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Weltuntergänge von gesternFantastische Natur- und Himmelszeichen in einem Wunderzeichenbuch des 16. JahrhundertsDieses erst vor wenigen Jahren aufgetauchte Wunderzeichenbuch, das sich seit kurzem in amerikanischem Privatbesitz befindet, ist eine der spektakulärsten Neuentdeckungen auf dem Gebiet der deutschen Renaissancekunst. Die nahezu vollständig erhaltene Bildhandschrift, die nicht lange vor Abschluss des Augsburger Religionsfriedens um 1550 in der schwäbischen Reichstadt entstand, enthält auf 167 Seiten großformatige, in Gouache und Aquarell ausgeführte Illustrationen wundersamer und oft…mehr

Produktbeschreibung
Weltuntergänge von gesternFantastische Natur- und Himmelszeichen in einem Wunderzeichenbuch des 16. JahrhundertsDieses erst vor wenigen Jahren aufgetauchte Wunderzeichenbuch, das sich seit kurzem in amerikanischem Privatbesitz befindet, ist eine der spektakulärsten Neuentdeckungen auf dem Gebiet der deutschen Renaissancekunst. Die nahezu vollständig erhaltene Bildhandschrift, die nicht lange vor Abschluss des Augsburger Religionsfriedens um 1550 in der schwäbischen Reichstadt entstand, enthält auf 167 Seiten großformatige, in Gouache und Aquarell ausgeführte Illustrationen wundersamer und oft furchterregender Himmelserscheinungen, Sternenkonstellationen, Feuersbrünste, Überschwemmungen sowie anderer Katastrophen und rätselhafter Phänomene. Vom alten Testament - hier etwa die Teilung des Roten Meeres - spannt sich der Bogen über Ereignisse aus antiker Überlieferung und mittelalterlichen Chroniken bis in die unmittelbare Gegenwart der Verfasser des Buches und schließlich mit den Illustrationen zur visionären Johannesoffenbarung sogar bis zum künftigen Ende der Welt. Ereignisse wie etwa Schlangenplagen in Ungarn, apokalyptische Blutregen in Ligurien oder die Geburt zweiköpfiger Kälber werden mit verblüffender Nüchternheit beschrieben.Die in ihrer Schlichtheit zum Teil erstaunlich modern wirkenden Illustrationen und die sachlich-knappen Beschreibungen des Wunderzeichenbuches vermitteln auf eindringliche Weise eine Vorstellung von den Sorgen und Ängsten des 16. Jahrhunderts, von apokalyptischem Denken und eschatologischem Hoffen. In seinem enzyklopädischen Streben nach Vollständigkeit verrät das Wunderzeichenbuch aber zugleich eine auch für die deutsche Renaissance charakteristische Neugierde, die durchaus wissenschaftliche Züge trägt und durch das Verarbeiten unterschiedlicher Text- und Bildquellen hier zu einer regelrechten Chronik des Schreckens führte.Der vorliegende Faksimileband gibt das Augsburger Wunderzeichenbuch erstmals vollständig wieder und macht damit eines der bedeutendsten Werke der deutschen Renaissance den Kunstliebhabern und der Forschung zugänglich. Zur Einführung in die Handschrift dient ein wissenschaftlicher Kommentar, der den Kodex in seinen kulturhistorischen Kontext einordnet und den textuellen wie visuellen Quellen dieser Handschrift nachspürt. Dabei werden Fragen nach künstlerischen und literarischen Vorläufern des Augsburger Wunderzeichenbuchs ebenso behandelt wie die Frage nach den beteiligten Künstlern und Schreibern und letztlich auch nach dem Auftraggeber und seiner Beweggründe. Eine ausführliche kodicologische Beschreibung der Handschrift und ihrer Miniaturen sowie die vollständige Transkription des Textes sind dem Faksimile als Anhang beigefügt.
Autorenporträt
Till-Holger Borchert studierte Kunstgeschichte, Musikwissenschaften und Deutsche Literatur an den Universitäten von Bonn und Bloomington (IN). Der anerkannte Experte der altniederländischen Malerei leitet seit 2002 das Groeningemuseum in Brügge. Er kuratierte zahlreiche kunst- und kulturhistorische Ausstellungen, u. a. in Brüssel, Maastricht, Rotterdam, Madrid und New York. Borchert unterrichtete Kunstgeschichte an den Universitäten von Aachen und Memphis (TN) und leitet das Flämische Forschungszentrum zur Kunst in den Burgundischen Niederlanden.Joshua P. Waterman studied art history and literature at Princeton University, where he received a Ph.D. for his dissertation on the correlation between literature and painting of the Silesian Baroque period. The proven expert for German Renaissance art worked at the Metropolitan Museum of Art in New York and was an Andrew Mellon Fellow at the Philadelphia Museum of Art. He is currently working as a research assistant at the Germanisches N

