Von Kopf bis Fuß - eine spannende Entdeckungsreise durch den menschlichen Körper
Was geschieht im Körper, wenn wir erröten, wenn wir lachen oder Durst bekommen? Wie funktionieren Riechen, Hören, Schmecken und die Anziehung der Geschlechter? Der Physiologe Rudolf E. Lang rückt in seinem vergnüglichen und allgemeinverständlichen ABC des menschlichen Körpers den biologischen Grundlagen so nah und wahrheitsgetreu wie möglich zu Leibe. Das Buch betritt im ersten Kapitel den Körper durch dessen obere Öffnung (Atemholen) und verläßt ihn - mit Anstand - im letzten über jene an seinem unteren Ende (Zusammenkneifen). Doch erwartet den Leser hier kein systematisches Lehrbuch, sondern eine spannende Entdeckungsreise durch den menschlichen Körper.
Was geschieht im Körper, wenn wir erröten, wenn wir lachen oder Durst bekommen? Wie funktionieren Riechen, Hören, Schmecken und die Anziehung der Geschlechter? Der Physiologe Rudolf E. Lang rückt in seinem vergnüglichen und allgemeinverständlichen ABC des menschlichen Körpers den biologischen Grundlagen so nah und wahrheitsgetreu wie möglich zu Leibe. Das Buch betritt im ersten Kapitel den Körper durch dessen obere Öffnung (Atemholen) und verläßt ihn - mit Anstand - im letzten über jene an seinem unteren Ende (Zusammenkneifen). Doch erwartet den Leser hier kein systematisches Lehrbuch, sondern eine spannende Entdeckungsreise durch den menschlichen Körper.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.10.2004Das Rot der Ohren
Rudolf Langs kleines Brevier der Körperfunktionen
So vielgestaltig das menschliche Ohr daherkommt, bestimmte Windungen und Wölbungen bleiben stets charakteristisch. Schließlich taugen sie nicht bloß, um Kopfhörer einzuklinken und Piercings zu platzieren. Wie das markante Design der Ohren zum Orten von Schallquellen beiträgt, erfährt man bei Rudolf Lang, Professor für Physiologie und Pathophysiologie an der Universität Marburg: Dank ihrer sonderbar verschnörkelten Form leitet die Ohrmuschel nur einen Teil der Schallwellen direkt zum Gehörgang. Der andere Teil muss zunächst am Rand der Ohrmuschel entlangwandern. Und je nach dem, aus welcher Richtung die Schallwellen eintreffen, ist dieser Weg unterschiedlich lang. Damit ändert sich der zeitliche Abstand zu den Schallwellen, die ohne Umweg ins Ohr gehen. Im Innenohr registriert und im Gehirn verarbeitet, erlauben solche Unterschiede im Bereich von Mikrosekunden einen Hörgenuss mit Stereo-Effekt.
Gut durchblutet sind die Ohrmuscheln auch nützlich, um überschüssige Körperwärme loszuwerden. Rot bis über beide Ohren wird freilich nicht nur, wer sich beim Joggen erhitzt. Was uns emotional nicht kalt lässt, kann diese Reaktion ebenso auslösen. Auf jeden Fall stecken Nervenbahnen dahinter, die sich willkürlichem Einfluss entziehen. Sie zählen zu jenem Teil des Nervensystems, der sich Routineaufgaben wie Atmung, Herzschlag und Verdauung widmet. So ist dafür gesorgt, dass der gesamte Betrieb flexibel reagiert und sich jeweils auf die aktuelle Lage einstellt. Ein bewährtes Verfahren, wenngleich es das Risiko birgt, mitunter wenig cool dazustehen.
In seinem Alphabet der Körperfunktionen widmet sich Rudolf Lang auch der molekularen Ebene. Einschlägige Details sind unter E wie Erröten zu finden. Allerdings macht es der Autor seinen Lesern nicht immer leicht. Zwar beginnt er stets mit launigen Formulierungen, die eine kurzweilige Lektüre versprechen. Doch nicht selten verfällt er früher oder später in einen professoral-gewichtigen Ton mit Anklängen an ein gediegenes Amtsdeutsch. Warum zum Beispiel nicht „Arme” statt „obere Extremitäten”? Kein Fachgebiet ohne Fachjargon, gegenüber fachfremdem Publikum dürfte sich jedoch eine sparsame Dosierung empfehlen. Vielleicht wäre weniger ohnehin mehr: Weniger Details über neuronale Verschaltungen, Neurotransmitter und Ionen-Kanäle in Zellmembranen, dafür genauer herausgearbeitet, wie die Geschichte im Prinzip funktioniert.
