Wie kamen die Reichen und Mächtigen, die die Businesswelt bewegen, ganz nach oben? Sind sie klüger als andere? Gebildeter? Schneller? Sehen sie besser aus? Keineswegs. Manche sind dumm, klein und hässlich. Was haben sie uns dann voraus? Die Antwort ist einfach: Sie sind so richtig gemein ? und das aus vollem Herzen. Wer also ebenfalls an die Spitze will, muss noch gemeiner und hinterhältiger sein.
Niccolò Machiavelli schrieb mit Il Principe eine ethische Rechtfertigung des Bösen im Rahmen der Staatsnotwendigkeit. Stanley Bing überträgt mit sichtlichem Vergnügen und einem schalkhaften Augenzwinkern die Lehren des Florentiner Meisters auf Unternehmen und Business. Er zeigt, wie man bekommt, was und wann man es will - ob man es nun verdient oder nicht.
Niccolò Machiavelli schrieb mit Il Principe eine ethische Rechtfertigung des Bösen im Rahmen der Staatsnotwendigkeit. Stanley Bing überträgt mit sichtlichem Vergnügen und einem schalkhaften Augenzwinkern die Lehren des Florentiner Meisters auf Unternehmen und Business. Er zeigt, wie man bekommt, was und wann man es will - ob man es nun verdient oder nicht.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.03.2002Dagegen bin ich machtlos
Ich will Sie verführen. Keine Angst: Nur zum Lesen! Und vor allem: Es wird bestimmt nicht gelingen. Denn: "In dem Moment, da Ihr Opfer zu wissen glaubt, worauf Sie aus sind, ist Ihr Bann gebrochen." Ist er noch nicht? Sie sind noch da? Dann wollen Sie jetzt sicher wissen, von wem der Bannbruchsatz stammt. Von Stanley Bing ist er nicht, obwohl der soeben seine kleine Sammlung von Bosheiten für Manager ins Deutsche hat übersetzen lassen, für Menschen, die sich jeden Abend vor dem Spiegel fragen: "Was hätte Machiavelli getan?" (Aus dem Amerikanischen von Carmen von Samson-Himmelstjerna. Econ Verlag, München 2002. 182 S., wenige Abb., geb., 14,95.) Ron Sommer also oder Bernhard Jagoda zum Beispiel. Der hat jetzt zwar Zeit zum Lesen, wird Bings Büchlein aber spätestens auf Seite 22 wieder schließen. "Der Zweck heiligt alle Gemeinheiten", heißt es da, und wer nun widerspricht, weil er neulich - war's im Feuilleton? - etwas von Instrumentalisierungsverbot gelesen hat, dem gibt der Autor gleich einen Rat: "Dann werden Sie eben Volksliedsänger oder Grafiker oder Sozialarbeiter oder irgend so etwas Nettes." Na, das wird Herrn Jagoda freuen, so kann er zum Abschluß in eigener Sache doch noch eine echte Vermittlung verbuchen. Aber der Bannbruchsatzschreiber muß ein anderer sein. Seine Bücher - jetzt sind es zwei - stehen in der Buchhandlung neben dem von Bing in der Wirtschaftsabteilung. Das tut dem älteren gut, denn die Wirtschaft braucht "Power", und viele, die davon nicht genug zu haben glaubten, haben dieses Buch über "Die 48 Gesetze der Macht" dort gefunden und gekauft. Für Robert Greene - jetzt ist die Katze aus dem Sack; zu früh? - gab es nur ein Problem, da er sich an das vorletzte Gesetz ("Der Sieg ist der Zeitpunkt zum Aufhören") nicht halten wollte: Was schreibt man nach einem sogenannten Erfolgstitel, wenn in diesem "Handbuch des indirekten Vorgehens" schon alles gesagt sein wollte? Etwa "Power und die Kammer des Schreckens"? Oder "Die neuen 48 Gesetze der Macht"? Das klingt ja fast wie "Die Zehn Gebote, vom Autor durchgesehene und aktualisierte Auflage". Greene hat sich für einen dritten Weg entschieden: ein Anwendungsbuch, das die Strategien der Macht in "Die 24 Gesetze der Verführung" überträgt (Aus dem Amerikanischen von Hartmut Schickert. Hanser Verlag, München 2002. 557 S., o. Abb., geb., 24,90 ). Doch Käufer von Wirtschaftsbüchern seien gewarnt, die Erotisierung des Bankalltags könnte eine unerwartete Folge sein! Denn nur in einem schmalen Anhang geht es darum, wie man den Massen Produkte oder Politik verkauft, ansonsten dekliniert der Autor das Spiel des Ewigmännlichweiblichen hinan und hinab. Und anders als bei den ständig zu beachtenden Rezepten der Macht wird nun ein diachrones 24-Gänge-Menü serviert: Verführung ist ein Prozeß und meistens ein irreversibler, wie mancher Beinahe-Casanova beim vergeblichen Warten auf die zweite Chance erfahren muß. Vier Phasen gilt es zu durchlaufen: Auf Absonderung zwecks Interessenerweckung folgt die Verleitung auf Abwege, abgründige Vertiefung und schließlich zum krönenden Abschluß: "Die Beute wird erlegt." Auf, auf, zum fröhlichen Jagen!, ruft Greene dem Leser und der Leserin nämlich zu und bläst dabei wie schon in seinem ersten Werk - ganz anders als Kollege Bing - ohne erkennbares Augenzwinkern zum Angriff auf die Opfer, die er handlich in achtzehn Typen einteilt. Den neun Charakteren von Jägern hingegen ist eines gemeinsam: "Verführer sind völlig amoralisch", schreibt der Meister seinen Adepten zur Beruhigung ihres Gewissens ins Stammbuch. Ein verspäteter Führer für die Spaßgesellschaft also, ein Vor-dem-elften-September-Buch? Das nicht, bei Don Juan! Die Kunst der Verführung ist ein allzu ernstes Geschäft, als daß man es den Humoristen überlassen dürfte, vor allem aber: ein praktisches! Wer will denn seitenlang von Greene das Divengetue Andy Warhols oder Choderlos de Laclos' schlimme Liebschaften nacherzählt bekommen? Wer von Verführung lesen will, der lese dessen Briefroman am Stück, auch Ovids Liebeskunst, die Greene mit vielem anderem in Marginalien seziert, und dann: Waidmanns Heil!
ACHIM BAHNEN
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Ich will Sie verführen. Keine Angst: Nur zum Lesen! Und vor allem: Es wird bestimmt nicht gelingen. Denn: "In dem Moment, da Ihr Opfer zu wissen glaubt, worauf Sie aus sind, ist Ihr Bann gebrochen." Ist er noch nicht? Sie sind noch da? Dann wollen Sie jetzt sicher wissen, von wem der Bannbruchsatz stammt. Von Stanley Bing ist er nicht, obwohl der soeben seine kleine Sammlung von Bosheiten für Manager ins Deutsche hat übersetzen lassen, für Menschen, die sich jeden Abend vor dem Spiegel fragen: "Was hätte Machiavelli getan?" (Aus dem Amerikanischen von Carmen von Samson-Himmelstjerna. Econ Verlag, München 2002. 182 S., wenige Abb., geb., 14,95
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