Die letzten zwanzig Jahre des Kalten Krieges brachten trotz aller Konflikte eine neue, auf antagonistische Kooperation und Transformation ausgelegte Dynamik in die Ost-West- Beziehungen. Vor dem Hintergrund der aktuellen transatlantischen Debatte über die langfristigen Ursachen von 1989 spüren renommierte internationale Historiker diesen Entwicklungen unter sicherheits- und deutschlandpolitischen Fragestellungen nach. Sie analysieren neben der Sicherheits- und Entspannungspolitik den Einfluss der internationalen Militärpolitik auf die Bundesrepublik und die DDR. Ferner setzen sie sich mit den Wechselwirkungen zwischen Innen- und Außenpolitik, den sich wandelnden militärischen Bedrohungsszenarien, den Konfrontation der Bündnisse an ihren Außengrenzen sowie der Bedeutung der ungelösten deutschen Frage im Endspiel des Ost-West-Konflikts auseinander.
"ausgezeichnete Beiträge" -- Werner Link, FAZ 1.12.2013
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Wandel durch Annäherung oder umgekehrt, das fragt sich Werner Link nach der Lektüre dieses mit achtzehn Beiträgen zur heißen Vorphase der Wiedervereinigung angefüllten Bandes vom Potsdamer Zentrum für Militärgeschichte. Die vielen unterschiedlichen methodischen Ansätze im Band machen Link keine Schwierigkeiten. Sehr wohl aber stößt er sich an Dichotomien bei der Beurteilung des KSZE-Prozesses und der westdeutschen Ostpolitik, etwa in einem Beitrag von Stephan Kieninger und Oliver Bange. Den dort konstruierten Gegensatz von Status-quo-Politik und Transformationspolitik findet der Rezensent fragwürdig. Die im Fokus stehenden Entspannungspolitik, meint er, sei beides gewesen. Überzeugt hat ihn hingegen der Nachweis, dass die KSZE förderlich war für die Oppositionsbewegungen in der DDR und in Osteuropa. Ausgezeichnet gefallen hat ihm ein Beitrag über die operativen Planungen von NVA und NATO in den 80er Jahren.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.12.2013Antagonistische Kooperation
Die Bonner Republik und der SED-Staat unter den Bedingungen des Ost-West-Konflikts
Nicht die eigentliche Phase der Wiedervereinigung, sondern die zwei Jahrzehnte zuvor, in denen beide deutsche Staaten in ihren antagonistischen Bündnissen unter den Bedingungen des Ost-West-Konflikts existierten und operierten, sind Gegenstand der Analysen dieses Sammelbandes vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam. Das voluminöse Buch fasst Forschungsergebnisse einzelner Wissenschaftler zusammen, die mit unterschiedlichen Methoden und Konzepten gearbeitet haben. Auch die zentralen Begriffe - wie Ost-West-Konflikt, Kalter Krieg und Détente - differieren. In einem Punkt besteht jedoch weitgehend eine terminologische Gemeinsamkeit, nämlich in der Auffassung, dass die Détente als "antagonistische Kooperation" zu begreifen ist.
Nach der Herstellung der beiderseitigen nuklearen Zweitschlagfähigkeit und der "gesicherten gegenseitigen Vernichtungsfähigkeit" Ende der sechziger Jahre bestand ein Zwang zur Kooperation - trotz des Fortbestandes des machtpolitischen und ideologischen Antagonismus -, um einen Nuklearkrieg zu verhindern und den Ost-West-Konflikt zu regulieren. Welche Möglichkeiten politischer Veränderungen sich unter diesen Bedingungen ergaben, war nicht nur, aber in besonderem Maße für die beiden deutschen Staaten eine zentrale Frage. Dem Eingangsbeitrag von Gottfried Niedhart über den "Ost-West-Konflikt und die Deutsche Frage 1949-1969" folgen siebzehn Aufsätze zu sechs thematischen Schwerpunkten. Die Herausgeber haben sie in der ausführlichen Einleitung jeweils zusammenfassend referiert, so dass der Leser sich leicht einen Überblick verschaffen kann. Nur einige Aspekte können an dieser Stelle erwähnt werden.
