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Der Zusammenhang von sexueller und kriegerischer Gewalt und ihre gegenseitige Beeinflussung bilden ein Forschungsfeld, das erst in Umrissen abgesteckt ist und dessen Erschließung noch in den Anfängen steht. Um so größere Bedeutung kommt dem Buch von Birgit Beck zu. Sie untersucht erstmals anhand von Verfahren deutscher Kriegsgerichte während des Zweiten Weltkriegs den Umgang der Wehrmacht mit Sexualverbrechen in den von deutschen Truppen besetzten Gebieten.
Ausgehend von den Voraussetzungen der deutschen Straf- und Militärgerichtsbarkeit zeigt die Autorin die rechtlichen Grundlagen für die
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Produktbeschreibung
Der Zusammenhang von sexueller und kriegerischer Gewalt und ihre gegenseitige Beeinflussung bilden ein Forschungsfeld, das erst in Umrissen abgesteckt ist und dessen Erschließung noch in den Anfängen steht. Um so größere Bedeutung kommt dem Buch von Birgit Beck zu. Sie untersucht erstmals anhand von Verfahren deutscher Kriegsgerichte während des Zweiten Weltkriegs den Umgang der Wehrmacht mit Sexualverbrechen in den von deutschen Truppen besetzten Gebieten.

Ausgehend von den Voraussetzungen der deutschen Straf- und Militärgerichtsbarkeit zeigt die Autorin die rechtlichen Grundlagen für die Verfolgung von Sexualstraftaten deutscher Soldaten auf, beleuchtet im direkten Vergleich zwischen West- und Ostfront die Anklagen sowie die jeweiligen Tatumstände und analysiert die Urteile und die wechselnden Kriterien für die Strafbemessung. Darüber hinaus ermöglicht sie anschauliche Einblicke in den Ablauf der Verfahren: Anhand von ausgewählten Fällen stellt sie dar, wie sich Angeklagte, Opfer und Richter sowie Zeuginnen und Zeugen vor Gericht verhielten, welche Fragen gestellt und welche Antworten gegeben wurden.

Bei der Ahndung der Straftaten stand die Frage im Mittelpunkt, inwieweit ein Soldat durch sein Vergehen zum einen die "Manneszucht", also die Disziplin der Truppe, zum anderen das "Ansehen der Wehrmacht" und zum dritten die jeweiligen Ziele der Besatzungspolitik gefährdet hatte. Je nach Kriegsschauplatz, militärischer Situation, besatzungspolitischen Absichten sowie abhängig von der Charakterisierung des Täters und von der Nationalität des Opfers kamen die Kriegsgerichte zu ganz unterschiedlichen Urteilen - ihre Spannweite reichte von Arrest und kurzen Gefängnisstrafen über langjährige Zuchthaushaft bis zur Todesstrafe. Deutlich wird, dass sexuelle Übergriffe besonders im Rahmen des Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion bagatellisiert und teilweise sogar geduldet wurden.

Das Buch hinterfragt gängige Thesen über die strategische Funktion solcher Taten und zeichnet durch die Berücksichtigung der politischen, militärischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ein differenziertes Bild von Wehrmacht und sexueller Gewalt im Zweiten Weltkrieg.

Die Autorin:

Birgit Beck , Dr. phil., geb. 1971, ist Oberassistentin für Neueste Geschichte am Historischen Institut der Universität Bern, wo sie 2002 auf der Grundlage vorliegender Arbeit promovierte.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Birgit Beck, geboren 1979, Studium der Philosophie und Geschichte an den Universitäten Regensburg und Passau. Magister Artium 2008, danach wissenschaftliche Mitarbeiterin und Lehrbeauftragte an der Universität Passau. 2009-2011 Stipendiatin der Barbara-Wengeler-Stiftung. Promotion 2012 an der Universität Passau. Seit 2011 wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kolleg-Forschergruppe Theoretische Grundfragen der Normenbegründung in Medizinethik und Biopolitik der Universität Münster. Ihre Forschungsschwerpunkte sind: Bioethik, Neuroethik, philosophische Anthropologie, Philosophie des Geistes
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.09.2005

Keine Straffreiheit
Sexualverbrechen von Wehrmachtsangehörigen 1939 bis 1945

Birgit Beck: Wehrmacht und sexuelle Gewalt. Sexualverbrechen vor deutschen Gerichten 1939-1945. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2004. 370 Seiten, 39,90 [Euro].

