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Mit dem Umzug von Bundestag und Bundesregierung an die Spree ist Berlin endgültig Hauptstadt. Jetzt würden wir gerne mehr über die regionalpolitischen Folgen dieser Hauptstadtrolle wissen: Wird diese Rolle Berlin zugute kommen? Und wird ihr Verlust Bonn schaden? Die Versuchung ist groß, einen Blick auf andere Staaten zu werfen. Er zeigt, dass Hauptstädte in der Regel die größte Stadt ihres Landes sind - prominenten Ausnahmen wie etwa Ankara und Brasilia zum Trotz. Sollen wir also die Dominanz der Hauptstadt im nationalen Städtesystem als einen mittelbaren Hinweis auf positive Impulse der…mehr

Produktbeschreibung
Mit dem Umzug von Bundestag und Bundesregierung an die Spree ist Berlin endgültig Hauptstadt. Jetzt würden wir gerne mehr über die regionalpolitischen Folgen dieser Hauptstadtrolle wissen: Wird diese Rolle Berlin zugute kommen? Und wird ihr Verlust Bonn schaden? Die Versuchung ist groß, einen Blick auf andere Staaten zu werfen. Er zeigt, dass Hauptstädte in der Regel die größte Stadt ihres Landes sind - prominenten Ausnahmen wie etwa Ankara und Brasilia zum Trotz. Sollen wir also die Dominanz der Hauptstadt im nationalen Städtesystem als einen mittelbaren Hinweis auf positive Impulse der Hauptstadtrolle verstehen?

Diese Frage steht im Mittelpunkt der Arbeit. Im theoretischen Teil der Arbeit stellt der Autor verschiedene "Lokomotivmechanismen" vor, die der Hauptstadtrolle tatsächlich positive Impulse für die Entwicklung der Hauptstadt zuschreiben. Solche positiven Impulse schlagen sich langfristig in Zuwanderung aus der Peripherie des Landes nieder.

Der empirische Teil der Arbeit soll zeigen, ob diese Lokomotivmechanismen das Wachstum von Hauptstädten erklären können. Dabei sind drei methodische Probleme zu lösen. Erstens könnten Hauptstädte heute groß sein, weil sie schon vor ihrer "Krönung" zur Hauptstadt groß waren. Zweitens könnten Hauptstädte zwar seit ihrer Krönung zur größten Stadt ihres Landes aufgestiegen sein. Aber sie könnten ja auch trotz - und nicht etwa wegen - ihrer Hauptstadtrolle gewachsen sein. Und drittens: Selbst wenn die Hauptstadtfunktion positive Impulse auf die Hauptstadt ausübt, müssen diese nicht unbedingt auch für Berlin gelten: Das Wachstum von Hauptstädten in der dritten Welt etwa hat andere Ursachen als das von Hauptstädten in der industrialisierten Welt.

Um diesen methodischen Problemen des internationalen Querschnittvergleichs aus dem Weg zu gehen, machen wir uns ein natürliches Experiment zunutze, in dem wir die Rahmenbedingungen genauer kontrollieren können. In den 70er Jahren fanden in Westdeutschlanddie Kreisgebietsreformen statt. Im Zuge dieser Reformen verlor etwa die Hälfte der alten Kreissitze ihre Kreissitzeigenschaft, die andere Hälfte behielt sie. Wir vergleichen die Beschäftigungsentwicklung der darauffolgenden Jahre in den "Noch-Kreissitzen" mit der in den "Nicht-mehr-Kreissitzen". Und wir diskutieren, ob die Ergebnisse zur regionalen Hauptstadteigenschaft auf "echte" Hauptstädte wie Berlin und Bonn übertragbar sind.

In dem so markierten Spielfeld finden weitere, verwandte Fragestellungen Platz. Dazu zählt die Frage nach möglichen Crowding-Out-Effekten der Hauptstadtfunktion, der Wettbewerb der Städte um die Hauptstadtrolle und die Rolle des Föderalismus für die Stellung der Hauptstadt.

Die Arbeit wurde ausgezeichnet mit dem August-Lösch-Preis für Regionalwissenschaften 1998 der Stadt Heidenheim (Brenz).
Autorenporträt
Kristof Dascher, geb. 1967 in Marburg; Studium der Volkswirtschaftslehre in Heidelberg, Paris und Bonn; 1998 Promotion in Frankfurt (Oder); 1999/2000 Postdoc in Dublin; 2005 Habilitation in Frankfurt (Oder); Professor of Economics am Touro College Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Es gibt einfache Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt. "Warum sind Hauptstädte so groß?" ist so eine Frage. Eben dieser Frage geht Kristof Dascher in seiner nun vorliegenden Dissertation laut Rezensent Ernst Horst nach. Wie Horst referiert, gibt es für den Sachverhalt, dass die Hauptstadt eines Landes zumeist dessen größte Stadt und in der Regel mehr als doppelt so groß wie die zweitgrößte, zwei plausible Erklärungen: erstens die "Lokomotivthese": Danach wächst die Hauptstadt schneller als andere Städte im Land und ist deshalb nach einiger Zeit die größte, selbst wenn sie vielleicht mit nicht viel mehr als einer Würstchenbude angefangen hat. Zweitens die "Krönungsthese": Die größten Städte ziehen die Hauptstadtrolle erfolgreich an sich. Wobei sich, so Horst, beide Szenarien natürlich nicht ausschließen. Ausgehend von diesen beiden Modellen kommt Dascher nach Auskunft des Rezensenten zu einer Reihe von Antworten auf seine Eingangsfrage. Anhand der "Lokomotivthese" zeige Dascher, dass sich eine Hauptstadt langfristig auf die Produktion von Hauptstadtgut spezialisieren werde, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Einkommensteuersatz und der Hauptstadtgröße gebe, und dass ein neu erworbener Hauptstadtstatus einen positiven Einfluss auf das Bevölkerungswachstum habe. Hinter diesen Prognosen sieht Horst zwar "stark idealisierte Annahmen", die Dascher im empirischen Teil seiner Arbeit allerdings zum Teil belegen könne. Fazit des Rezensenten: Herauszufinden, dass es auf eine einfache Frage keine einfache Antworte gibt, könne "auch sehr verdienstvoll sein".

© Perlentaucher Medien GmbH
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