Komplexe Zusammenhänge prägnant darzustellen, wäre wohl der Mühe wert. Denn zweifellos weiß der Autor so manches zu berichten, was nicht in den Schulbüchern steht. Dass er den aktuellen Wissensstand einfließen lässt, belegen entsprechende Quellenhinweise. Außerhalb seines Fachgebiets bewegt er sich bisweilen jedoch auf einem anderen Niveau. So erfährt man beispielsweise zum Mienenspiel: „Guter Falten erfreuen sich im fortgeschrittenen Alter diejenigen Menschen, die zeitlebens auch bei bösem Spiel gute Miene bewahrten. Böse Falten bleiben bei denen stehen, die im Verlauf ihres Lebens vorwiegend böse waren.”
Wenn es denn so einfach wäre. Auch bei Ausflügen in die Biologie nimmt es der Medizinprofessor nicht gar so genau. Die Entwicklungsgeschichte der Wirbeltiere präsentiert er in „einigen skurrilen Szenen mit Übungen des aufrechten Gangs sowie Bildern unsicher grinsender Kriechtiere auf ihrem ersten Landgang”. Eigenwillig scheint auch die Einschätzung Johann Wolfgang von Goethes als „Vordenker Darwinscher Theorien”. Das vielbesungene Veilchen, um das es in diesem Zusammenhang geht, zeigt übrigens nicht „die Fähigkeit, in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur seine Farbe zu wechseln”. Als Thermometer taugt es ebenso wenig wie ein „Veilchen”, das einem Faustschlag entsprossen ist. Wie sich dieser entwichene Blutfarbstoff verändert, wird eingehend unter die Lupe genommen. Beim nächsten Missgeschick weiß der Leser, warum der blaue Fleck erst nach buntem Farbenspiel verblasst.
DIEMUT KLÄRNER
RUDOLF E. LANG: Warum Tränen salzig schmecken. Kleines Brevier der Körperfunktionen. C.H. Beck Verlag, München 2004. 160 Seiten, 9,90 Euro.
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Rudolf Langs kleines Brevier der Körperfunktionen
So vielgestaltig das menschliche Ohr daherkommt, bestimmte Windungen und Wölbungen bleiben stets charakteristisch. Schließlich taugen sie nicht bloß, um Kopfhörer einzuklinken und Piercings zu platzieren. Wie das markante Design der Ohren zum Orten von Schallquellen beiträgt, erfährt man bei Rudolf Lang, Professor für Physiologie und Pathophysiologie an der Universität Marburg: Dank ihrer sonderbar verschnörkelten Form leitet die Ohrmuschel nur einen Teil der Schallwellen direkt zum Gehörgang. Der andere Teil muss zunächst am Rand der Ohrmuschel entlangwandern. Und je nach dem, aus welcher Richtung die Schallwellen eintreffen, ist dieser Weg unterschiedlich lang. Damit ändert sich der zeitliche Abstand zu den Schallwellen, die ohne Umweg ins Ohr gehen. Im Innenohr registriert und im Gehirn verarbeitet, erlauben solche Unterschiede im Bereich von Mikrosekunden einen Hörgenuss mit Stereo-Effekt.
Gut durchblutet sind die Ohrmuscheln auch nützlich, um überschüssige Körperwärme loszuwerden. Rot bis über beide Ohren wird freilich nicht nur, wer sich beim Joggen erhitzt. Was uns emotional nicht kalt lässt, kann diese Reaktion ebenso auslösen. Auf jeden Fall stecken Nervenbahnen dahinter, die sich willkürlichem Einfluss entziehen. Sie zählen zu jenem Teil des Nervensystems, der sich Routineaufgaben wie Atmung, Herzschlag und Verdauung widmet. So ist dafür gesorgt, dass der gesamte Betrieb flexibel reagiert und sich jeweils auf die aktuelle Lage einstellt. Ein bewährtes Verfahren, wenngleich es das Risiko birgt, mitunter wenig cool dazustehen.