ationalmuseum in Nuremberg. Joshua P. Waterman has collaborated on several international exhibitions, including in New York, Philadelphia, Cologne and Bruges.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Als eines der "schönsten Bücher des Jahres" preist Rezensent Arno Widmann das von Till-Holger Borchert und Joshua P. Waterman herausgegebene "Wunderzeichenbuch". Der Kritiker erfreut sich nicht nur an den detaillierten und erklärenden Aufsätzen der Herausgeber, sondern blättert auch mit Genuss in der Faksimilie-Ausgabe des Mitte des 16. Jahrhunderts in Augsburg entstandenen Buches, das Wunder von der Sintflut über Missgeburten, Erdbeben, Sonnenfinsternisse und goldene Kugeln, die vom Himmel kommen bis zur Offenbarung des Johannes verzeichnet. Neben den zahlreichen Aquarellen und Gouachen bewundert Widmann die protokollierenden Texte, die - ganz ohne theologisch-moralische Deutung und Erklärungs-Theorien - die außergewöhnlichen Beobachtungen notieren. Dieses im wahrsten Sinne des Wortes wunderbare Buch kann der Rezensent nur unbedingt empfehlen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.12.2013

Vom Himmel hoch
Über die Schönheit der Apokalypse und ein herrlich mirakulöses Buch: Das um 1552 entstandene und jüngst
wiederentdeckte Augsburger Wunderzeichenbuch liegt erstmals in einer Faksimileausgabe vor
VON WILLI WINKLER
Die Welt geht unter, seit es sie gibt. Kaum hatte Gott die unsere erschaffen, ließ er sie, seiner Schöpfung herzlich überdrüssig, jämmerlich ersaufen. Nur Noah und die Seinen durften sich retten, dazu das liebe Vieh, zwei von jeder Art, damit die Überlebenden denn auch was zu beißen hätten, wenn sie nach vierzig Tagen und vierzig Nächten wieder hervorkamen aus der verpichten Kiste.
  Auch Sodom und Gomorra gingen wie versprochen unter in Feuer und Schwefel, über das Pharaonen-Regime senkte sich ägyptische Finsternis, Belsazars Tage wurden gezählt, und Jeremias, Jesaja oder Jonas hörten nicht auf, das nächste unmittelbar bevorstehende Ende zu verkünden. Viel, viel später starb der Indianer, der Wald, der Sozialismus und die gute alte Zeit. Wer nicht gleich draufging, tanzte auf dem Vulkan, des allzeit drohenden Untergangs wohlbewusst.
  Dem Apokalyptiker Johannes zufolge sollten die abscheulichsten Monstren erscheinen, ehe noch der Jüngste Tag samt beigeordnetem Gericht heraufdämmerte. In Ermangelung des Internets wurde es, kaum dass der Druck erfunden, auf Flugschriften herbeibefürchtet. Ständig erschienen rätselhafte Kometen am Himmel, Sonne und Mond vermehrten sich wundersam, Kälber mit zwei Köpfen, Hasen mit überzähligen Beinen, allerlei siamesische Zwillinge wurden geboren. Das musste doch was zu bedeuten haben, und in der paranoiden Erlösungsgesellschaft der protestantischen Morgenröte konnte damit nur das gemeint sein, was der Stammvater Martin Luther ohnehin predigte: dass es nämlich zu Ende gehe mit der Welt – und der Mensch sich lieber gleich um einen gnädigen Gott bemühen möge.
  Dieses terroristische System gebar aber einige der schönsten Wunderzeichen und noch schönerer Wundertiere, die Menschen- und Malerverstand nur aussinnen konnten. Wer Weihnachten nicht fürchtet, wird auch an diesem Buch seine helle Freude haben. Ja, es geschehen noch Zeichen und Wunder, und eins davon ist dieses herrlich apokalyptische Buch, das 2009 auf einer Auktion in London auftauchte und sogleich wieder in einer Privatsammlung verschwand, aber zum Glück jetzt faksimiliert vorliegt.
  Es muss um das Jahr 1552 in der Freien Reichsstadt Augsburg entstanden sein, das Werk stammt vermutlich von Heinrich Vogtherr und dem in der Kunstgeschichte gern als talentlos geschmähten Hans Burgkmair dem Jüngeren, jedenfalls schreibt der im Jahresblatt 1529 frech unters Bild: Dass am 14. Januar dieses Jahres in Langweid bei Augsburg ein Kalb mit zwei Köpfen tot geboren worden sei, „vnnd ich hanns burckmair maler hab die haut vmb ein halben gulden kaufft“.
  Es muss noch zu Beginn der Neuzeit, in der Renaissance, eine gewaltige Angstlust geherrscht haben, die heute keineswegs vollständig eskamotiert ist, sondern sich vorsichtshalber in die Fantasy zurückgezogen hat. Der Auftraggeber für dieses Warn-Werk ist unbekannt, die Botschaft dafür überdeutlich: Das Ende war noch nie so nah wie heute. Im Stil der Votivtafeln an Wallfahrtskapellen, mit denen Pilger für eine wundersame Errettung oder die vollständige Genesung nach einem schrecklichen Unfall danken, unken und ahnden die schwäbischen Moritatenerzähler mit Himmels- und irdischen Gefahren, eingebildeten oder tatsächlichen Sensationen oder auch nur Wetterkapriolen.
  In versponnener, manchmal fast heiterer Manier malen sie sich nach den biblischen Plagen und Katastrophen streng nach Jahreszahlen geordnet allerlei See-Ungeheuer, Tragelaphen, heilige und weltliche Monstren aus, die sich jeder Klassifikation entziehen. Heuschrecken fressen den Menschen die Nahrung weg, die Pest bricht aus in vielerlei Gestalt, ständig regnet es Unheil vom Himmel, der doch den Gerechten taugen sollte, Erdbeben köpfen die Skyline mittelalterlicher Städte, dass selbst Osama bin Laden grün vor Neid geworden wäre.
  Es ist eine naive, manchmal unbeholfene Art, aber die Kunsthistoriker, darunter die beiden hochgelahrten Herausgeber, haben die Vorlagen für eine Vielzahl von Bildmotiven bei Dürer, Cranach, Holbein oder Beham oder in der Schedel’schen Weltchronik gefunden. Es handelt sich dennoch um ein eigenständiges Werk, schon deshalb, weil es eine so beispiellose Sammlung biblischen und weltlichen Katastrophen vorführt.
  Das Schönste aber ist die Botschaft, die nach fast einem halben Jahrtausend aus diesen Weissagungsseiten leuchtet: Die Apokalypsen kommen und gehen, die Welt, sie mag trotzdem nicht untergehen.
Till-Holger Borchert und Joshua P. Waterman: The Book of Miracles. Dreisprachige Ausgabe. Taschen Verlag, Köln 2013. Faksimile und Begleitheft, zusammen 560 Seiten, 99,99 Euro.
Das Werk stammt vermutlich
von Heinrich Vogtherr und
Hans Burgkmair dem Jüngeren
Für eine Vielzahl von Bildmotiven
lassen sich Vorläufer in der
Kunstgeschichte identifizieren
Unsere Abbildung zeigt einen Kometen, der im Jahr 1351 im Dezember am Himmel erschienen war. Danach kamen starke Winde auf, und man sah einen feurigen Balken vom Himmel fallen, was als Symbol für den Zwist zwischen Kaiser und Papst gedeutet wurde. Ein Streit um die Lufthoheit über die Symbole und Wunderzeichen.  
Abb.: aus dem besprochenen Band
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.01.2014

