In seinem Weltbestseller Die Welt ist flach zeigt Thomas Friedman die positiven und produktiven Folgen der Globalisierung.
In seinem neuen Buch diagnostiziert Friedman die äußerst gefährlichen Folgen dieser Entwicklung: Die globale Erwärmung und das gewaltige Wachstum der Erdbevölkerung haben die gesamte Menschheit in ein neues Zeitalter versetzt, in das »Zeitalter der Energie und des Klimas«.
Dieses wird dominiert von Konflikten, deren Lösung für das Überleben der Menschen entscheidend ist. Im Gefolge der wachsenden Nachfrage nach immer knapperen Energie- und Rohstoffvorräten können kriegerische Auseinandersetzungen alltäglich werden; vernichtet der verheerende Klimawandel die Überlebensbedingungen großer Bevölkerungsgruppen, sind als Konsequenz einer neuen Armutskluft zwischen Energiebesitzern und Energiehabenichtsen riesige Migrationsströme unausweichlich.
Angesichts einer solchen Weltlage der höchsten Alarmstufe entwickelt Thomas Friedman eine Agenda für das 21. Jahrhundert: An die erste Stelle der anzupackenden Aufgaben setzt er die Notwendigkeit einer weltweiten grünen Revolution. Die innovativen Instrumente, die das drohende katastrophische neue Zeitalter verhindern können, sowie die notwendigen Formen der Zusammenarbeit im Gefolge dieser Revolution entfaltet Thomas Friedman detailliert, anregend und aufrüttelnd in seinem radikal eingreifenden Buch über und für eine neue Epoche.
In seinem neuen Buch diagnostiziert Friedman die äußerst gefährlichen Folgen dieser Entwicklung: Die globale Erwärmung und das gewaltige Wachstum der Erdbevölkerung haben die gesamte Menschheit in ein neues Zeitalter versetzt, in das »Zeitalter der Energie und des Klimas«.
Dieses wird dominiert von Konflikten, deren Lösung für das Überleben der Menschen entscheidend ist. Im Gefolge der wachsenden Nachfrage nach immer knapperen Energie- und Rohstoffvorräten können kriegerische Auseinandersetzungen alltäglich werden; vernichtet der verheerende Klimawandel die Überlebensbedingungen großer Bevölkerungsgruppen, sind als Konsequenz einer neuen Armutskluft zwischen Energiebesitzern und Energiehabenichtsen riesige Migrationsströme unausweichlich.
Angesichts einer solchen Weltlage der höchsten Alarmstufe entwickelt Thomas Friedman eine Agenda für das 21. Jahrhundert: An die erste Stelle der anzupackenden Aufgaben setzt er die Notwendigkeit einer weltweiten grünen Revolution. Die innovativen Instrumente, die das drohende katastrophische neue Zeitalter verhindern können, sowie die notwendigen Formen der Zusammenarbeit im Gefolge dieser Revolution entfaltet Thomas Friedman detailliert, anregend und aufrüttelnd in seinem radikal eingreifenden Buch über und für eine neue Epoche.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.01.2009Grün und Blau
Thomas L. Friedman will Ökologie und amerikanischen Patriotismus zusammenbringen und würde dafür sogar vorübergehend auf die freie Marktwirtschaft verzichten
Das Comeback der Debatte um den Klimaschutz vor ein paar Jahren hatte ein beeindruckendes Timing: Eine glückliche historische Fügung ermöglichte offenbar, dass die Warnungen vor den Folgen der Erderwärmung gerade noch rechtzeitig ertönten, bevor es zu spät war, sie in die Tat umzusetzen. Fünf, zehn, zwanzig, dreißig Jahre, so ungefähr schätzten die meisten Forscher, wären noch übrig, um das irreversible Kippen des Klimas aufzuhalten. Wer sich aber wunderte, warum die Zeiger der tickenden Weltuhr, die etwa der Club of Rome schon 1972 auf fünf vor zwölf gestellt hatte, noch immer an derselben Stelle standen, der wurde sehr schnell ins Lager der unverbesserlichen Zyniker eingewiesen, die die letzten Tage der Menschheit damit verbringen, sich die Zeit mit der Analyse des apokalyptischen Diskurses zu vertreiben, dessen Notwendigkeit die Mahner zur Not auch mit ihren meteorologischen Messergebnissen beweisen zu können glauben.
