»Ein Juwel von einem Buch, eine Hymne aufs Wasser und unseren Platz darin.«
James Nestor, Autor des SPIEGEL-Bestsellers »Breath. Atem«
Unsere Vorfahren schwammen, um zu überleben. Heute schwimmen wir in arktischen Gewässern und durchqueren breite Kanäle, weil wir die Herausforderung mögen. Schwimmen ist ein ruhiger und meditativer Sport in einer chaotischen Zeit. Schwimmen ist gesund, gemeinschaftsfördernd, existenziell. Jeder Mensch sollte es können.
Ob ein Schwimmclub im ehemaligen Palastbad Saddam Husseins in Bagdad, moderne Samurai-Schwimmer in Japan, verpflichtender Schwimmunterricht vollständig bekleidet in den Niederlanden, ein isländischer Fischer, dessen Physis einer Robbe gleicht, die ersten öffentlichen Schwimmbäder in Chicago und New York oder die Bajau-Seenomaden von Malaysia, deren Kinder es schon schaffen, bis zu 70 Meter in die Tiefe zu tauchen, ohne einmal Luft holen zu müssen.
Mit ihren kurzweiligen und wissenswerten Portraits über weltweite Schwimmkultur lässt uns die Literaturwissenschaftlerin und ehemalige Leistungsschwimmerin Bonnie Tsui tief abtauchen in die faszinierende Welt des Wassers, die uns nicht nur körperlich, sondern auch geistig und emotional bereichert.
James Nestor, Autor des SPIEGEL-Bestsellers »Breath. Atem«
Unsere Vorfahren schwammen, um zu überleben. Heute schwimmen wir in arktischen Gewässern und durchqueren breite Kanäle, weil wir die Herausforderung mögen. Schwimmen ist ein ruhiger und meditativer Sport in einer chaotischen Zeit. Schwimmen ist gesund, gemeinschaftsfördernd, existenziell. Jeder Mensch sollte es können.
Ob ein Schwimmclub im ehemaligen Palastbad Saddam Husseins in Bagdad, moderne Samurai-Schwimmer in Japan, verpflichtender Schwimmunterricht vollständig bekleidet in den Niederlanden, ein isländischer Fischer, dessen Physis einer Robbe gleicht, die ersten öffentlichen Schwimmbäder in Chicago und New York oder die Bajau-Seenomaden von Malaysia, deren Kinder es schon schaffen, bis zu 70 Meter in die Tiefe zu tauchen, ohne einmal Luft holen zu müssen.
Mit ihren kurzweiligen und wissenswerten Portraits über weltweite Schwimmkultur lässt uns die Literaturwissenschaftlerin und ehemalige Leistungsschwimmerin Bonnie Tsui tief abtauchen in die faszinierende Welt des Wassers, die uns nicht nur körperlich, sondern auch geistig und emotional bereichert.
Spannend und kurzweilig, klug und amüsant erzählt. Christine Westermann WDR 5 Bücher 20240426
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.10.2022Abgründe
Bonnie Tsui über die Frage, warum wir schwimmen
Grundsätzlich ist es so: Wer aufhört zu laufen, bleibt stehen. Wer aufhört zu schwimmen, hat ein Problem. Die Frage, warum wir schwimmen, ist existenziell. Die Antwort kann nur geben, wer schwimmt. Wer nicht schwimmt, ertrinkt sicher. Wer schwimmt, überlebt vielleicht. Guðlaugur Friðþórsson war am 11. März 1984 mit der Besatzung des Fischtrawlers Hellisey VE 503 vor der Küste der isländischen Westmännerinseln gekentert. Zwei Männer ertranken sofort, drei begannen zu schwimmen. Die Küste war sechs Kilometer entfernt, das Wasser des Nordatlantiks fünf Grad Celsius kalt. Friðþórsson schaffte es. Seither ist er als "Seehund-Mann" bekannt. Die Fettschicht seines Körpers, zwei bis dreimal dicker als beim Durchschnitt der Bevölkerung, hatte ihn isoliert. Und bevor sich die Jogger beschweren: Auch der aufrechte Gang rettet bisweilen Leben. Friðþórsson musste, nachdem er aus dem Atlantik auf seiner Heimatinsel Heimaey an Land geklettert war, mehr als einen Kilometer über ein erkaltetes Lavafeld durch die frostige Winterluft in seinen Heimatort laufen. Stillstand hätte den Tod bedeutet.