In seinem Alphabet der Körperfunktionen widmet sich Rudolf Lang auch der molekularen Ebene. Einschlägige Details sind unter E wie Erröten zu finden. Allerdings macht es der Autor seinen Lesern nicht immer leicht. Zwar beginnt er stets mit launigen Formulierungen, die eine kurzweilige Lektüre versprechen. Doch nicht selten verfällt er früher oder später in einen professoral-gewichtigen Ton mit Anklängen an ein gediegenes Amtsdeutsch. Warum zum Beispiel nicht „Arme” statt „obere Extremitäten”? Kein Fachgebiet ohne Fachjargon, gegenüber fachfremdem Publikum dürfte sich jedoch eine sparsame Dosierung empfehlen. Vielleicht wäre weniger ohnehin mehr: Weniger Details über neuronale Verschaltungen, Neurotransmitter und Ionen-Kanäle in Zellmembranen, dafür genauer herausgearbeitet, wie die Geschichte im Prinzip funktioniert.
Komplexe Zusammenhänge prägnant darzustellen, wäre wohl der Mühe wert. Denn zweifellos weiß der Autor so manches zu berichten, was nicht in den Schulbüchern steht. Dass er den aktuellen Wissensstand einfließen lässt, belegen entsprechende Quellenhinweise. Außerhalb seines Fachgebiets bewegt er sich bisweilen jedoch auf einem anderen Niveau. So erfährt man beispielsweise zum Mienenspiel: „Guter Falten erfreuen sich im fortgeschrittenen Alter diejenigen Menschen, die zeitlebens auch bei bösem Spiel gute Miene bewahrten. Böse Falten bleiben bei denen stehen, die im Verlauf ihres Lebens vorwiegend böse waren.”
Wenn es denn so einfach wäre. Auch bei Ausflügen in die Biologie nimmt es der Medizinprofessor nicht gar so genau. Die Entwicklungsgeschichte der Wirbeltiere präsentiert er in „einigen skurrilen Szenen mit Übungen des aufrechten Gangs sowie Bildern unsicher grinsender Kriechtiere auf ihrem ersten Landgang”. Eigenwillig scheint auch die Einschätzung Johann Wolfgang von Goethes als „Vordenker Darwinscher Theorien”. Das vielbesungene Veilchen, um das es in diesem Zusammenhang geht, zeigt übrigens nicht „die Fähigkeit, in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur seine Farbe zu wechseln”. Als Thermometer taugt es ebenso wenig wie ein „Veilchen”, das einem Faustschlag entsprossen ist. Wie sich dieser entwichene Blutfarbstoff verändert, wird eingehend unter die Lupe genommen. Beim nächsten Missgeschick weiß der Leser, warum der blaue Fleck erst nach buntem Farbenspiel verblasst.
DIEMUT KLÄRNER
RUDOLF E. LANG: Warum Tränen salzig schmecken. Kleines Brevier der Körperfunktionen. C.H. Beck Verlag, München 2004. 160 Seiten, 9,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Diemut Klärner ist durchaus interessiert daran, was Rudolf E. Lang, seines Zeichens Professor für Physiologie und Pathophysiologie, über Körperfunktionen zu erzählen hat. Schließlich ist es ja ebenso interessant wie amüsant, zu erfahren, warum man manchmal rote Ohren kriegt oder wieso blaue Flecken irgendwann gelb werden - zumal solche Dinge nach Erfahrung des Rezensenten oft nicht in Schulbüchern stehen. Doch richtig zufrieden ist er mit dem Ergebnis von Langs Arbeit nicht, ihn stört der "Fachjargon" und der "professoral-gewichtige Ton": Deshalb wünscht er sich: "weniger Details über neuronale Verschaltungen, Neurotransmitter und Ionen-Kanäle in Zellmembranen, dafür genauer herausgearbeitet, wie die Geschichte im Prinzip funktioniert". Auch wenn der Autor sein Fachgebiet verlässt und sich an anderen Wissenschaftsbereichen, der Biologie oder Philosophie versucht, geht das nach Klärners Meinung manchmal ganz schön ins Auge: So wird beispielsweise Johann Wolfgang von Goethe zum "Vordenker Darwinscher Theorien".
© Perlentaucher Medien GmbH
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