Man muss ja die Diagnose des Klimawandels gar nicht bestreiten, um von der damit verbundenen Dringlichkeitsrhetorik eher genervt als alarmiert zu werden. Aber mal abgesehen davon, dass das ewige Endzeitgeplärre ja auch nicht gerade freundlich zu seiner Umwelt ist, ist dessen Effektivität nicht gerade erwiesen. Die Frage ist, ob es die Kohlendioxid-Emissionen verringert, wenn man ständig die Lautstärke und Frequenz der Weckrufe erhöht - oder ob das eher die Fähigkeit der Zuhörer schult, sich schlafend zu stellen. So langsam aber läuft den Fünf-vor-zwölf-Rufern die Zeit davon. "Wenn nicht vor 2010 gehandelt wird", erklärte Rajendra Pachauri, der Leiter des Weltklimarats, im Jahr 2007, "ist es zu spät." Thomas Lauren Friedman zitiert Pachauris Prognose in seinem neuen Buch "Was zu tun ist" und reizt damit die Dramatik bis zum Äußersten aus. Glaubt man diesem Szenario, dann ist sein Buch eines der letzten, das die Katastrophe noch verhindern kann - wenn man es nur schnell genug liest.
Schon allein aus Gründen der literarischen Ökologie also wäre es sinnvoll gewesen, wenn Friedman etwas sparsamer mit seinem Apokalypsenvokabular umgegangen wäre, und dass die meisten der Fakten, die er für seinen Ruf zu den Waffen versammelt, mittlerweile öfter recycelt wurden als das Papier, auf dem sie hoffentlich gedruckt werden, hilft auch nicht sehr viel. Das ist vor allem deswegen bedauerlich, weil ein paar von Friedmans Thesen durchaus Bewegung in die Diskussion bringen könnten, wenn man sie im Dickicht aus Analogien und Betroffenheitsjargon nicht immer wieder aus den Augen verlieren würde. Dass die Welt, und allen voran Amerika, jetzt endlich mal aufwachen müsse, das hat man nach ein paar Seiten schon kapiert, da braucht es nicht noch das Beispiel des Menschen, der sich beim Sprung aus dem 80. Stock 79 Stockwerke lang wohl fühlt. Und das chinesische Sprichwort vom Wind des Wandels, den Mauern und den Windflügeln. Und den Frosch, der nicht merkt, wie er zu Tode gekocht wird, wenn sich die Temperatur nur langsam erhöht. Und womöglich hätte man auch längst schon das Leselicht ausschalten können, wenn nicht ständig überall Fässer überlaufen würden oder Fahrzeuge unaufhaltsam voranrasen müssten, damit man nicht zwischen den Seiten vergisst, was man vor der Lektüre des Buches auch schon wusste. Und so beeindruckt man auch von dem Personal ist, das Friedman auf seinen 500 Seiten zur Untermalung seiner Thesen aufmarschieren lässt, fragt man sich doch, warum er selbst für die offensichtlichsten Zusammenhänge noch einen Zeugen braucht. Die Ökobilanz der Reisen, die Friedman in den vergangenen Jahren zwischen Doha und Dalian, Peru und Pakistan unternahm, möchte man besser nicht auswerten.