In erster Linie gehört dazu die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), die 1975 mit einer "Schlussakte" in Helsinki abgeschlossen wurde und dann mit Folgekonferenzen den sogenannten KSZE-Prozess begründete, der das "Gesicht Europas" veränderte (Gottfried Niedhart). Dies wird ausführlich analysiert - in Verbindung mit der westdeutschen Ostpolitik (Hinnahme des Status quo, um ihn schrittweise zu verändern). Dabei ist bemerkenswert, dass Stephan Kieninger und Oliver Bange einen dichotomischen Gegensatz und Wettbewerb konstruieren, nämlich Transformationsstrategie versus Status-quo-Détente. Der amerikanische Präsident Richard Nixon und sein Sicherheitsberater Henry Kissinger gelten als Status-quo-Politiker, ein "Netzwerk" aus westeuropäischen Politikern (insbesondere Willy Brandt und Egon Bahr) und Vertretern des Washingtoner State Department als Transformationspolitiker.
Auch die sowjetische Politik der "friedlichen Koexistenz" sei "statisch" auf die Absicherung des Status quo angelegt gewesen. Durch das Prinzip des "peaceful change of frontiers" (neben dem Prinzip der "Unverletzlichkeit der Grenzen") und durch den sogenannten Korb III (Zusammenarbeit in humanitären und anderen Bereichen, das heißt menschliche Kontakte, freie Verbreitung von Informationen, kultureller Austausch) sei die Transformationsstrategie in der KSZE-Schlussakte kodifiziert worden, habe sich also diese Richtung gegen Kissingers Status-quo-Politik durchgesetzt. Wie fragwürdig diese Dichotomisierung und die Akteurszuordnung sind, ergibt sich schon allein aus der Tatsache, dass das Prinzip des "peaceful change of frontiers" (auf dem die Bundesrepublik Deutschland bestand, um sich die Wiedervereinigung als Möglichkeit offenzuhalten) nicht im offiziellen Konferenzrahmen, sondern von Kissinger bilateral mit der Sowjetunion ausgehandelt wurde. Stephan Kieninger begegnet diesem Sachverhalt mit einem kuriosen Argument: Kissingers auf den Erhalt des Status quo fixierte Entspannungspolitik sei Ende 1974 "an einem toten Punkt" angelangt, und deshalb sei ihm "nichts anderes übriggeblieben, als sich hinter die zentralen transformationspolitischen Forderungen zu stellen".
Was die angeblich statisch Status-quo-orientierte sowjetische Politik der friedlichen Koexistenz anbelangt, so ist diese These ebenfalls fragwürdig. Denn dieses Konzept beinhaltete ja ausdrücklich als konstitutives Element die Verschärfung des ideologischen internationalen Klassenkampfes und die Offensive in den Ländern der Dritten Welt. Und in Europa wurde mit der gleichzeitigen Dislozierung der SS 20 eine Politik betrieben, die - nach der Einschätzung des Bundeskanzlers Helmut Schmidt (SPD) - künftig eine politische Erpressung, also eine Veränderung des Status quo zugunsten der Sowjetunion, ermöglichen sollte. Indem Kieninger schließlich zugesteht, dass Kissinger "immerhin mittelfristig" stabile Rahmenbedingungen für den Liberalisierungsprozess hinter dem Eisernen Vorhang geschaffen habe, wird erst recht deutlich: Der konstruierte Gegensatz ist für das Verständnis der KSZE- und der Ostpolitik ungeeignet. Détente-Politik war Status-quo-Politik und (nicht: oder) Transformationsstrategie.
Überzeugend ist der Nachweis in den genannten und in weiteren Beiträgen, dass der KSZE-Prozess die Oppositionsbewegungen in Osteuropa und in der DDR erheblich gefördert hat. Allerdings gibt Csaba Békés (Budapest) zu bedenken, dass Korb III und die Menschenrechtskampagnen des Westens (unter Präsident Jimmy Carter vor allem der Vereinigten Staaten) nur eine "marginale Rolle" beim Zusammenbruch der kommunistischen Regime gespielt haben. Wichtiger sei Korb II (Zusammenarbeit in den Bereichen der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Technik sowie der Umwelt) gewesen. Die zunehmende wirtschaftliche Zusammenarbeit habe zu einer ernsthaften wirtschaftlichen und finanziellen Abhängigkeit und Verschuldung des Ostens gegenüber dem Westen geführt und Ende der achtziger Jahre den Prozess des Zusammenbruchs der kommunistischen Systeme wesentlich beschleunigt. Vor allem sei die Sowjetunion "im Wettrüsten" in die Knie gezwungen worden. Bezüglich der Endphase des Ost-West-Konflikts, in der die deutsche Wiedervereinigung möglich wurde, gewichtet Békés sehr stark die Rolle Ungarns.