Die Männer werden getötet, die Frauen fallen als Beute und Lustobjekt in die Hände des Siegers, der sie demütigt und vergewaltigt. Seit der Antike sind militärische Gewalt und sexuelle Gewalt eng miteinander verbunden. Nicht allein in den chaotischen Gewaltorgien des Dreißigjährigen Krieges, sondern in nahezu allen bekannten Kriegen wurden "Weibsbilder genothzüchtiget" (Grimmelshausen). Dem standen und stehen immer wieder Versuche gegenüber, diesen besonders abstoßenden Bestandteil von Kriegen einzudämmen. Die Disziplinierung des Kriegswesens seit dem 18. Jahrhundert führte dazu, daß Vergewaltigungen und andere sexuelle Exzesse eindeutig als strafwürdige Verbrechen eingestuft wurden. Der kostspielige Berufssoldat des stehenden Heeres sollte seine Kampfkraft weder durch sexuelle Ausschweifungen noch durch die häufig damit verbundenen Geschlechtskrankheiten beeinträchtigen. Die Militärjustiz schützte die Frauen des Feindes weniger aus Menschenliebe als aus disziplinarischen und hygienischen Gründen.

Trotz aller Verbote und Strafen kam es jedoch weiterhin zu Ausbrüchen sexueller Gewalt in Kriegen. Die rassistische und ideologische Aufheizung vieler militärischer Konflikte im 20. Jahrhundert traf auch die zahllosen Frauen, die im Krieg der Willkür bewaffneter Männer ausgeliefert waren. Besonders bekannt sind die Vergewaltigungen Zehntausender Chinesinnen durch japanische Soldaten im Dezember 1937 in Nanking sowie die Massenvergewaltigungen der Roten Armee auf deutschem Gebiet 1944/45, denen wohl allein in Berlin mehr als hunderttausend Frauen zum Opfer fielen. Auch die Sexualverbrechen während des Vietnamkrieges und des jugoslawischen Bürgerkrieges stehen noch heute als besonders abschreckende Beispiele vor Augen. Häufig wurden diese Verbrechen nur nachlässig verfolgt und bestraft. Für die Fälle Nanking und Berlin deuten das Nichteingreifen der Führung und die weitgehende Straffreiheit sogar darauf hin, daß sexuelle Gewalt geduldet, vielleicht sogar als Teil einer "Strategie des Terrors" gewollt wurde.

Was liegt vor diesem historischen Hintergrund näher als die Vermutung, auch die deutschen Soldaten hätten im Zweiten Weltkrieg und besonders im "rassenideologischen Vernichtungskrieg" gegen die Sowjetunion massenhaft und systematisch vergewaltigt? Einer Armee, die so offensichtlich und willfährig dem Bösen diente, wurde auch in dieser Hinsicht nur das Schlechteste zugetraut. So war in der Diskussion um die "Verbrechen der Wehrmacht" immer wieder zu hören, gegen die sowjetischen Frauen sei sexuelle Gewalt als gezielte und von oben tolerierte Waffe eingesetzt worden. Dabei wurde meist verschwiegen, wie wenig man eigentlich über das Ausmaß, den Charakter und die Strafverfolgung von Vergewaltigungen durch die Wehrmacht wußte.

Jetzt weiß man mehr. Das ist das Verdienst der Berner Historikerin Birgit Beck, die erstmals umfassend die Verfahren deutscher Kriegsgerichte gegen Sexualstraftäter während des Zweiten Weltkriegs ausgewertet hat. Wie so häufig bei differenzierter Forschung werden die gängigen Schwarzweißthesen nicht bestätigt, weder die Annahme einer "faktischen Straffreiheit" für sexuelle Gewalt noch die gegenteilige Behauptung ihrer überwiegend "harten" Ahndung. Deutsche Soldaten haben in allen besetzten Gebieten Sexualdelikte gegen weibliche Zivilisten begangen, und überall wurden zumindest einige von ihnen dafür mit Haftstrafen, riskanter "Frontbewährung" oder sogar mit dem Tode bestraft. Bis 1944 verurteilten die Militärgerichte insgesamt 5349 Männer wegen "Sittlichkeitsvergehen".