Zum längeren Essay gestutzt, hätten Friedmans Ansätze dagegen durchaus Wucht. Für Friedman ist Klimapolitik im Kern Geopolitik mit anderen Mitteln, womit die Sache für sein Land auf das hinausläuft, was man eine Win-win-Situation nennt: Ein energiepolitisch unabhängiges Amerika würde dem ölfinanzierten Terrorismus den Geldhahn abdrehen und nebenher auch noch das Klima retten. Und umgekehrt. "Wir lösen unsere eigenen Probleme, indem wir der Welt helfen, ihre Probleme zu lösen. Wir helfen der Welt, ihre Probleme zu lösen, indem wir unsere eigenen Probleme lösen." Mag sein, dass sich der Ratgeberton des Buches auch daraus ergibt, dass für Friedman die Umweltverschmutzung im Wesentlichen eine Drogenproblematik ist: das ölabhängige Amerika muss endlich clean werden. Dass bei Friedmans Argumentation nicht immer ganz klar ist, ob amerikanische oder globale Interessen im Vordergrund stehen, erhöht für ihn eher deren Überzeugungskraft: "Je nachdem, mit wem man spricht", schreibt er (mit Umweltschützern oder mit Konservativen), "kann man entweder den einen oder den anderen Punkt besonders hervorheben, aber die genannten Wahrheiten bestärken sich gegenseitig."
Friedman ist sicher nicht der Erste, der diesen Zusammenhang herstellt, doch um Originalität geht es auch nicht. Es dürfte die eingefahrenen ideologischen Allianzen in der Debatte schon kümmern, wer spricht: Der neben Nobelpreisträger Paul Krugman einflussreichste Kolumnist der "New York Times" stand bisher nicht im Verdacht, geheimes Mitglied einer Graswurzelorganisation zu sein. Noch vor vier Jahren propagierte er in seinem Globalisierungsplädoyer "Die Welt ist flach" die Vorzüge des freien Marktes. Seine grüne Revolution jedoch funktioniert nicht ohne erhebliche staatliche Interventionen. Schon 2003 empfahl er, den Preisdruck, den die Opec mit höheren Ölpreisen erzeugte, mit einer amerikanischen Ökosteuer (in Höhe von einem Dollar pro Gallone) auszukontern. Das teure Benzin, so seine Rechnung, würde einerseits zu einem Entwicklungs- und Innovationsschub in Amerika führen, zum anderen hätte die sinkende Nachfrage einen befreienden Effekt auf die arabischen Zivilgesellschaften. In seinem "Ersten Gesetz der Petropolitik" nämlich stellt Friedman eine Korrelation zwischen dem Ölpreis und dem Grad politischer Freiheit in den autoritären Petro-Staaten fest, die in ihrer kürzesten Formel so lautet: "Wenn man Geld aus dem Boden holen kann, entwickeln die Menschen einfach nicht die DNA für Innovation und Unternehmergeist." Die Dynamik dieser Preisspirale aber scheint Friedman nicht weiter zu interessieren: Wenn nämlich die Scheichs notgedrungen mit dem Ölpreis runtergehen, müssen, wenn nicht auch die Nachfrage wieder steigen soll, in Amerika die Steuern weiter hoch. Es wäre sicher interessant, zu sehen, wie der amerikanische Unternehmergeist darauf reagiert.
Weil der berühmte Wirtschaftsliberale Friedman plötzlich Begriffe wie "Mindestkilometerleistung" und "Subventionen" zu seinem Wortschatz zählt, hauen ihm seine Kritiker jetzt die wirtschaftsliberalen Argumente um die Ohren, die er selbst lange genug propagierte. Dabei geht Friedman so weit, relativ unironisch den Wunsch zu äußern, Amerika könne als "China für einen Tag" die erforderlichen gesetzlichen und infrastrukturellen Änderungen einfach von oben erlassen, als wäre der Kapitalismus eine Modelleisenbahn, die man nur mal kurz umgekehrt aufs Gleis stellen muss, damit sie wieder in die richtige Richtung fährt: "Wenn Washington alle nötigen Veränderungen verordnen und ideale Marktbedingungen für Innovationen schaffen könnte, um dann der natürlichen Energie des kapitalistischen Systems Amerikas freien Lauf zu lassen - das wäre ein Traum."