Bonnie Tsui erzählt die Geschichte des isländischen Fischers gleich zu Beginn ihres Buches "Warum wir schwimmen", und sie zieht sich als ein roter Faden durch das Werk, als Schwimmleine. Tsui fliegt nach Island, um mit Friðþórsson zu sprechen, was der - mit dem Unwillen eines Mannes, der meint, auch die unglaublichsten Geschichten sollten nicht zu oft erzählt werden - auch tut. Und Tsui schwimmt, nimmt teil am Guðlaugsund, bei dem am Jahrestag des Unglücks die Bewohner von Heimaey sechs Kilometer schwimmen - im Schwimmbad, nicht im Atlantik. Nirgends gibt es mehr Schwimmbäder im Verhältnis zur Einwohnerzahl. Die Isländer wissen: Das Wasser um sie herum ist tief, dunkel und kalt.
Bonnie Tsui schwimmt für ihr Buch nicht nur in Island, sie schwimmt auch in der Bucht vor San Francisco und in Japan. Zehn Jahre lang war sie Schwimmerin auf Leistungssportniveau. Sie springt ein bisschen zu schnell von Ort zu Ort, ein bisschen wie ein von der Brandung polierter Kiesel, wenn er von Kinderhand über die Wasseroberfläche hüpft. Das lässt ihren Recherchen nicht die Zeit, tatsächliche Tiefe zu gewinnen, wie es zum Beispiel vor einigen Jahren der Kanadierin Leanne Shapton mit ihren "Swimming Studies" (deutsche Ausgabe "Bahnen ziehen") gelungen ist. Im Wasser kommt der Mensch schnell zu sich. Die Gedanken fließen. Oft genug tun sich dann die wahren Abgründe auf. Tsui erkennt das, spricht es an - und gleitet weiter. Dass sie im Unterricht, den ein amerikanischer Schwimmlehrer im Pool des gestürzten irakischen Diktators Saddam Hussein dem internationalen Begleitpersonal der amerikanischen Invasoren gibt, die "Vereinten Nationen im Kleinen" entdeckt, offenbart diese Oberflächlichkeit. Der Sport heilt nicht jedes Unrecht, nicht erst seit diesem Jahr. Dass aber auch Krieger schwimmen müssen, um nicht zu ertrinken, erklärt Tsui im besten Teil ihres Buches, beim Besuch in Japan. Aus der Kunst der Samurai, in ihren Rüstungen zu schwimmen, entwickelte sich die Kunst des Nihon eiho, des klassischen japanischen Schwimmens. Das Schweben des Körpers im Wasser führt zur Gelassenheit des Geistes. Das, bekommt Tsui erklärt, sei der eigentliche Grund, der den Mensch zurück ins Wasser treibt. chwb.
