Der Schirmer/Mosel Verlag ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Fotografen Bernd und Hilla Becher heute international wahrgenommen werden als Begründer und wichtigste Vertreter der Düsseldorfer Photoschule. Ihre stilbildende, wenn nicht sogar wahrnehmungsbildende Industriefotografie ist in
allen großen Sammlungen zeitgenössischer Fotografie vertreten und erzielt auf Auktionen Höchstpreise.…mehrDer Schirmer/Mosel Verlag ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Fotografen Bernd und Hilla Becher heute international wahrgenommen werden als Begründer und wichtigste Vertreter der Düsseldorfer Photoschule. Ihre stilbildende, wenn nicht sogar wahrnehmungsbildende Industriefotografie ist in allen großen Sammlungen zeitgenössischer Fotografie vertreten und erzielt auf Auktionen Höchstpreise.
Auch wenn die insgesamt neun Bände umfassende Reihe bei Schirmer/Mosel keineswegs als Catalogue raisonné gedacht und zu verstehen ist, bildet sie doch eine sehr umfassende und strukturierte Übersicht über das Gesamtwerk. Jeder Band ist einem Industrietypus gewidmet, von Hochöfen, über Fabrikhallen bis zu Gasbehältern und eben Wassertürmen. Alle Kategorien verbindet, dass sie gemeinsame Strukturelemente haben, die sie sofort als zugehörig erkennen lassen. Gleichzeitig besitzen alle Architekturen individuelle Merkmale, die sie unverwechselbar machen. Manchmal wird die Hand eines Architekten sichtbar, der ästhetische Prinzipien verwirklicht, aber meistens sind es Zweckbauten, sie sich einer Örtlichkeit oder technischen Randbedingungen anpassen müssen. Man kennt solche Typusindividuen auch aus anderen Bereichen, z. B. bei Leuchttürmen, die auch sofort als solche erkennbar sind und doch gleicht keiner dem anderen. Die Faszination, die Menschen für Leuchttürme hegen, lässt sich problemlos auch auf andere Industriebauten übertragen.
Bernd und Hilla Becher, die tatsächlich eine symbiotische Beziehung pflegten und stets als Paar genannt werden, haben nicht nur unsere Sehgewohnheiten der Industriefotografie geprägt, sie waren auch technisch brillant. Das sieht man auch den Lithos im Buch an, die die ausgewogenen Kontraste mustergültig auf mattglänzendem Papier wiedergeben, ohne störende Spiegelungen, auch feinste Details durchzeichnend. Es wurden insgesamt 223 Aufnahmen ausgewählt, aus ganz Deutschland und den USA, aufgenommen über einen Zeitraum von 25 Jahren bis etwa 1985 und doch mit einer einheitlichen stilistischen Linie, dass man glaubt, sie wären gezielt für eine einzige Ausstellung entstanden. Bernd und Hilla Becher besaßen eine selbst aus großer Entfernung sofort wiedererkennbare künstlerische Handschrift.
„Wassertürme“ erscheint nun schon in der 5. Auflage. Die besondere Faszination für den Blick der Bechers auf eine heute fast vollständig untergegangene Industrielandschaft lässt sich wohl am besten nachvollziehen, wenn man die Denkmäler des ungebremsten Fortschrittsglaubens noch aus eigener Anschauung kennt. Insofern schwingt neben der Bewunderung für die grafische Klarheit der Fotografien (und der Bauten!) und ihre technische Brillanz auch ein wenig Nostalgie mit. Zumindest ist das bei mir der Fall.