Dass Friedman die Rettung der Welt nicht mehr der Dynamik von Angebot und Nachfrage überlassen will, muss man ihm dennoch nicht unbedingt als Heuchelei auslegen. Der Ruf nach dem Staat ist kein Gesinnungswandel, sondern nur ein kurzer Umweg auf dem Weg in eine liberalökologische Zukunft, zu der auch die stolzesten Konservativen eingeladen sind. Der Versuch, den Ladenhüter Umweltschutz auch an jene zu verkaufen, die energiebewusste Innovationen noch immer als Wohlstandsbremse ansehen, ist die entscheidende Pointe des Buches. Dabei geht Friedman mit seinem Urvertrauen in die amerikanische Führungs- und Strahlkraft einen entscheidenden Schritt weiter als etwa die sogenannten Lohas, die grünes Bewusstsein als Lebensstil salonfähig machen wollen. Zwar ist auch bei den Mittelklasse-Ökos der Biohème die Weltrettung eher die Dividende der Investitionen in die persönliche Schadstofffreiheit, aber so ganz auf den moralischen Anstrich, gewissermaßen als ultimatives Accessoire, will man doch nicht verzichten. Friedman dagegen könnte, wenn er nicht auch als herzensguter Mensch aus der Sache hervorgehen wollte, auch auf den letzten Rest Idealismus komplett verzichten: "Power" ist der zentrale Begriff in seiner grünen Realpolitik, der gleichermaßen als "elektrische Energie" wie als "nationale Macht" gelesen werden kann. "Amerika zum grünsten Land der Welt zu machen", schreibt er, "ist kein Akt selbstloser Mildtätigkeit oder naiven Moralisierens. Es handelt sich vielmehr um eine Kernfrage nationaler Sicherheit und wirtschaftlicher Interessen." Die Farbenlehre seines Ökopatriotismus lautet: "Grün ist das neue Rot, Weiß, Blau."
Auch der grüne Friedman bleibt also ein Autor für die Businessclass, und dass er mit seinem Ansatz auch für die konservativen Falken einen Köder auslegt, gehört zu seinen größten Vorzügen. Die Frage ist nur, ob sie nicht durch die dumme Geste abgeschreckt werden, auf die auch Friedman nicht verzichten will: den erhobenen Zeigefinger.
HARALD STAUN
Thomas L. Friedman: "Was zu tun ist. Eine Agenda für das 21. Jahrhundert". Suhrkamp, 539 Seiten, 24,80 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Thomas L. Friedman will Ökologie und amerikanischen Patriotismus zusammenbringen und würde dafür sogar vorübergehend auf die freie Marktwirtschaft verzichten
Das Comeback der Debatte um den Klimaschutz vor ein paar Jahren hatte ein beeindruckendes Timing: Eine glückliche historische Fügung ermöglichte offenbar, dass die Warnungen vor den Folgen der Erderwärmung gerade noch rechtzeitig ertönten, bevor es zu spät war, sie in die Tat umzusetzen. Fünf, zehn, zwanzig, dreißig Jahre, so ungefähr schätzten die meisten Forscher, wären noch übrig, um das irreversible Kippen des Klimas aufzuhalten. Wer sich aber wunderte, warum die Zeiger der tickenden Weltuhr, die etwa der Club of Rome schon 1972 auf fünf vor zwölf gestellt hatte, noch immer an derselben Stelle standen, der wurde sehr schnell ins Lager der unverbesserlichen Zyniker eingewiesen, die die letzten Tage der Menschheit damit verbringen, sich die Zeit mit der Analyse des apokalyptischen Diskurses zu vertreiben, dessen Notwendigkeit die Mahner zur Not auch mit ihren meteorologischen Messergebnissen beweisen zu können glauben.
