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Viel wird über die "Hartz-Reformen" und ihre Effekte spekuliert, aber es gibt bislang so gut wie keine aussagekräftigen Belege, auf die sich derartige Schlussfolgerungen stützen können. Auch wenn sich viele Wirkungen erst im Zeitablauf richtig entfalten werden, besteht doch die Möglichkeit zu einer ersten Zwischenbilanz für Komponenten, die bereits umgesetzt sind. Eine solche ist die Neuregelung bei Minijobs, die zum 1. April 2003 in Kraft trat. Die Untersuchung beinhaltet damit die erste fundierte Analyse für diesen Bereich. Sie knüpft an das umfassende Evaluierungskonzept an, das als Heft 74…mehr

Produktbeschreibung
Viel wird über die "Hartz-Reformen" und ihre Effekte spekuliert, aber es gibt bislang so gut wie keine aussagekräftigen Belege, auf die sich derartige Schlussfolgerungen stützen können. Auch wenn sich viele Wirkungen erst im Zeitablauf richtig entfalten werden, besteht doch die Möglichkeit zu einer ersten Zwischenbilanz für Komponenten, die bereits umgesetzt sind. Eine solche ist die Neuregelung bei Minijobs, die zum 1. April 2003 in Kraft trat. Die Untersuchung beinhaltet damit die erste fundierte Analyse für diesen Bereich. Sie knüpft an das umfassende Evaluierungskonzept an, das als Heft 74 der "RWI : Schriften" veröffentlicht worden war. Untersucht werden insbesondere die Quellen des Zuflusses in Minijobs nach der Reform sowie der Handlungsbedarf, der dadurch entsteht, dass Arbeitslose nicht im erwarteten Umfang derartige Beschäftigungsverhältnisse aufnehmen bzw. aus ihnen heraus in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wechseln.

Die Ergebnisse liefern ein gemischtes Bild: So wurde das Ziel, die Attraktivität geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse zu steigern, zwar erreicht, jedoch sind erhebliche Zweifel angebracht, ob Minijobs für Arbeitslose tatsächlich als Brücke in nicht-geringfügige Beschäftigung dienen können. Um diese Funktion zu stärken, wird der "Erweiterte Minijob für Arbeitslose" vorgestellt, der in bestimmten Fällen eine zeitlich befristete Erhöhung der Einkommensgrenze vorsieht, wobei gleichzeitig die Hinzuverdienstmöglichkeiten generöser gestaltet werden. Zur Abrundung werden die Arbeitsmarktwirkungen sowie die "Kosten" des Reformvorschlags abgeschätzt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2005

Instrumente für den Arbeitsmarkt
Die Erfahrungen mit den Minijobs

Michael Fertig/Jochen Kluve/Markus Scheuer: Was hat die Reform der Minijobs bewirkt? Erfahrungen nach einem Jahr. Duncker & Humblot, Berlin 2005, 143 Seiten, 64 Euro.

In Deutschland gehen immer mehr Menschen einer Beschäftigung nach. Das ist die gute Nachricht. Bei genauerem Hinsehen jedoch sind die Zuwächse allein den im Zuge der Hartz-Reformen eingeführten Minijobs zuzuschreiben. Das ist die schlechte Nachricht, denn die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nimmt weiter ab. Die Wissenschaftler des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen haben im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums knapp 2500 Befragungen von Minijobbern ausgewertet und eine erste Zwischenbilanz in ihrer Schriftenreihe veröffentlicht. Sie bestätigen die mittlerweile weitverbreitete Einschätzung: Die Minijobs haben sich zu einem attraktiven Arbeitsmarktinstrument entwickelt, zum Abbau der Arbeitslosigkeit allerdings können sie kaum etwas beitragen. Nur wenige der Kleinverdiener entscheiden sich für einen 400-Euro-Job aus der Arbeitslosigkeit heraus, und nur wenige schaffen damit den Sprung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.

Auf der Suche nach einer Lösung blicken die Autoren nach Kanada und plädieren nach dem dortigen Vorbild für einen "erweiterten Minijob für Arbeitslose". Letztlich handelt es sich dabei um eine neue Variante eines Kombilohns. Dieser taucht in der arbeitsmarktpolitischen Debatte immer wieder als Wunderwaffe auf. Abgesehen von zaghaften Einsätzen und einigen mißglückten Modellversuchen hat er sich in der Praxis jedoch nicht durchgesetzt. Nach dem RWI-Vorschlag sollen Menschen, die länger als sechs Monate arbeitslos gemeldet sind, zeitlich befristet einen 800-Euro-Job aufnehmen dürfen, der ebenso befreit ist von Steuern und Abgaben wie ein 400-Euro-Job. Gleichzeitig soll ihnen mehr von ihrer Arbeitslosenunterstützung erhalten bleiben als bisher.

Für die Wirkung zeigen sich die Ökonomen zuversichtlich: Jeder vierte aus der Zielgruppe könnte sich unter diesen Bedingungen für einen Minijob entscheiden. Und innerhalb von drei Jahren könnte ein Drittel von ihnen in einen regulären Job wechseln. Das würde einen Rückgang der Arbeitslosenzahl um 300 000 bewirken - wobei sich der erweiterte Minijob selbst finanzieren soll.

Die Ökonomen haben damit einen weiteren sicherlich überlegenswerten Reformvorschlag in die politische Debatte geworfen. Allerdings weisen sie zu Recht gleich mehrfach auf die Unsicherheiten ihrer Schätzungen hin. Jenseits dessen aber liefern sie mit einer Fülle von statistischem Material endlich die Grundlage für eine Bewertung eines der Kernelemente der Hartz-Reformen.

CLAUDIA BRÖLL

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit diesem Buch sieht Claudia Bröll eine erste Grundlage geliefert, um eines der Kernelemente der Hatz-Arbeitsmarktreformen zu bewerten: die 400-Euro-Jobs. Mitarbeiter des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung haben knapp 2500 Minijobber befragt. Dabei stellte sich heraus, dass nur wenige Menschen aus der Arbeitslosigkeit heraus einen Minijob aufnehmen. Und noch weniger schaffen damit in den Sprung in den regulären Arbeitsmarkt. Damit sieht Bröll bisherige Einschätzungen bestätigt, wonach diese vielleicht ein attraktive Arbeitsmarktinstrument sein mögen, aber wenig zum Abbau der Arbeitslosigkeit taugen. Interessant findet Bröll daher die von den RWI-Wissenschaftler angestellten Überlegungen zu einer neuen Variante des Kombilohns nach kanadischem Vorbild: den 800-Euro-Job.

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