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Produktdetails
  • Verlag: Theiss, Konrad
  • ISBN-13: 9783806215342
  • ISBN-10: 3806215340
  • Artikelnr.: 25464605
  • Herstellerkennzeichnung
  • Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.11.1998

Ein Kompendium zur Jahreszeit

Wer in dieser Jahreszeit ein Buch zu Weihnachten herausbringt, der trägt, so möchte man meinen, ein Krüglein Wasser ans Meer. Schließlich ergießen sich im Zwölfmonatsrhythmus zahllose beschauliche Veröffentlichungen über die Gabentische der Buchläden und Kaufhäuser, wobei der Kunde im nachhinein oft nicht weiß, worüber er sich mehr ärgern soll: über das hinausgeworfene Geld oder die verschenkte Lektürezeit.

Im angezeigten Falle ist es aber anders, und das liegt sicherlich mit am Lektor von "Weihnachten im Wandel der Zeiten", mit Gewißheit aber am Verfasser des Werkes. Eugen Ernst, Geograph und Volkskundler und in der Region vielen bekannt als der ehemalige Direktor des Freilichtmuseums Hessenpark, hat ein Buch produziert, bei dem der Leser nicht recht weiß, was er mehr bewundern soll: den Mut, sich auf solch ausgetretene Pfade zu wagen, die Sorgfalt, mit der im Großformat unterschiedliches Bild- und Textmaterial arrangiert ist, den fachlich-kritischen und dennoch immer liebevollen Blick, mit dem der Autor sein Terrain erschließt, oder die nüchterne, aber erfrischend klare Sprache, die er schreibt.

Schon in der Einleitung macht Ernst deutlich, daß man sich dieses Themas in einer Zeit des Traditionsverfalls nur auf eine Weise annehmen kann: mit kritischem Bewußtsein. Nicht nur wird die gute alte Zeit nostalgisch eingefärbt und mythologisch überhöht, alle Jahre wieder droht auch der inszenierte Kaufrausch den Kern eines Festes zu verdrängen, das den Zeitgenossen eigentlich auffordert, den Blick still nach innen zu richten. Ernst verfährt in seiner Darstellung ein wenig wie jener Jesuitenpater, der seine junge Gesprächspartnerin mit dem Hinweis überrascht, daß nicht nur buddhistische Klangschalen, sondern auch christliche Kirchenglocken zur Meditation aufrufen.

Die christlichen Traditionen, daran zweifelt Ernst nicht, sind zerbrochen. Und doch sieht er ein wachsendes Bedürfnis nach Transzendenz und damit die Notwendigkeit einer neuen Aufklärung. In diesem Sinne ist das Buch eine einzige Wiederentdeckung des Bekannten, besonders für jenen postmodernen Menschen, der sich, wie Ernst formuliert, verlaufen hat und dazu neigt, den Reichtum fernöstlicher Religionen wie einen Seelensteinbruch auszubeuten, statt sich des naheliegenden biblischen Angebots zu vergewissern. Daß es auch im eigenen Kulturraum einen reichen Schatz zu finden gibt, ist die Überzeugung des Autors. Worin er besteht, zeigt Ernst am Symbol des Schenkens, dem "abbildhaften Tun für Gottes Handeln am Tag der Christgeburt". Wer an dieser wahren Mitte des Weihnachtsfestes vorbeigehe, versäume das Wesentliche.

Die Fülle des Hausbuchs läßt sich auf kurzem Raum kaum schildern. Ob Wintergeister, Lichterbrauch, die Ursprünge von Tannenbaum, Krippenspiel und Weihnachtslied, Frau Holle oder die Nikolausfigur - in den 16 Kapiteln spannt Ernst einen weiten thematischen Bogen, der zeitlich von der Adventszeit bis zum Dreikönigstag reicht. Die Veränderungen des Brauchtums, das nicht nur christliche Wurzeln hat, werden mit zahlreichen volkskundlichen und literarischen Zeugnissen und mehr als 200 historischen und zeitgenössischen Abbildungen veranschaulicht.

Entstanden ist das Buch über einen Zeitraum von 20 Jahren hinweg bei den jährlichen Weihnachtsfeiern des Förderkreises Freilichtmuseum. So läßt sich dieses Kompendium zur Jahreszeit vermutlich auch am besten lesen: über die Abende der Adventszeit verteilt, im Kreise von Familie und Freunden. RAINER HEIN

Eugen Ernst. Weihnachten im Wandel der Zeiten. 256 Seiten mit 312 meist farbigen Abbildungen, erschienen im Theiss-Verlag, Stuttgart. Im Einführungspreis bis zum 31. Januar 1999

59 Mark, danach 79 Mark. ISBN 3-8062-1362-3.

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