Man muss ja die Diagnose des Klimawandels gar nicht bestreiten, um von der damit verbundenen Dringlichkeitsrhetorik eher genervt als alarmiert zu werden. Aber mal abgesehen davon, dass das ewige Endzeitgeplärre ja auch nicht gerade freundlich zu seiner Umwelt ist, ist dessen Effektivität nicht gerade erwiesen. Die Frage ist, ob es die Kohlendioxid-Emissionen verringert, wenn man ständig die Lautstärke und Frequenz der Weckrufe erhöht - oder ob das eher die Fähigkeit der Zuhörer schult, sich schlafend zu stellen. So langsam aber läuft den Fünf-vor-zwölf-Rufern die Zeit davon. "Wenn nicht vor 2010 gehandelt wird", erklärte Rajendra Pachauri, der Leiter des Weltklimarats, im Jahr 2007, "ist es zu spät." Thomas Lauren Friedman zitiert Pachauris Prognose in seinem neuen Buch "Was zu tun ist" und reizt damit die Dramatik bis zum Äußersten aus. Glaubt man diesem Szenario, dann ist sein Buch eines der letzten, das die Katastrophe noch verhindern kann - wenn man es nur schnell genug liest.
Schon allein aus Gründen der literarischen Ökologie also wäre es sinnvoll gewesen, wenn Friedman etwas sparsamer mit seinem Apokalypsenvokabular umgegangen wäre, und dass die meisten der Fakten, die er für seinen Ruf zu den Waffen versammelt, mittlerweile öfter recycelt wurden als das Papier, auf dem sie hoffentlich gedruckt werden, hilft auch nicht sehr viel. Das ist vor allem deswegen bedauerlich, weil ein paar von Friedmans Thesen durchaus Bewegung in die Diskussion bringen könnten, wenn man sie im Dickicht aus Analogien und Betroffenheitsjargon nicht immer wieder aus den Augen verlieren würde. Dass die Welt, und allen voran Amerika, jetzt endlich mal aufwachen müsse, das hat man nach ein paar Seiten schon kapiert, da braucht es nicht noch das Beispiel des Menschen, der sich beim Sprung aus dem 80. Stock 79 Stockwerke lang wohl fühlt. Und das chinesische Sprichwort vom Wind des Wandels, den Mauern und den Windflügeln. Und den Frosch, der nicht merkt, wie er zu Tode gekocht wird, wenn sich die Temperatur nur langsam erhöht. Und womöglich hätte man auch längst schon das Leselicht ausschalten können, wenn nicht ständig überall Fässer überlaufen würden oder Fahrzeuge unaufhaltsam voranrasen müssten, damit man nicht zwischen den Seiten vergisst, was man vor der Lektüre des Buches auch schon wusste. Und so beeindruckt man auch von dem Personal ist, das Friedman auf seinen 500 Seiten zur Untermalung seiner Thesen aufmarschieren lässt, fragt man sich doch, warum er selbst für die offensichtlichsten Zusammenhänge noch einen Zeugen braucht. Die Ökobilanz der Reisen, die Friedman in den vergangenen Jahren zwischen Doha und Dalian, Peru und Pakistan unternahm, möchte man besser nicht auswerten.
