»Fridays for Future« heißen die Demonstrationen, für die sich weltweit zehntausende Jugendliche versammeln, um für eine bessere Klimapolitik zu demonstrieren - und zwar mit Wirkung. In »Wehrt euch!« finden sich sämtliche Infos, die wir für nachhaltiges politisches Engagement brauchen. Das Buch ist ein Aufruf an alle, sich aktiv einzubringen und ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen!Wie können wir uns in unserer Stadt, in der Schule, an der Universität oder im Beruf politisch engagieren? Warum sollen wir wählen gehen? Wo können wir eine Demonstration anmelden?Diese Anleitung zeigt, wie leicht es sein kann, etwas zu bewirken und die politischen und gesellschaftlichen Umstände nicht als gegeben zu akzeptieren. Aktuelle Daten, Gesetzeslagen und Möglichkeiten des Widerstands werden durch Fallbeispiele erläutert und so den jungen Leserinnen und Lesern verständlich gemacht.»Wehrt euch!« ist nach »Gegen Vorurteile« und »Informiert euch!« der dritte Wegweiser der Journalistin Nina Horaczek und des Juristen Sebastian Wiese für diejenigen, die nicht mehr einfach zuschauen möchten.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.12.2019Spaziergang
am Sonntag
Ein Buch zum Zusammenhang
von Demokratie und Engagement
Nach dem 644. Kranich kam der Tod für Sadako Sasaki, es war der 25. Oktober 1955. Acht Monate war sie im Krankenhaus gewesen, mit unheilbarer Leukämie – eine Spätfolge der Verstrahlung beim Abwurf der Atombombe auf Hiroshima – da war sie zweieinhalb, die Explosion schleuderte sie aus dem Haus, aber sie blieb dabei unverletzt. Wenn einer tausend Origami-Kraniche falte, heißt es in Japan, wo der Kranich ein heiliger Vogel ist, könne er wieder gesund werden. Nach ihrem Tod falteten Sadakos Freunde die restlichen Kraniche, eine Statue erinnert in Hiroshima an sie.
Sadako Sasaki steht im neuen Buch von Nina Horaczek und Sebastian Wiese in der Reihe jener Menschen, die sich „wehrten“, in den letzten Jahrzehnten, neben Gandhi, Malala Yousafzai, Sophie Scholl, Rosa Parks, Martin Luther King, Greta Thunberg, Emma Gonzalez, Ruby Bridges, Ed Roberts. Ein Buch über den Widerstand in all seinen Formen, national und international, durch Gebrauch politischer Institutionen und Prozeduren, oder durch deren Provokation, bis hin zum zivilen Ungehorsam.
Der Untertitel bringt, gewissermaßen als die Vorstufe des Widerstands, den Begriff des Engagements ins Spiel, die Teilnahme am politischen Prozess, der in einer repräsentativen Demokratie wie der unsrigen sehr viel komplizierter, mühsamer, manchmal frustrierender sein mag als in den Gesellschaften einst in der Antike oder in der Schweiz heute. Bei uns gibt es also regelmäßig die Möglichkeit, an den Wahlen teilzunehmen, außerdem viele Formen von privatem Engagement in Vereinen, dazu Volksbegehren oder Streik. Die Minimalform des Engagements ist die Zivilcourage, das spontane, beherzte Eingreifen bei Unfällen oder Gewalt – das heute immer mehr durch die sensationsgeile Handy-Zuguckerei ersetzt wird. Die psychologischen Mitmachertests von Stanley Milgram und anderen erklären, wieso Zivilcourage oft so zögerlich funktioniert.
Ein großer Teil des Buches ist den manchmal jahrelangen Protestaktionen gewidmet, angefangen mit der Aktion auf der von den Briten besetzten Insel Helgoland Weihnachten 1950. Danach gab es die Friedensbewegung, Atommülldemos, aber auch den blutigen Terror der RAF und die Frage nach Widerstand und Gewalt, die Schwulen- und Lesbenbewegung, die Umweltaktionen (das Bienenvolksbegehren), „Fridays for Future“, die neuen digitalen Protestformen, Hashtag und Shitstorm.
