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Museumsbauten gehören zu den anspruchsvollsten und gleichzeitig auch spannendsten Bauaufgaben unserer Zeit. Victoria Newhouse dokumentiert die Geschichte dieser "Kathedralen des 20. Jahrhunderts" und zeichnet deren Perspektiven auf dem Weg ins nächsteJahrtausend. Zahlreise Reisen durch die USA und Europa, Diskussionen mit Architekten, Museumsdirektoren, Kuratoren und Künstlern bilden die Grundlage dieser außergewöhnlichen Untersuchung, die die aktuellen Entwürfe als Antwort auf zeitgenössische Kunstauffassung versteht und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Zukunft der…mehr

Produktbeschreibung
Museumsbauten gehören zu den anspruchsvollsten und gleichzeitig auch spannendsten Bauaufgaben unserer Zeit. Victoria Newhouse dokumentiert die Geschichte dieser "Kathedralen des 20. Jahrhunderts" und zeichnet deren Perspektiven auf dem Weg ins nächsteJahrtausend. Zahlreise Reisen durch die USA und Europa, Diskussionen mit Architekten, Museumsdirektoren, Kuratoren und Künstlern bilden die Grundlage dieser außergewöhnlichen Untersuchung, die die aktuellen Entwürfe als Antwort auf zeitgenössische Kunstauffassung versteht und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Zukunft der Museumsarchitektur ableitet.
Anhand unterschiedlicher Themenbereiche beschreibt die Autorin in dem mit eindrucksvollen Fotos ausgestatteten Band die Verflechtungen zwischen Museen, Sammlern, Stiftungen, Künstlern und der Öffentlichkeit und nimmt eine kritische Beurteilung der Architekturkonzepte vor, die ganz neue Wege der Interaktion von Kunst und Publikum beschreiten.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.1998

Wunderkerzenkammern
Victoria Newhouse bestaunt Museen / Von Dieter Bartetzko

Die Event-Kultur trat nicht, wie oft behauptet wird, 1977 mit Renzo Pianos und Richard Rogers' Pariser "Centre Pompidou" in die Welt. Für die Architekturhistorikerin Victoria Newhouse sind die Kuriositätenkabinette italienischer Fürsten die Orte, an denen sich Architektur und Kunst zum erstenmal zum reinen Kult der Zerstreuung verbündeten.

"Durch all seine Innovationen kehrte das Centre Pompidou gewissermaßen zum Lustprinzip der ersten Renaissancemuseen zurück", schreibt sie. Womit aus ihrer Sicht endgültig das Museum der Aufklärung und das der Kunstanbetung des neunzehnten Jahrhunderts verabschiedet wurden. Weder für das eine, "wo Pflicht den Vorrang vor Vergnügen gewann", noch für das andere, welches "als sakraler Raum" gestaltet wurde, hat Victoria Newhouse viel übrig. Deshalb erklärt sie ohne großes Federlesen die neuen feierlichen Museumsbauten wie zum Beispiel Mario Bottas "Museum of Modern Art" in San Francisco oder Richard Meiers "Museu d'Art Contemporani" in Barcelona zu Nachzüglern.

Unserem Jahrhundert - dafür legt die Autorin eindrucksvolle Zahlen vor - ist das Museum geworden, was dem neunzehnten Jahrhundert die Oper war. Vielleicht hätte sie eher vom Vaudeville sprechen sollen. Denn ihre Sympathie gilt jenen exaltierten neuen Bauten, die dem "Aufkommen des Museums als Unterhaltung" adäquat sind - das erstarrte Wunderkerzenflirren, das Frank O. Gehrys Guggenheim-Museum in Bilbao zeigt, der überwältigende Wandergletscher, zu dem derselbe Architekt das "Frederick R. Weisman Art Museum" in Minnesota gestaltet hat, die knallbunt zerknitterte Wundertütenarchitektur von Coop Himmelblaus Groninger Museum, Tadao Andos Mikadospiel aus rohem und seidenglattem Beton, das in Kyoto keine Originale präsentiert, sondern, als Teil des "Garden of Fine Arts", witterungsbeständige Kopien klassischer Gemälde unter freiem Himmel erleben läßt.

Eingenommen von Museumsbauten als Kunstwerken eigenen Rechts, kritisiert Newhouse die spektakulären neuen Erweiterungen des Louvre, der Londoner National Gallery und des New Yorker Guggenheim-Museums als "Flügel, die nicht fliegen". Gebannt von der tatsächlich überwältigenden Fülle der Museumsbauten, die im letzten Jahrzehnt entstanden sind, nennt sie das zwanzigste Jahrhundert eines, daß sich selbst in allem museal geworden sei - und übersieht, daß schon der Sammeleifer der Renaissance die gesamte damals bekannte Welt im Blick hatte, ganz zu schweigen vom fanatischen Aufbewahrungs- und Ausstellungseifer des neunzehnten Jahrhunderts.

Ihm huldigte der Londoner Kristallpalast, der ja nicht nur den Fortschritt, sondern auch die Geschichte, nicht nur Dampfmaschinen und Marmorskulpturen, sondern auch neue Nähnadeln, gotische Schnabelschuhe, indische Saris und afrikanische Boote feierlich ausstellte. Berauscht wie in Tausendundeiner Nacht, so schrieben 1851 Journalisten, wandere man durch Tom Paxtons Glashallen. Mit Hinweisen auf die rauschafte Wechselwirkung von virtuellen und wirklichen Szenerien, mit Environments zwischen Kunstwerken, Monitoren, Bookshop und Cafeteria werben heute neue Museen. Einige Jahrhunderte kulturellen Trainings sorgen dafür, daß heutige Museumsbesuche nicht gar so verwirrend sind, wie Victoria Newhouse unterstellt. Ihre "Wege zu einem neuen Museum" mögen vom Cyberspace und dessen neuen Künsten überflimmert sein, sie sind trotzdem noch die alten Pfade von Aufklärung und Empfindung mittels Kunst.

Auf ihnen ist das Buch ein guter Wegweiser. Jedes der von Newhouse vorgestellten neuen Museen (sie beschränkt sich auf Amerika und Europa) wird knapp und präzise beschrieben. Sie flicht Kurzbiographien von Sammlern und Architekten ein und gibt kritische Urteile nicht nur über die Bauwerke, sondern oft auch über die darin ausgestellten Kunstwerke ab. Nachzuprüfen sind sie an der Fülle der vielfach farbigen und immer interpretierenden Architekturfotografien, die selbst noch im Kleinstformat fesseln. Die letzte Abbildung des Bandes zeigt kein Bauwerk, sondern schwefelgelb aufschießende Lava oder eine Stichflamme, ein Detail aus Bill Violas "The Crossing" von 1996. Die Sichtweise der gebildeten Kunstliebhaberin und ausgebildeten Architekturkennerin ist in anregender Weise eingeschränkt.

Victoria Newhouse: "Wege zu einem neuen Museum". Museumsarchitektur im 20. Jahrhundert. Aus dem Englischen von Barbara Heß, Renate Splinter, Annette Wiethüchter. Hatje Verlag, Ostfildern 1998. 287 S., 289 Farb- u. S/W-Abb., geb., 128,- DM.

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