Abschließend sei noch kurz auf die ausgezeichneten Beiträge über die operativen Planungen der beiden Bündnisse hingewiesen. Siegfried Lautsch (1983 bis 1987 Leiter der Operationsabteilung des Militärbezirks V der DDR und später Stabsoffizier der Bundeswehr) beschreibt und analysiert die Planungen der NVA und Helmut R. Hammerich (Zentrum für Militärgeschichte) diejenigen der Nato in den achtziger Jahren, jeweils bezogen auf den norddeutschen Raum. Ebenso wie die Nato ging der Warschauer Pakt von einem Kriegsbeginn der anderen Seite aus, hielt aber beim Vorliegen zuverlässiger Erkenntnisse über tatsächliche Angriffsabsichten des Gegners eine zuvorkommende eigene Offensive für möglich und bereitete sich darauf vor. Die Nato-Operationsplanungen sahen eine bewegliche Verteidigung auf eigenem Territorium vor, wobei wegen der konventionellen Unterlegenheit der frühzeitige Einsatz von Nuklearwaffen als notwendig erachtet wurde. Die Unzulänglichkeiten der Nato-Planungen und die daraus resultierende "Glaubwürdigkeitslücke" legen nach Hammerichs Einschätzung die These nahe, dass letztlich das strategische Nuklearpotential der Vereinigten Staaten "hinreichend für eine funktionierende Abschreckung" gewesen ist. Zudem war der Zweifel an der Realisierung eines beschränkten Kriegs in Europa, so Bernd Lemke, sehr berechtigt.
Die Offensivstrategie des Warschauer Pakts, die nach Kriegsbeginn den Durchbruch bis zum Rhein plante, war bis 1985 gültig. Dann wurde sie durch ein klares Defensivprinzip ersetzt. 1985 ist also auch unter dem Aspekt der operativen Planungen das Scharnierjahr für die Wende im Ost-West-Konflikt, die zu seinem Ende und damit zur Wiedervereinigung Deutschlands führte. Nach der Lektüre des Bandes wird man die Frage weiter diskutieren wollen, welche Kurzformel adäquat ist: Wandel durch Annäherung oder Annäherung (und dann Wiedervereinigung) durch Wandel.
WERNER LINK
Oliver Bange/Bernd Lemke (Herausgeber): Wege zur Wiedervereinigung. Die beiden deutschen Staaten in ihren Bündnissen 1970 bis 1990. Oldenbourg Verlag, München 2013. 404 S., 44,95 [Euro].
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Die Bonner Republik und der SED-Staat unter den Bedingungen des Ost-West-Konflikts
Nicht die eigentliche Phase der Wiedervereinigung, sondern die zwei Jahrzehnte zuvor, in denen beide deutsche Staaten in ihren antagonistischen Bündnissen unter den Bedingungen des Ost-West-Konflikts existierten und operierten, sind Gegenstand der Analysen dieses Sammelbandes vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam. Das voluminöse Buch fasst Forschungsergebnisse einzelner Wissenschaftler zusammen, die mit unterschiedlichen Methoden und Konzepten gearbeitet haben. Auch die zentralen Begriffe - wie Ost-West-Konflikt, Kalter Krieg und Détente - differieren. In einem Punkt besteht jedoch weitgehend eine terminologische Gemeinsamkeit, nämlich in der Auffassung, dass die Détente als "antagonistische Kooperation" zu begreifen ist.
Nach der Herstellung der beiderseitigen nuklearen Zweitschlagfähigkeit und der "gesicherten gegenseitigen Vernichtungsfähigkeit" Ende der sechziger Jahre bestand ein Zwang zur Kooperation - trotz des Fortbestandes des machtpolitischen und ideologischen Antagonismus -, um einen Nuklearkrieg zu verhindern und den Ost-West-Konflikt zu regulieren. Welche Möglichkeiten politischer Veränderungen sich unter diesen Bedingungen ergaben, war nicht nur, aber in besonderem Maße für die beiden deutschen Staaten eine zentrale Frage. Dem Eingangsbeitrag von Gottfried Niedhart über den "Ost-West-Konflikt und die Deutsche Frage 1949-1969" folgen siebzehn Aufsätze zu sechs thematischen Schwerpunkten. Die Herausgeber haben sie in der ausführlichen Einleitung jeweils zusammenfassend referiert, so dass der Leser sich leicht einen Überblick verschaffen kann. Nur einige Aspekte können an dieser Stelle erwähnt werden.