Es ist vollgepackt mit Informationen, aber ohne belehrenden Duktus, klingt manchmal gar ironisch: „Das Wahlrecht auszuüben ist nicht anstrengend. Der Aufwand beschränkt sich auf einen Sonnntagsspaziergang (zum Wahllokal) und ein Kreuz auf einem Stimmzettel (im Wahllokal).“
FRITZ GÖTTLER
Nina Horaczek,
Sebastian Wiese:
Wehrt euch! Wie du dich in einer Demokratie engagieren und die Welt verbessern kannst.
Czernin Verlag,
Wien 2019.
229 Seiten, 20 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
am Sonntag
Ein Buch zum Zusammenhang
von Demokratie und Engagement
Nach dem 644. Kranich kam der Tod für Sadako Sasaki, es war der 25. Oktober 1955. Acht Monate war sie im Krankenhaus gewesen, mit unheilbarer Leukämie – eine Spätfolge der Verstrahlung beim Abwurf der Atombombe auf Hiroshima – da war sie zweieinhalb, die Explosion schleuderte sie aus dem Haus, aber sie blieb dabei unverletzt. Wenn einer tausend Origami-Kraniche falte, heißt es in Japan, wo der Kranich ein heiliger Vogel ist, könne er wieder gesund werden. Nach ihrem Tod falteten Sadakos Freunde die restlichen Kraniche, eine Statue erinnert in Hiroshima an sie.
Sadako Sasaki steht im neuen Buch von Nina Horaczek und Sebastian Wiese in der Reihe jener Menschen, die sich „wehrten“, in den letzten Jahrzehnten, neben Gandhi, Malala Yousafzai, Sophie Scholl, Rosa Parks, Martin Luther King, Greta Thunberg, Emma Gonzalez, Ruby Bridges, Ed Roberts. Ein Buch über den Widerstand in all seinen Formen, national und international, durch Gebrauch politischer Institutionen und Prozeduren, oder durch deren Provokation, bis hin zum zivilen Ungehorsam.
Der Untertitel bringt, gewissermaßen als die Vorstufe des Widerstands, den Begriff des Engagements ins Spiel, die Teilnahme am politischen Prozess, der in einer repräsentativen Demokratie wie der unsrigen sehr viel komplizierter, mühsamer, manchmal frustrierender sein mag als in den Gesellschaften einst in der Antike oder in der Schweiz heute. Bei uns gibt es also regelmäßig die Möglichkeit, an den Wahlen teilzunehmen, außerdem viele Formen von privatem Engagement in Vereinen, dazu Volksbegehren oder Streik. Die Minimalform des Engagements ist die Zivilcourage, das spontane, beherzte Eingreifen bei Unfällen oder Gewalt – das heute immer mehr durch die sensationsgeile Handy-Zuguckerei ersetzt wird. Die psychologischen Mitmachertests von Stanley Milgram und anderen erklären, wieso Zivilcourage oft so zögerlich funktioniert.
Ein großer Teil des Buches ist den manchmal jahrelangen Protestaktionen gewidmet, angefangen mit der Aktion auf der von den Briten besetzten Insel Helgoland Weihnachten 1950. Danach gab es die Friedensbewegung, Atommülldemos, aber auch den blutigen Terror der RAF und die Frage nach Widerstand und Gewalt, die Schwulen- und Lesbenbewegung, die Umweltaktionen (das Bienenvolksbegehren), „Fridays for Future“, die neuen digitalen Protestformen, Hashtag und Shitstorm.
Es ist vollgepackt mit Informationen, aber ohne belehrenden Duktus, klingt manchmal gar ironisch: „Das Wahlrecht auszuüben ist nicht anstrengend. Der Aufwand beschränkt sich auf einen Sonnntagsspaziergang (zum Wahllokal) und ein Kreuz auf einem Stimmzettel (im Wahllokal).“
FRITZ GÖTTLER
Nina Horaczek,
Sebastian Wiese:
Wehrt euch! Wie du dich in einer Demokratie engagieren und die Welt verbessern kannst.
Czernin Verlag,
Wien 2019.
229 Seiten, 20 Euro.
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