Ein Roman, der im Leben wühlt, ein Buch über die Leidenschaft fürs Schreiben, die Schönheit der Chance und die Liebe zur Literatur. Das literarische Debüt von Hilmar Klute (Streiflicht, SZ), voller Sätze, die man am liebsten immer wieder lesen möchte.
Ruhrgebiet, Mitte der achtziger Jahre: Volker Winterberg arbeitet als Zivildienstleistender im Seniorenheim und schreibt Gedichte. Er träumt davon, ein Dichter zu werden wie Peter Rühmkorf und die Leute von der Gruppe 47. Aber vorläufig muss er noch frühmorgens seine Alten für den Tag vorbereiten. Die übrige Zeit verbringt er trinkend, rauchend und schreibend in Kneipen, die Nächte öfter in fremden Betten.
Ein Kurztrip per Anhalter und ohne Geld nach Paris inspiriert ihn zu seinem bislang besten Gedicht, und dann gewinnt er die Teilnahme an einem Treffen für Nachwuchsschriftsteller in West-Berlin. In der geteilten Stadt lernt er Heiner Müller kennen, den jungen, eigentümlichen Dichter Thomas und vor allem Katja, die mit Volker Ausflüge an die Mauer macht und ihm nach seiner Rückkehr Liebesbriefe schreibt. Als Volker ein zweites Mal nach Berlin reist, beginnt ein turbulentes Abenteuer mit Katja und eine verwickelte Odyssee durch das alte West-Berlin.
Hilmar Klute schreibt in einer ganz eigenen, atmosphärisch dichten Sprache, und wie nebenbei erkundet er ein Panorama der deutschen Nachkriegsliteratur, wie man es noch nie gelesen hat.
"Vielleicht musste man so, exakt so leben! Mit durchgedrücktem Gaspedal, durchgedrücktem Zigarettenanzünder und immer eine Filterlose zwischen den Lippen, weil man weiß, dass der Tod eher an den Durchschnittlichen interessiert ist, die ohne großes Gezeter mit ihm kommen."
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Ruhrgebiet, Mitte der achtziger Jahre: Volker Winterberg arbeitet als Zivildienstleistender im Seniorenheim und schreibt Gedichte. Er träumt davon, ein Dichter zu werden wie Peter Rühmkorf und die Leute von der Gruppe 47. Aber vorläufig muss er noch frühmorgens seine Alten für den Tag vorbereiten. Die übrige Zeit verbringt er trinkend, rauchend und schreibend in Kneipen, die Nächte öfter in fremden Betten.
Ein Kurztrip per Anhalter und ohne Geld nach Paris inspiriert ihn zu seinem bislang besten Gedicht, und dann gewinnt er die Teilnahme an einem Treffen für Nachwuchsschriftsteller in West-Berlin. In der geteilten Stadt lernt er Heiner Müller kennen, den jungen, eigentümlichen Dichter Thomas und vor allem Katja, die mit Volker Ausflüge an die Mauer macht und ihm nach seiner Rückkehr Liebesbriefe schreibt. Als Volker ein zweites Mal nach Berlin reist, beginnt ein turbulentes Abenteuer mit Katja und eine verwickelte Odyssee durch das alte West-Berlin.
Hilmar Klute schreibt in einer ganz eigenen, atmosphärisch dichten Sprache, und wie nebenbei erkundet er ein Panorama der deutschen Nachkriegsliteratur, wie man es noch nie gelesen hat.
"Vielleicht musste man so, exakt so leben! Mit durchgedrücktem Gaspedal, durchgedrücktem Zigarettenanzünder und immer eine Filterlose zwischen den Lippen, weil man weiß, dass der Tod eher an den Durchschnittlichen interessiert ist, die ohne großes Gezeter mit ihm kommen."
