Warum wenden sich junge Erwachsene, also Männer und Frauen zwischen 18 und 35 Jahren, vom christlichen Glauben ab? Gibt es Motive oder Erfahrungen, die alle oder viele von ihnen gemeinsam haben? Und wenn es sie gibt, können diese Erkenntnisse Christen und Gemeinden dabei helfen, entsprechende
„Gegenmaßnahmen“ zu ergreifen?
Dies sind im Prinzip die zentralen Fragen, mit denen die…mehrWarum wenden sich junge Erwachsene, also Männer und Frauen zwischen 18 und 35 Jahren, vom christlichen Glauben ab? Gibt es Motive oder Erfahrungen, die alle oder viele von ihnen gemeinsam haben? Und wenn es sie gibt, können diese Erkenntnisse Christen und Gemeinden dabei helfen, entsprechende „Gegenmaßnahmen“ zu ergreifen?
Dies sind im Prinzip die zentralen Fragen, mit denen die sozialwissenschaftlichen Forscher Faix, Hoffmann und Künkler sich im Rahmen einer qualitativen befasst haben. Und die Ergebnisse sind teils erschreckend und verstörend, aber auch Mut machend und vielversprechend. Um es ein Stück weit vorwegzunehmen: Eine klassische Dekonversion, also Ent-kehrung, gibt es nicht, aber die Forscher haben im Rahmen ihrer Studie eine Reihe von Typen benennen können, denen tatsächlich ähnliche Motive und Erfahrungen zugrunde liegen. Und das Wissen um diese Motive und Erfahrungen kann meiner Meinung nach in der Tat einzelnen Christen und auch Gemeinden und Kirchen dabei unterstützen, einen Rahmen dafür zu schaffen, dass zumindest weniger junge Erwachsene den Glauben verlieren.
Da dieses Thema bisher in Deutschland noch wenig erforscht wurde, betraten die Wissenschaftler vom Institut Empirica mit dieser Studie Neuland. Zu Beginn beleuchten sie bereits vorhandene Studien, die sich konkret oder am Rande mit Dekonversion im In- und Ausland befassen. Im Anhang erläutern sie das konkrete methodische Vorgehen der Studie und stellen sowohl den verwendeten Fragebogen der Online-Befragung vor, der als erstes Kontaktmittel diente, und den später benutzten Leitfaden für die Interviews mit freiwilligen „Entkehrten“. Im Hauptteil gehen sie ausführlich auf die Ergebnisse der Interviews ein und stellen acht Lebensgeschichten in den Mittelpunkt, die exemplarisch für die verschiedenen Typen stehen.
Eine große Stärke der Studie ist, dass sie an vielen Stellen die Interviewauszüge für sich sprechen lässt und die Aussagen der Probanden sehr ernst nimmt. Dabei reflektieren die Forscher immer wieder sowohl ihr eigenes Vorgehen als auch die Erfahrungen mit und in Gemeinden. Da ich selbst ausgebildete Soziologin bin, kann ich sagen: Die Studie ist fundiert, schlüssig und stringent aufgebaut. Sie erfüllt auch durch ihre kritische Selbstreflexion daher alle Anforderungen, die eine gute qualitative Studie erfüllen muss und ist eine solide wissenschaftliche Arbeit, die auch in jedem soziologischen Fachverlag hätte erscheinen können. Dass sie bei einem christlichen Verlag erscheint, hat wohl in erster Linie den Grund, dass dieser auch als Auftraggeber der Studie fungierte, ist aber in meinen Augen nicht von Nachteil, da sie so eine Zielgruppe erreicht, die direkt von den Ergebnissen profitieren kann:
Die Denkanstöße für Christen und Gemeinden, die das 4. Kapitel liefert, sind es definitiv wert, von jedem Gemeinde-, Jugend- und Hauskreisleiter gelesen zu werden! Manches wird sicherlich erschüttern und zum Umdenken führen, anderes die eigenen Erfahrungen und Vermutungen über Dekonversion bestätigen (so ging es mir zumindest). Ich kann „Warum ich nicht mehr glaube“ daher ohne Einschränkungen empfehlen!
Mein einziger Kritikpunkt betrifft eher eine Formalie: Das Buch ist zwar sehr logisch aufgebaut, aber durch die vielen Unterkapitel verliert man leider manchmal den Überblick. Ich hätte es gut gefunden, wenn wie bei wissenschaftlichen Arbeiten üblich die Unterkapitel entsprechend durchnummeriert gewesen wären.