Zum längeren Essay gestutzt, hätten Friedmans Ansätze dagegen durchaus Wucht. Für Friedman ist Klimapolitik im Kern Geopolitik mit anderen Mitteln, womit die Sache für sein Land auf das hinausläuft, was man eine Win-win-Situation nennt: Ein energiepolitisch unabhängiges Amerika würde dem ölfinanzierten Terrorismus den Geldhahn abdrehen und nebenher auch noch das Klima retten. Und umgekehrt. "Wir lösen unsere eigenen Probleme, indem wir der Welt helfen, ihre Probleme zu lösen. Wir helfen der Welt, ihre Probleme zu lösen, indem wir unsere eigenen Probleme lösen." Mag sein, dass sich der Ratgeberton des Buches auch daraus ergibt, dass für Friedman die Umweltverschmutzung im Wesentlichen eine Drogenproblematik ist: das ölabhängige Amerika muss endlich clean werden. Dass bei Friedmans Argumentation nicht immer ganz klar ist, ob amerikanische oder globale Interessen im Vordergrund stehen, erhöht für ihn eher deren Überzeugungskraft: "Je nachdem, mit wem man spricht", schreibt er (mit Umweltschützern oder mit Konservativen), "kann man entweder den einen oder den anderen Punkt besonders hervorheben, aber die genannten Wahrheiten bestärken sich gegenseitig."
Friedman ist sicher nicht der Erste, der diesen Zusammenhang herstellt, doch um Originalität geht es auch nicht. Es dürfte die eingefahrenen ideologischen Allianzen in der Debatte schon kümmern, wer spricht: Der neben Nobelpreisträger Paul Krugman einflussreichste Kolumnist der "New York Times" stand bisher nicht im Verdacht, geheimes Mitglied einer Graswurzelorganisation zu sein. Noch vor vier Jahren propagierte er in seinem Globalisierungsplädoyer "Die Welt ist flach" die Vorzüge des freien Marktes. Seine grüne Revolution jedoch funktioniert nicht ohne erhebliche staatliche Interventionen. Schon 2003 empfahl er, den Preisdruck, den die Opec mit höheren Ölpreisen erzeugte, mit einer amerikanischen Ökosteuer (in Höhe von einem Dollar pro Gallone) auszukontern. Das teure Benzin, so seine Rechnung, würde einerseits zu einem Entwicklungs- und Innovationsschub in Amerika führen, zum anderen hätte die sinkende Nachfrage einen befreienden Effekt auf die arabischen Zivilgesellschaften. In seinem "Ersten Gesetz der Petropolitik" nämlich stellt Friedman eine Korrelation zwischen dem Ölpreis und dem Grad politischer Freiheit in den autoritären Petro-Staaten fest, die in ihrer kürzesten Formel so lautet: "Wenn man Geld aus dem Boden holen kann, entwickeln die Menschen einfach nicht die DNA für Innovation und Unternehmergeist." Die Dynamik dieser Preisspirale aber scheint Friedman nicht weiter zu interessieren: Wenn nämlich die Scheichs notgedrungen mit dem Ölpreis runtergehen, müssen, wenn nicht auch die Nachfrage wieder steigen soll, in Amerika die Steuern weiter hoch. Es wäre sicher interessant, zu sehen, wie der amerikanische Unternehmergeist darauf reagiert.
Weil der berühmte Wirtschaftsliberale Friedman plötzlich Begriffe wie "Mindestkilometerleistung" und "Subventionen" zu seinem Wortschatz zählt, hauen ihm seine Kritiker jetzt die wirtschaftsliberalen Argumente um die Ohren, die er selbst lange genug propagierte. Dabei geht Friedman so weit, relativ unironisch den Wunsch zu äußern, Amerika könne als "China für einen Tag" die erforderlichen gesetzlichen und infrastrukturellen Änderungen einfach von oben erlassen, als wäre der Kapitalismus eine Modelleisenbahn, die man nur mal kurz umgekehrt aufs Gleis stellen muss, damit sie wieder in die richtige Richtung fährt: "Wenn Washington alle nötigen Veränderungen verordnen und ideale Marktbedingungen für Innovationen schaffen könnte, um dann der natürlichen Energie des kapitalistischen Systems Amerikas freien Lauf zu lassen - das wäre ein Traum."