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Eine wilde Mischung aus Roadmovie und Coming-Of-Age-Geschichte, in der die heimliche Hauptrolle aber die Sprache selbst spielt. (...) Schreiend komisch und mit viel Empathie geschrieben. Gesa Ufer radio eins
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.11.201811. Zurück zu Nicolas Born
Es ist eine an sich kleine, tatsächlich aber mit poetischer Verve daherkommende Geschichte, die Hilmar Klute in seinem Debütroman "Was dann nachher so schön fliegt" erzählt - und sie geht so: Der junge Lyriker Volker Winterberg, der in einem Altenheim im Ruhrpott der achtziger Jahre seinen Zivildienst ableistet, ersehnt nichts mehr, als mit seinen tief erfühlten Gedichten irgendwann zu den bundesdeutschen Dichtergrößen jener Jahre namens Nicolas Born, Ernst Meister oder Peter Rühmkorf aufzuschließen, die er verehrt wie andere berühmte Fußballstars. Und als ihn eine Einladung des Berliner Senats zu einem Treffen aufstrebender Jungliteraten erreicht, scheint seine Stunde gekommen.
Der von Winterberg vor allen anderen für seine Gedichte bewunderte Nicolas Born, der in Berlin lebte und schrieb, ehe er ins Wendland übersiedelte, wo er 1979 42-jährig starb, ist gerade mal ein paar Jahre tot, als er dort ankommt. Trotzdem kommt es ihm so vor, als hallten Fetzen von Borns Versen noch an jeder Straßenecke deutlich vernehmbar nach. "Einer aus dem Ruhrgebiet, wie ich. Er konnte die Welt berühren und in eine andere Möglichkeit verwandeln. Denn ging es nicht genau darum? Der Welt ähnlich zu sein und gleichzeitig abgewandt von ihr?"
So taucht der Neuankömmling welt- und poesiehungrig ein in jenes laboratoriumshafte Achtziger-Jahre-Berlin, das sich vor ihm auftut. Unbekümmert blendet Klute zwischen Winterbergs Alltag im Pflegeheim, wo dieser das komplette Alphabet des menschlichen Verfalls und Verlöschens lernt, und dessen Tagen in Berlin hin und her, in deren Zentrum die Begegnung mit Katja steht, dem Mädchen aus Jever, in dessen flüchtigen Umarmungen Winterberg eine Zeitlang Ablenkung findet.
Wie es der 1967 in Bochum geborene Klute, der 2015 die Ringelnatz-Biographie "War einmal ein Bumerang" geschrieben hat und als "Streiflicht"-Redakteur bei der "Süddeutschen Zeitung" arbeitet, dabei versteht, die Initiations- und Bildungsgeschichte seines Protagonisten zum Stimmungs- und Sittenbild der inzwischen doch sehr fernen achtziger Jahre mit ihren disparaten Sounds, Trends und politischen Backgrounds zu weiten, ist grandios. Denn natürlich sind derlei Erzählungen - junger Mann strebt fern der Heimat nach Verwirklichung - nicht eben neu. Doch schafft er es, in dem Kerl, der in der Kunst nach Entsprechung, Ausdruck und Freiheit sucht und Verse erdichten will, die den Launen der Moden dauerhaft trotzen, noch einmal die Sehnsucht ganzer Armeen vor ihm durch die Zeiten irrlichternder junger Dichterseelen zusammenzuführen, die einst genau wie er das Wort der Tat vorzogen - und die Dichtung über das Leben selbst erhoben. Und so fragt Winterberg sich, zutiefst von seiner Mission überzeugt: "Denn warum soll die Wirklichkeit einem Dichter vorschreiben, was zu tun ist? Der Schriftsteller ist viel stärker als die Wirklichkeit. Er ist der Einzige, der sie gegen sich selbst verwenden kann."