In erster Linie gehört dazu die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), die 1975 mit einer "Schlussakte" in Helsinki abgeschlossen wurde und dann mit Folgekonferenzen den sogenannten KSZE-Prozess begründete, der das "Gesicht Europas" veränderte (Gottfried Niedhart). Dies wird ausführlich analysiert - in Verbindung mit der westdeutschen Ostpolitik (Hinnahme des Status quo, um ihn schrittweise zu verändern). Dabei ist bemerkenswert, dass Stephan Kieninger und Oliver Bange einen dichotomischen Gegensatz und Wettbewerb konstruieren, nämlich Transformationsstrategie versus Status-quo-Détente. Der amerikanische Präsident Richard Nixon und sein Sicherheitsberater Henry Kissinger gelten als Status-quo-Politiker, ein "Netzwerk" aus westeuropäischen Politikern (insbesondere Willy Brandt und Egon Bahr) und Vertretern des Washingtoner State Department als Transformationspolitiker.
Auch die sowjetische Politik der "friedlichen Koexistenz" sei "statisch" auf die Absicherung des Status quo angelegt gewesen. Durch das Prinzip des "peaceful change of frontiers" (neben dem Prinzip der "Unverletzlichkeit der Grenzen") und durch den sogenannten Korb III (Zusammenarbeit in humanitären und anderen Bereichen, das heißt menschliche Kontakte, freie Verbreitung von Informationen, kultureller Austausch) sei die Transformationsstrategie in der KSZE-Schlussakte kodifiziert worden, habe sich also diese Richtung gegen Kissingers Status-quo-Politik durchgesetzt. Wie fragwürdig diese Dichotomisierung und die Akteurszuordnung sind, ergibt sich schon allein aus der Tatsache, dass das Prinzip des "peaceful change of frontiers" (auf dem die Bundesrepublik Deutschland bestand, um sich die Wiedervereinigung als Möglichkeit offenzuhalten) nicht im offiziellen Konferenzrahmen, sondern von Kissinger bilateral mit der Sowjetunion ausgehandelt wurde. Stephan Kieninger begegnet diesem Sachverhalt mit einem kuriosen Argument: Kissingers auf den Erhalt des Status quo fixierte Entspannungspolitik sei Ende 1974 "an einem toten Punkt" angelangt, und deshalb sei ihm "nichts anderes übriggeblieben, als sich hinter die zentralen transformationspolitischen Forderungen zu stellen".
Was die angeblich statisch Status-quo-orientierte sowjetische Politik der friedlichen Koexistenz anbelangt, so ist diese These ebenfalls fragwürdig. Denn dieses Konzept beinhaltete ja ausdrücklich als konstitutives Element die Verschärfung des ideologischen internationalen Klassenkampfes und die Offensive in den Ländern der Dritten Welt. Und in Europa wurde mit der gleichzeitigen Dislozierung der SS 20 eine Politik betrieben, die - nach der Einschätzung des Bundeskanzlers Helmut Schmidt (SPD) - künftig eine politische Erpressung, also eine Veränderung des Status quo zugunsten der Sowjetunion, ermöglichen sollte. Indem Kieninger schließlich zugesteht, dass Kissinger "immerhin mittelfristig" stabile Rahmenbedingungen für den Liberalisierungsprozess hinter dem Eisernen Vorhang geschaffen habe, wird erst recht deutlich: Der konstruierte Gegensatz ist für das Verständnis der KSZE- und der Ostpolitik ungeeignet. Détente-Politik war Status-quo-Politik und (nicht: oder) Transformationsstrategie.
Überzeugend ist der Nachweis in den genannten und in weiteren Beiträgen, dass der KSZE-Prozess die Oppositionsbewegungen in Osteuropa und in der DDR erheblich gefördert hat. Allerdings gibt Csaba Békés (Budapest) zu bedenken, dass Korb III und die Menschenrechtskampagnen des Westens (unter Präsident Jimmy Carter vor allem der Vereinigten Staaten) nur eine "marginale Rolle" beim Zusammenbruch der kommunistischen Regime gespielt haben. Wichtiger sei Korb II (Zusammenarbeit in den Bereichen der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Technik sowie der Umwelt) gewesen. Die zunehmende wirtschaftliche Zusammenarbeit habe zu einer ernsthaften wirtschaftlichen und finanziellen Abhängigkeit und Verschuldung des Ostens gegenüber dem Westen geführt und Ende der achtziger Jahre den Prozess des Zusammenbruchs der kommunistischen Systeme wesentlich beschleunigt. Vor allem sei die Sowjetunion "im Wettrüsten" in die Knie gezwungen worden. Bezüglich der Endphase des Ost-West-Konflikts, in der die deutsche Wiedervereinigung möglich wurde, gewichtet Békés sehr stark die Rolle Ungarns.