Dass Friedman die Rettung der Welt nicht mehr der Dynamik von Angebot und Nachfrage überlassen will, muss man ihm dennoch nicht unbedingt als Heuchelei auslegen. Der Ruf nach dem Staat ist kein Gesinnungswandel, sondern nur ein kurzer Umweg auf dem Weg in eine liberalökologische Zukunft, zu der auch die stolzesten Konservativen eingeladen sind. Der Versuch, den Ladenhüter Umweltschutz auch an jene zu verkaufen, die energiebewusste Innovationen noch immer als Wohlstandsbremse ansehen, ist die entscheidende Pointe des Buches. Dabei geht Friedman mit seinem Urvertrauen in die amerikanische Führungs- und Strahlkraft einen entscheidenden Schritt weiter als etwa die sogenannten Lohas, die grünes Bewusstsein als Lebensstil salonfähig machen wollen. Zwar ist auch bei den Mittelklasse-Ökos der Biohème die Weltrettung eher die Dividende der Investitionen in die persönliche Schadstofffreiheit, aber so ganz auf den moralischen Anstrich, gewissermaßen als ultimatives Accessoire, will man doch nicht verzichten. Friedman dagegen könnte, wenn er nicht auch als herzensguter Mensch aus der Sache hervorgehen wollte, auch auf den letzten Rest Idealismus komplett verzichten: "Power" ist der zentrale Begriff in seiner grünen Realpolitik, der gleichermaßen als "elektrische Energie" wie als "nationale Macht" gelesen werden kann. "Amerika zum grünsten Land der Welt zu machen", schreibt er, "ist kein Akt selbstloser Mildtätigkeit oder naiven Moralisierens. Es handelt sich vielmehr um eine Kernfrage nationaler Sicherheit und wirtschaftlicher Interessen." Die Farbenlehre seines Ökopatriotismus lautet: "Grün ist das neue Rot, Weiß, Blau."
Auch der grüne Friedman bleibt also ein Autor für die Businessclass, und dass er mit seinem Ansatz auch für die konservativen Falken einen Köder auslegt, gehört zu seinen größten Vorzügen. Die Frage ist nur, ob sie nicht durch die dumme Geste abgeschreckt werden, auf die auch Friedman nicht verzichten will: den erhobenen Zeigefinger.
HARALD STAUN
Thomas L. Friedman: "Was zu tun ist. Eine Agenda für das 21. Jahrhundert". Suhrkamp, 539 Seiten, 24,80 Euro
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Nicht weniger als eine Handlungsanleitung für eine "grüne Weltrevolution" hat der Kolumnist der New York Times Thomas L. Friedman verfasst, stellt Michael Bauchmüller anerkennend fest. Er benennt den weltweiten Wettbewerb um Wohlstand, gestiegene Bedürfnisse neuer Wirtschaftsmächte, Bevölkerungswachstum und Klimakatastrophe als Faktoren einer ökologischen wie ökonomischen Krise. Der ungebremste "Monstertruck" der Weltwirtschaft, so Friedmans "drastisches" Bild, könne jedoch durch eine systematische Umgestaltung der Wirtschafts- und Energiepolitik "mit Intelligenz, Technologie und Vernetzung" aufgehalten werden. Dabei wende sich der liberale Autor keineswegs gegen Profit und Wachstum, sondern möchte sie vielmehr intelligent nutzbar machen und sieht als mögliche Protagonisten seiner "Revolution" vor allem amerikanische Unternehmer und die (neue) amerikanische Regierung, die die strukturellen Voraussetzungen dafür schaffen könne. Und Amerika, so die These Friedmans, sei in der Lage, eine weltweite Führungsrolle im Bereich der sauberen Energie und des Naturschutzes zu übernehmen. Friedmans "lesenswertes" Buch sei weder sehr wissenschaftlich noch vollständig, so Bauchmüllers Fazit, komme aber als "Appell an Amerikas Schaffenskraft und an seine Wandlungsfähigkeit" zur richtigen Zeit.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Friedman ist, um es seriös zu sagen, der neue Typus des Wirtschafts-Intellektuellen...« Frank Schirrmacher Frankfurter Allgemeine Zeitung