Als der ehemalige Essener Chemigraph Born 1979 in Breese in der Marsch bei Dannenberg starb, war Hilmar Klute gerade mal zwölf Jahre alt - und Borns wuchtige, haarscharf an der Realität entlang formulierten Romane und Gedichte ruhten längst vielbeachtet in der politisch aufgeheizten Landschaft der BRD jener Jahre. Zwischen den Zeilen seines Romans aber ersteht Born noch einmal für die Dauer der Lektüre plastisch vor uns auf. Denn genau besehen geht Klutes tief in der Historie des Ruhrgebiets wurzelnde Coming-of-Age-Geschichte wohl ebenso auf Born zurück, wie es dereinst die ersten Arbeiten Ralf Rothmanns taten, der sich in Interviews wiederholt auf Born als literarischen Fixpunkt und frühen Impulsgeber bezog. Wie der 1937 in Duisburg geborene Verfasser des ersten expliziten Medienromans der BRD, "Die Fälschung" von 1979, sind nämlich sowohl Klute als auch Rothmann Kinder des Ruhrpotts; Schriftsteller, die dort weitermachen, wo Born sich dereinst den Kohlestaub unter den Fingernägeln mit Gedichten wegschrieb. Während Rothmanns frühe Arbeiten "Messers Schneide", "Stier" oder "Wäldernacht" sich aber noch ganz aus ihrem ortsgebundenen Setting des Ruhrgebiets speisten und daraus erklärten, da entrollt Hilmar Klute in seinem Debüt nun eine Art "Sentimental Journey", indem er sein Buch als ein stürmisches Weg-und-Raus seines Alter Egos aus der einschnürenden Enge des Potts arrangiert.
Was seinem hochempfindsamen Dichterseelchen darüber während seines aufwühlenden Berlin-Abenteuers widerfährt, zählt in seinen satirischen Beschwörungen etwa von Tagungen der "Gruppe 47" mit ihren einstigen Protagonisten Martin Walser, Uwe Johnson oder Walter Jens zum Witzigsten, was sich gegenwärtig an deutscher Berlin-Roman-Prosa finden lässt. Denn Klute ist bei aller Verklärung seiner einstigen Dichterhelden Born, Ernst Meister, Jürgen Theobaldy oder Peter Rühmkorf ein Roman geglückt, der "das Leben" selbst feiert und erzählt. Jede Einzelepisode erscheint für sich genommen wie ein kleiner Lebensroman und jedes Einzelbild in seiner exquisiten Schönheit wie zum Rahmen gemacht.
Peter Henning
Hilmar Klute: "Was dann nachher so schön fliegt". Roman. Galiani, 368 Seiten, 22 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es ist eine an sich kleine, tatsächlich aber mit poetischer Verve daherkommende Geschichte, die Hilmar Klute in seinem Debütroman "Was dann nachher so schön fliegt" erzählt - und sie geht so: Der junge Lyriker Volker Winterberg, der in einem Altenheim im Ruhrpott der achtziger Jahre seinen Zivildienst ableistet, ersehnt nichts mehr, als mit seinen tief erfühlten Gedichten irgendwann zu den bundesdeutschen Dichtergrößen jener Jahre namens Nicolas Born, Ernst Meister oder Peter Rühmkorf aufzuschließen, die er verehrt wie andere berühmte Fußballstars. Und als ihn eine Einladung des Berliner Senats zu einem Treffen aufstrebender Jungliteraten erreicht, scheint seine Stunde gekommen.
Der von Winterberg vor allen anderen für seine Gedichte bewunderte Nicolas Born, der in Berlin lebte und schrieb, ehe er ins Wendland übersiedelte, wo er 1979 42-jährig starb, ist gerade mal ein paar Jahre tot, als er dort ankommt. Trotzdem kommt es ihm so vor, als hallten Fetzen von Borns Versen noch an jeder Straßenecke deutlich vernehmbar nach. "Einer aus dem Ruhrgebiet, wie ich. Er konnte die Welt berühren und in eine andere Möglichkeit verwandeln. Denn ging es nicht genau darum? Der Welt ähnlich zu sein und gleichzeitig abgewandt von ihr?"
So taucht der Neuankömmling welt- und poesiehungrig ein in jenes laboratoriumshafte Achtziger-Jahre-Berlin, das sich vor ihm auftut. Unbekümmert blendet Klute zwischen Winterbergs Alltag im Pflegeheim, wo dieser das komplette Alphabet des menschlichen Verfalls und Verlöschens lernt, und dessen Tagen in Berlin hin und her, in deren Zentrum die Begegnung mit Katja steht, dem Mädchen aus Jever, in dessen flüchtigen Umarmungen Winterberg eine Zeitlang Ablenkung findet.