Abschließend sei noch kurz auf die ausgezeichneten Beiträge über die operativen Planungen der beiden Bündnisse hingewiesen. Siegfried Lautsch (1983 bis 1987 Leiter der Operationsabteilung des Militärbezirks V der DDR und später Stabsoffizier der Bundeswehr) beschreibt und analysiert die Planungen der NVA und Helmut R. Hammerich (Zentrum für Militärgeschichte) diejenigen der Nato in den achtziger Jahren, jeweils bezogen auf den norddeutschen Raum. Ebenso wie die Nato ging der Warschauer Pakt von einem Kriegsbeginn der anderen Seite aus, hielt aber beim Vorliegen zuverlässiger Erkenntnisse über tatsächliche Angriffsabsichten des Gegners eine zuvorkommende eigene Offensive für möglich und bereitete sich darauf vor. Die Nato-Operationsplanungen sahen eine bewegliche Verteidigung auf eigenem Territorium vor, wobei wegen der konventionellen Unterlegenheit der frühzeitige Einsatz von Nuklearwaffen als notwendig erachtet wurde. Die Unzulänglichkeiten der Nato-Planungen und die daraus resultierende "Glaubwürdigkeitslücke" legen nach Hammerichs Einschätzung die These nahe, dass letztlich das strategische Nuklearpotential der Vereinigten Staaten "hinreichend für eine funktionierende Abschreckung" gewesen ist. Zudem war der Zweifel an der Realisierung eines beschränkten Kriegs in Europa, so Bernd Lemke, sehr berechtigt.
Die Offensivstrategie des Warschauer Pakts, die nach Kriegsbeginn den Durchbruch bis zum Rhein plante, war bis 1985 gültig. Dann wurde sie durch ein klares Defensivprinzip ersetzt. 1985 ist also auch unter dem Aspekt der operativen Planungen das Scharnierjahr für die Wende im Ost-West-Konflikt, die zu seinem Ende und damit zur Wiedervereinigung Deutschlands führte. Nach der Lektüre des Bandes wird man die Frage weiter diskutieren wollen, welche Kurzformel adäquat ist: Wandel durch Annäherung oder Annäherung (und dann Wiedervereinigung) durch Wandel.
WERNER LINK
Oliver Bange/Bernd Lemke (Herausgeber): Wege zur Wiedervereinigung. Die beiden deutschen Staaten in ihren Bündnissen 1970 bis 1990. Oldenbourg Verlag, München 2013. 404 S., 44,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Auch wenn man sich mit der Lösung der deutschen Frage von 1989/90 gut auskennt, erfährt man in diesem Band Neues."
Tilman Mayer in: Fachbuchjournal 6/2014
"[...] ausgezeichnete Beiträge."
Werner Link in: Frankfurter Allgemeiner Zeitung (1. 12. 2013 )
"Mit den genannten Aufsätzen leistet der Sammelband einen substanziellen Beitrag zum Rückblick auf Tatbestände der Systemkonkurrenz der zwei deutschen Staaten und zur Erhellung von Entwicklungen, die zu ihrer Überwindung durch die Wiedervereinigung geführt haben."
Gerhard Wettig in: Militärgeschichtliche Zeitschrift 73,2/2015
Tilman Mayer in: Fachbuchjournal 6/2014
"[...] ausgezeichnete Beiträge."
Werner Link in: Frankfurter Allgemeiner Zeitung (1. 12. 2013 )
"Mit den genannten Aufsätzen leistet der Sammelband einen substanziellen Beitrag zum Rückblick auf Tatbestände der Systemkonkurrenz der zwei deutschen Staaten und zur Erhellung von Entwicklungen, die zu ihrer Überwindung durch die Wiedervereinigung geführt haben."
Gerhard Wettig in: Militärgeschichtliche Zeitschrift 73,2/2015