Fatou Diome legt in diesem kleinen Band 8 kleine Erzählungen vor, die alle eines gemeinsam haben: die große Empathie, mit der sich die Autorin ihrem Gegenstand widmet. Es sind nicht immer Menschen, die sie in den Mittelpunkt stellt. In einer der Geschichten ist es das sog. „kleine Schwarze“, das
sich an unzählige glanzvolle Auftritte und aufregende Begegnungen erinnert und voller Trauer seine…mehrFatou Diome legt in diesem kleinen Band 8 kleine Erzählungen vor, die alle eines gemeinsam haben: die große Empathie, mit der sich die Autorin ihrem Gegenstand widmet. Es sind nicht immer Menschen, die sie in den Mittelpunkt stellt. In einer der Geschichten ist es das sog. „kleine Schwarze“, das sich an unzählige glanzvolle Auftritte und aufregende Begegnungen erinnert und voller Trauer seine momentane Situation beleuchtet: vergessen an einem Kleiderbügel hängend, achtlos betrachtet, lieblos hin- und hergeschoben.
Von dieser Geschichte abgesehen, lässt die Autorin einen bunten Figurenreigen auftreten. Alle Figuren leben sichtlich aus dem Erfahrungsschatz der Autorin, die sich als frankophone Afrikanerin zwischen zwei Kontinenten und zwei Kulturen bewegt. In einer Geschichte erzählt sie z. B. von ihrem senegalesischen Großvater, dem sie sich nach wie vor verbunden fühlt, und setzt ihm schreibend ein zärtliches Denkmal.
Zwei andere Geschichten erzählen von einem körperbehinderten Nachbarn, von dem sie sich beobachtet fühlt. Daher stuft sie ihn empört als Spanner ein, und seine etwas lockeren Sprüche bestätigen sie in ihrem Urteil. Schließlich aber wird ihr klar, dass er lediglich „als Gentleman ... das Geplänkel“ genoss. Sie erkennt, dass er ihr nicht nur seine Freundschaft, sondern auch seinen Schutz anbietet.
Die Autorin liebt es offensichtlich, die Perspektiven zu wechseln. Zwei weitere Geschichten gehen von einer eher alltäglichen Unfreundlichkeit aus, und die Autorin beleuchtet nun die beiden Beteiligten. Mit großer Empathie zeichnet sie das Psychogramm eines Mannes, der sich auf dem absteigenden Ast seines Lebens befindet und seine Mutter wegen ihrer Illoyalität anklagt – und auf der anderen Seite vertieft sie sich genauso akribisch in das Opfer seiner Unfreundlichkeit.
Was macht das Leben liebenswert? „Mit ein paar Löffeln Zuneigung machten wir es ein bisschen warmherziger“, auch wenn das Leben seinen „unangenehmen Beigeschmack der Realität“ dadurch nicht verliert.
Alle Geschichten leben von der menschenfreundlichen Haltung der Autorin und ihrer überbordenden Sprachlust, mit der sie lebhafte und originelle Bilder erschafft. So schreibt sie z. B. nicht einfach: „Ich erzählte ihm von meiner Reise“, sondern sie gestaltet den Satz üppiger: „Meine Zunge peitschte die Minuten wie die Paddel der Niominka den Rücken des ungeheuerlichen Atlantik“. Das farbenprächtige Cover passt zu den Erzählungen.