romane, Psychothriller, Theaterstücke, Hörspiele und über 50 Drehbücher für Film und Fernsehen. Mit seinen vielfach übersetzten Romanbiographien über den Papiergeld Erfinder John Law (Das Grosse Spiel), Charles Henri Sanson (Der Henker von Paris), Gustave Eiffel (Giganten), die Entdeckung der Philippinen (Pacific Avenue) und die Dramatisierung des Gallischen Krieges (Cäsars Druide) hat er eine treue Leserschaft gefunden. Für seinen autobiographischen Bestseller «Script Avenue» erhielt er 2014 vom Schweizer Fersehen den »Golden Glory« für die emotionalste Geschichte des Jahres. 2016 strahlte der Sender eine Doku über ihn aus: «Selbstmitleid ist Zeitverschwendung». www.cueni.ch
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.02.2019

Altbekanntes aufgewärmt
Claude Cueni verdammt den Comic-Zeichner Hergé gleich zweimal

Alle Augen warten auf Hergé - all die kleinen Kreise, die im Comicwerk dieses Künstlers die Augen der Figuren darstellen. Es ist 1986, und Tintin-Lutin, Kapitän Schellfisch sowie ihr Hund Filou hoffen sehnlich auf ein neues Abenteuer, das ihnen der große Meister auf den Leib schreiben soll. Das Problem dabei: Der Zeichner Hergé ist seit drei Jahren tot, aber in einer Welt, in der der Tod der Hauptfiguren nicht vorgesehen ist, darf man sich nicht wundern, dass diese auch nicht ans Verscheiden ihres Schöpfers glauben wollen. Als er dann aber nicht auftaucht, macht sich das Trio, verstärkt durch die tölpelhaften Ermittler Léon und Alexis Pinkerton, auf die Suche nach seinem Erfinder Hergé.

Es wird keinem Leser, der jemals eines der "Tim & Struppi"-Alben des belgischen Zeichners (der in Wirklichkeit Georges Remi hieß) in der Hand hatte, schwerfallen, hinter den Namen der Akteure des Romans "Warten auf Hergé" dessen weltberühmte Figuren wiederzuerkennen. Der Schweizer Publizist Claude Cueni hat einen Schlüsselroman geschrieben, in dem alle Türen sperrangelweit offen stehen: Hier agieren natürlich Tim und Struppi, die im französischen Original Tintin und Milou heißen, und Kapitän Haddock (englisch für Schellfisch). Dass dem Namen Tintin noch "Lutin" angehängt wurde, liegt daran, dass Cueni in Benjamin Rabiers 1897 erfundener Knabencartoonfigur Tintin-Lutin das Vorbild sieht, von dem Hergé dann mehr als zwanzig Jahre später nur abgekupfert habe.

Cueni ist mit dem Ziel angetreten, den populären Mythos Hergés zum diesjährigen neunzigsten Geburtstag von "Tim & Struppi" zu zerstören. Deshalb hat er seinen Roman geschrieben, einen "parodierenden", wie der Untertitel verkündet. In dem allerdings mittels 143 Fußnoten alles, was da parodiert wird, nochmals eigens erläutert wird - Humor, der erklärt werden will, ist wenig komisch. Und um ganz auf Nummer Sicher zu gehen, schob Cueni in einem anderen Kleinverlag noch ein schmales Sachbuch hinterher: "90 Jahre Tim & Struppi - Comics für die Nazis". Das ist härterer Tobak als der auf Beckett anspielende Titel des Romans.

Wenn man Cueni folgt, dann wurde konsequent alles unterdrückt, was Hergé moralisch ins Zwielicht setzen konnte: seine Eitelkeit, die Ausbeutung der Mitarbeiter, eheliche Untreue und eben die Anbiederung des Zeichners an die deutschen Besatzer Belgiens im Zweiten Weltkrieg, vulgo Nazis. Nicht, dass irgendetwas davon unbekannt wäre, aber warum soll man negative Charaktereigenschaften nicht noch einmal betonen, wenn es um einen tatsächlich allseits als großen Künstler anerkannten Menschen geht? Nur möchte Cueni in einem Aufwasch auch die Leistungen Hergés kleinreden, doch dafür gibt es auch bei 143 Fußnoten wenig Anlass.

Die offensivere Option wäre eine großangelegte Studie zum - angeblich - verschwiegenen Teil des Lebens von Hergé gewesen. Die Verkleidung der Beweisführung im parodierenden Roman schadet aber nur. Vor allem deshalb, weil dies ein schwadronierender Roman ist, der keinen literarischen Stilwillen besitzt. Mit der Parodie kann man das nicht entschuldigen, selbst wenn man ihm eine Übersetzung von Hergés Comic-Erzählweise in Belletristik konzedieren könnte (was man nicht kann, weil es nur Burleskes, nichts Abenteuerliches in "Warten auf Hergé" gibt). Die Parodie auf einen Comic müsste selbst gezeichnet sein, aber das war aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Selbst das Titelbild lässt ja nur insofern einen Rückschluss auf Hergé zu, als dass es von Edward Hopper stammt, dem Cueni im Roman bescheinigt, "seiner Frau gegenüber genauso gefühllos" und ein Egomane gewesen zu sein wie Hergé (wozu erstaunlicherweise die Fußnote fehlt).

Vollends als manischer Aufklärer längst bekannter Sachverhalte erweist sich Cueni dann in dem kleinen Essaybändchen, das noch einmal zusammenträgt, was der Roman schon gegen Hergé vorbringt, hier um die "parodierende" Handlung bereinigt, aber sonst bis in die Formulierung der Vorwürfe identisch. Hergé war sicher kein braver Mensch, und die Stiftung, die seinen Nachlass verwaltet, ist nicht eben eine Speerspitze des offenen Diskurses (deshalb gibt es in beiden Büchern kein einziges "Tim & Struppi"-Bild), aber weder Werk noch Schöpfer haben eine solche doppelte Damnatio verdient. Immer noch besser gut geklaut als schlecht parodiert.

ANDREAS PLATTHAUS

Claude Cueni: "Warten auf Hergé". Ein parodierender Roman für Erwachsene.

Münster Verlag, Basel 2018. 213 S., geb., 21,- [Euro].

Claude Cueni: "90 Jahre Tim & Struppi".

Comics für die Nazis.

Script Avenue Publishing, Basel 2018. 63 S., 2 Abb., br., 6,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Gleich mit zwei Bänden ist Claude Cueni angetreten, den "Mythos Hergé" zu entzaubern, weiß Rezensent Andreas Platthaus und findet das Ergebnis mindestens fragwürdig. Dass der belgische Zeichner eitel war, seine Mitarbeiter ausbeutete, seine Frau betrog und sich den Nazis andiente, weiß der Kritiker längst. Dass Cueni in seinem "parodierenden Roman", in dem sich Tim, Struppi und Kapitän Haddock, von Cueni nur notdürftig entfremdet, auf die Suche nach Hergé begeben, die Verdienste Hergés gleich miterledigen will, findet der Rezensent ärgerlich. Der mühsame Humor, den der Autor in 143 Fußnoten auch noch erklärt, und der Mangel an sprachlichem Stil machen es nicht besser, meint er. Und auch dem von Cueni unter dem Titel "90 Jahre Tim und Struppi" herausgegebenen Sachbuch zum Thema kann Platthaus nichts abgewinnen.

© Perlentaucher Medien GmbH