Diese Zahl belegt allerdings auch, daß die Verfolgung von Sexualvergehen innerhalb der deutschen Militärgerichtsbarkeit mit ihren insgesamt etwa 1,5 Millionen Urteilen eine untergeordnete Rolle spielte. Die Militärjustiz diente vor allem den Interessen der Wehrmacht und des nationalsozialistischen Regimes, während der Schutz der Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten nachrangig war. Ziel der Strafverfolgung waren die Wahrung der Disziplin und die "Entfernung" von einschlägigen Sexualverbrechern, die auch in der deutschen Heimat eine Gefahr bilden könnten. Zu diesem zweckorientierten Vorgehen gehörte freilich auch, daß viele Sexualverbrechen bagatellisiert wurden, sofern die Täter als gut beleumundet und militärisch brauchbar galten. Dann wurden gerne "Alkoholrausch" und "Geschlechtsnot" als strafmildernde Gründe herangezogen. Für die Befriedigung der so definierten sexuellen Bedürfnisse von Männern wurde ein prinzipielles Verständnis gezeigt. Trotzdem galten Vergewaltigungen als der falsche Weg. Daher richtete die Wehrmacht Bordelle ein, institutionalisierte also sexuelle Gewalt, um sie dadurch zu kanalisieren.

Außerdem war der Umgang mit Sexualdelikten in der besetzten Sowjetunion ein anderer als in West- oder Nordeuropa. Der völkerrechtliche und kriegsgerichtliche Ausnahmezustand sowie die ideologische Ausrichtung des Ostfeldzugs begünstigten die Auffassung, Vergewaltigungen sowjetischer Frauen seien minderschwere Vergehen. Dennoch: Auch an der Ostfront gab es keine generelle Straffreiheit für Sexualstraftäter. Selbst dort wurden immer wieder hohe Strafen ausgesprochen, teilweise sogar ausschließlich aufgrund der Aussagen einheimischer Opfer oder Zeugen. Die Folgerungen Becks sind vorsichtig, zeigen aber in eine eindeutige Richtung. Erstens: Auch wenn die sanktionierten Fälle nur einen Bruchteil der tatsächlich erfolgten Verbrechen darstellten, weist bisher nichts darauf hin, daß die Sexualverbrechen der Wehrmacht jemals die quantitative Dimension der Massenvergewaltigungen durch die japanischen Truppen in China oder die Rote Armee in Deutschland erreicht hätten. Zweitens: Auch wenn die Wehrmacht sexuelle Gewalt nicht nur bestrafte, sondern häufig bagatellisierte und teilweise duldete, fehlt bisher jeder Nachweis dafür, daß die deutsche Seite sexuelle Übergriffe als Kriegsmittel akzeptiert oder sogar bewußt als Kriegsstrategie eingesetzt hätte. Es bleibt abzuwarten, ob eine zukünftige Forschung dieses Ergebnis grundlegend korrigieren wird. Angesichts der höchst fundierten und überzeugenden Argumente dieser vorzüglichen Studie darf man das bezweifeln.

JOHANNES HÜRTER

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Der von Wehrmachtsangehörigen begangenen Sexualverbrechen im Zweiten Weltkrieg nimmt sich die Historikerin Birgit Beck in ihrer Dissertation "Wehrmacht und sexuelle Gewalt" an. Das Quellenmaterial, auf das sie sich dabei stützt - Akten aus Freiburger, Berliner und Kornelimünsterer Bundesarchiven - gibt die betont sachliche Haltung des Werkes vor. Als entscheidende Erkenntnis kann Rezensentin Bea Lundt mitteilen, dass sexuelle Übergriffe von deutschen Soldaten auch in den besetzten Ostgebieten keineswegs vertuscht wurden. Es gab durchaus Strafverfolgung, denn man fürchtete in der Führung um das Ansehen der Truppe - und man fürchtete Geschlechtskrankheiten. 5349 Soldaten wurden in den sechs Kriegsjahren wegen "Sittlichkeitsvergehen" verurteilt - im Vergleich zu anderen Delikten eine geringe Zahl. Der typische Täter, den die Autorin ermittelt hat, war 27 Jahre alt und verheiratet, nicht viel älter als sein typisches Opfer, eine Zivilistin aus den besetzten Gebieten. Allerdings unterstellten die Gerichte den vergewaltigten Frauen grundsätzlich eine Mitschuld; zudem wurde unterschieden in "ehrbare" und "nicht-ehrbare" Frauen. Insgesamt gelangt die Rezensentin zu dem Fazit: "Eine sorgfältige und wissenschaftlich wegweisende differenzierte Überblicksdarstellung".

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