Vielleicht wird's ja ein Jahr mit richtigem Kometenwein

Im Sommer des gerade begonnenen neuen Jahres wird die europäische Raumsonde Rosetta beim Kometen Churyumov-Gerasimenko angekommen sein. Im November soll ein Landemodul auf dem Kometenkern aufsetzen. Zum ersten Mal wird dann aus einem der Himmelskörper, die über viele Jahrhunderte als Zeichen am Himmel galten, ein Objekt der direkten physikalischen Erforschung geworden sein.

Unsere Abbildung schlägt den Bogen zurück zur Wahrnehmung der Kometen als göttliche Zeichen: nicht ins Mittelalter, wo sie als Boten Gottes durchaus positiv gedeutet wurden, sondern ins sechzehnte Jahrhundert, das aus ihnen schlimme Vorzeichen und Unglücksbringer machte. Das Bild stammt aus dem Augsburger Wunderzeichenbuch, einer um die Mitte des Jahrhunderts zusammengestellten Handschrift, die nun zum ersten Mal vollständig in einer Faksimileausgabe vorliegt ("Das Wunderzeichenbuch". Mit einem Begleitband in Deutsch, Englisch und Französisch. Hrsg. von Till-Holger Borchert und Joshua P. Waterman. Taschen Verlag, Köln 2013. 560 S., Abb., geb., 99,99 [Euro]).

Der private Auftraggeber, der die Bilder und die ihnen zugeordneten kurzen Texte anfertigen ließ, ist nicht bekannt. Aber seine Aufmerksamkeit für alte und neuere Wunderzeichen war durchaus zeittypisch. Insbesondere in den protestantischen Landen kursierten Einblattdrucke und Flugschriften, die außergewöhnliche Zeichen mit Appellen zur Buße und Warnungen vor der hereinbrechenden Endzeit verknüpften. Auch größere Sammlungen solcher Zeichen entstanden, in denen die Kometen neben wunderbaren Naturerscheinungen aller Art stehen.

Die Augsburger Sammlung setzt ein mit Darstellungen göttlicher Eingriffe, die im Alten Testament erzählt werden, führt dann von der Antike bis in ihre unmittelbare Entstehungszeit und schließt mit Bildern der Endzeit nach der Offenbarung des Johannes. Insgesamt umfasst sie 167 in Gouache und Aquarell ausgeführte großformatige Blätter. Die Beiträge des Begleitbands führen bündig in die historischen Anbahnungen und den zeitgenössischen Kontext des Buchs ein. Die lakonischen Texte werden transkribiert. Derjenige auf dem abgebildeten Blatt lautet: "Im 1533. Jahr ... ist ein grausamer Komet erschienen und auch viele Tage danach gesehen worden, den die Astronomen gedeutet haben, als sich danach ein Aufruhr in Deutschland ereignet hat etc." (hmay)

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