Bonnie Tsui :
Warum wir schwimmen
Verlagsgruppe
HarperCollins 2022, 320 Seiten, 22 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Bonnie Tsui über die Frage, warum wir schwimmen
Grundsätzlich ist es so: Wer aufhört zu laufen, bleibt stehen. Wer aufhört zu schwimmen, hat ein Problem. Die Frage, warum wir schwimmen, ist existenziell. Die Antwort kann nur geben, wer schwimmt. Wer nicht schwimmt, ertrinkt sicher. Wer schwimmt, überlebt vielleicht. Guðlaugur Friðþórsson war am 11. März 1984 mit der Besatzung des Fischtrawlers Hellisey VE 503 vor der Küste der isländischen Westmännerinseln gekentert. Zwei Männer ertranken sofort, drei begannen zu schwimmen. Die Küste war sechs Kilometer entfernt, das Wasser des Nordatlantiks fünf Grad Celsius kalt. Friðþórsson schaffte es. Seither ist er als "Seehund-Mann" bekannt. Die Fettschicht seines Körpers, zwei bis dreimal dicker als beim Durchschnitt der Bevölkerung, hatte ihn isoliert. Und bevor sich die Jogger beschweren: Auch der aufrechte Gang rettet bisweilen Leben. Friðþórsson musste, nachdem er aus dem Atlantik auf seiner Heimatinsel Heimaey an Land geklettert war, mehr als einen Kilometer über ein erkaltetes Lavafeld durch die frostige Winterluft in seinen Heimatort laufen. Stillstand hätte den Tod bedeutet.
Bonnie Tsui erzählt die Geschichte des isländischen Fischers gleich zu Beginn ihres Buches "Warum wir schwimmen", und sie zieht sich als ein roter Faden durch das Werk, als Schwimmleine. Tsui fliegt nach Island, um mit Friðþórsson zu sprechen, was der - mit dem Unwillen eines Mannes, der meint, auch die unglaublichsten Geschichten sollten nicht zu oft erzählt werden - auch tut. Und Tsui schwimmt, nimmt teil am Guðlaugsund, bei dem am Jahrestag des Unglücks die Bewohner von Heimaey sechs Kilometer schwimmen - im Schwimmbad, nicht im Atlantik. Nirgends gibt es mehr Schwimmbäder im Verhältnis zur Einwohnerzahl. Die Isländer wissen: Das Wasser um sie herum ist tief, dunkel und kalt.
Bonnie Tsui schwimmt für ihr Buch nicht nur in Island, sie schwimmt auch in der Bucht vor San Francisco und in Japan. Zehn Jahre lang war sie Schwimmerin auf Leistungssportniveau. Sie springt ein bisschen zu schnell von Ort zu Ort, ein bisschen wie ein von der Brandung polierter Kiesel, wenn er von Kinderhand über die Wasseroberfläche hüpft. Das lässt ihren Recherchen nicht die Zeit, tatsächliche Tiefe zu gewinnen, wie es zum Beispiel vor einigen Jahren der Kanadierin Leanne Shapton mit ihren "Swimming Studies" (deutsche Ausgabe "Bahnen ziehen") gelungen ist. Im Wasser kommt der Mensch schnell zu sich. Die Gedanken fließen. Oft genug tun sich dann die wahren Abgründe auf. Tsui erkennt das, spricht es an - und gleitet weiter. Dass sie im Unterricht, den ein amerikanischer Schwimmlehrer im Pool des gestürzten irakischen Diktators Saddam Hussein dem internationalen Begleitpersonal der amerikanischen Invasoren gibt, die "Vereinten Nationen im Kleinen" entdeckt, offenbart diese Oberflächlichkeit. Der Sport heilt nicht jedes Unrecht, nicht erst seit diesem Jahr. Dass aber auch Krieger schwimmen müssen, um nicht zu ertrinken, erklärt Tsui im besten Teil ihres Buches, beim Besuch in Japan. Aus der Kunst der Samurai, in ihren Rüstungen zu schwimmen, entwickelte sich die Kunst des Nihon eiho, des klassischen japanischen Schwimmens. Das Schweben des Körpers im Wasser führt zur Gelassenheit des Geistes. Das, bekommt Tsui erklärt, sei der eigentliche Grund, der den Mensch zurück ins Wasser treibt. chwb.
Bonnie Tsui :
Warum wir schwimmen
Verlagsgruppe
HarperCollins 2022, 320 Seiten, 22 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Ein Buch für alle, die den Gesang der Sirenen hören.« Bettina Cosack Berliner Zeitung 20220702