Wie es der 1967 in Bochum geborene Klute, der 2015 die Ringelnatz-Biographie "War einmal ein Bumerang" geschrieben hat und als "Streiflicht"-Redakteur bei der "Süddeutschen Zeitung" arbeitet, dabei versteht, die Initiations- und Bildungsgeschichte seines Protagonisten zum Stimmungs- und Sittenbild der inzwischen doch sehr fernen achtziger Jahre mit ihren disparaten Sounds, Trends und politischen Backgrounds zu weiten, ist grandios. Denn natürlich sind derlei Erzählungen - junger Mann strebt fern der Heimat nach Verwirklichung - nicht eben neu. Doch schafft er es, in dem Kerl, der in der Kunst nach Entsprechung, Ausdruck und Freiheit sucht und Verse erdichten will, die den Launen der Moden dauerhaft trotzen, noch einmal die Sehnsucht ganzer Armeen vor ihm durch die Zeiten irrlichternder junger Dichterseelen zusammenzuführen, die einst genau wie er das Wort der Tat vorzogen - und die Dichtung über das Leben selbst erhoben. Und so fragt Winterberg sich, zutiefst von seiner Mission überzeugt: "Denn warum soll die Wirklichkeit einem Dichter vorschreiben, was zu tun ist? Der Schriftsteller ist viel stärker als die Wirklichkeit. Er ist der Einzige, der sie gegen sich selbst verwenden kann."
Als der ehemalige Essener Chemigraph Born 1979 in Breese in der Marsch bei Dannenberg starb, war Hilmar Klute gerade mal zwölf Jahre alt - und Borns wuchtige, haarscharf an der Realität entlang formulierten Romane und Gedichte ruhten längst vielbeachtet in der politisch aufgeheizten Landschaft der BRD jener Jahre. Zwischen den Zeilen seines Romans aber ersteht Born noch einmal für die Dauer der Lektüre plastisch vor uns auf. Denn genau besehen geht Klutes tief in der Historie des Ruhrgebiets wurzelnde Coming-of-Age-Geschichte wohl ebenso auf Born zurück, wie es dereinst die ersten Arbeiten Ralf Rothmanns taten, der sich in Interviews wiederholt auf Born als literarischen Fixpunkt und frühen Impulsgeber bezog. Wie der 1937 in Duisburg geborene Verfasser des ersten expliziten Medienromans der BRD, "Die Fälschung" von 1979, sind nämlich sowohl Klute als auch Rothmann Kinder des Ruhrpotts; Schriftsteller, die dort weitermachen, wo Born sich dereinst den Kohlestaub unter den Fingernägeln mit Gedichten wegschrieb. Während Rothmanns frühe Arbeiten "Messers Schneide", "Stier" oder "Wäldernacht" sich aber noch ganz aus ihrem ortsgebundenen Setting des Ruhrgebiets speisten und daraus erklärten, da entrollt Hilmar Klute in seinem Debüt nun eine Art "Sentimental Journey", indem er sein Buch als ein stürmisches Weg-und-Raus seines Alter Egos aus der einschnürenden Enge des Potts arrangiert.
Was seinem hochempfindsamen Dichterseelchen darüber während seines aufwühlenden Berlin-Abenteuers widerfährt, zählt in seinen satirischen Beschwörungen etwa von Tagungen der "Gruppe 47" mit ihren einstigen Protagonisten Martin Walser, Uwe Johnson oder Walter Jens zum Witzigsten, was sich gegenwärtig an deutscher Berlin-Roman-Prosa finden lässt. Denn Klute ist bei aller Verklärung seiner einstigen Dichterhelden Born, Ernst Meister, Jürgen Theobaldy oder Peter Rühmkorf ein Roman geglückt, der "das Leben" selbst feiert und erzählt. Jede Einzelepisode erscheint für sich genommen wie ein kleiner Lebensroman und jedes Einzelbild in seiner exquisiten Schönheit wie zum Rahmen gemacht.
Peter Henning
Hilmar Klute: "Was dann nachher so schön fliegt". Roman. Galiani, 368 Seiten, 22 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main