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»Als ich aufwachte, da glänzte wie eine Muschelschale hoch oben eisig der Mond. Dann ging ein Sternenschauer nieder. Das hatte ich noch nie gesehen. Sie weinen, weil Krieg ist, sagte der Alte.«Adrià Guinart ist jung, der Krieg ist ihm ein Abenteuer, als er mit ein paar Freunden zur Front aufbricht. Durch Szenen von Roheit und rätselhafter Fremdheit geht er mit offenen Sinnen, staunend und wie wenn sich die Welt zum erstenmal darböte. Das Schöne und das Schreckliche stürzen auf ihn ein, liefern ihn einer Erfahrung aus, die stärker ist als er.

Produktbeschreibung
»Als ich aufwachte, da glänzte wie eine Muschelschale hoch oben eisig der Mond. Dann ging ein Sternenschauer nieder. Das hatte ich noch nie gesehen. Sie weinen, weil Krieg ist, sagte der Alte.«Adrià Guinart ist jung, der Krieg ist ihm ein Abenteuer, als er mit ein paar Freunden zur Front aufbricht. Durch Szenen von Roheit und rätselhafter Fremdheit geht er mit offenen Sinnen, staunend und wie wenn sich die Welt zum erstenmal darböte. Das Schöne und das Schreckliche stürzen auf ihn ein, liefern ihn einer Erfahrung aus, die stärker ist als er.
Autorenporträt
Mercè Rodoreda, die bedeutendste Schriftstellerin der modernen katalanischen Literatur, wurde 1908 in Barcelona geboren. Ihre ersten Bücher erschienen bereits in den dreißiger Jahren, darunter der mit dem Preis Crexells ausgezeichnete Roman, Aloma (1938, dt. Aloma 1991). Dann begann ein fast zwanzigjähriges Schweigen: Mercè Rodoreda ging, wie viele republikanische Katalanen, ins Exil nach Paris, bis sie vor den deutschen Truppen in den unbesetzten Teil Frankreichs floh und schließlich nach Genf zog, wo sie als Übersetzerin für die Unesco arbeitete und wieder zu schreiben begann. Hier entstanden die Romane, die sie berühmt machten: La plaça del Diamant (1962, dt. Auf der Plaça del Diamant 1978) und Mirall trencat (1974, dt. Der zerbrochene Spiegel, 2000).

Die Erfahrung des Krieges und besonders des Exils durchzieht thematisch das Werk Mercè Rodoredas. Gegenüber dem Realismus ihrer früheren Bücher bewegen sich die Figuren ihrer letzten Romane und Erzählungen in einer eher phantastischen Welt, und die Sprache gewinnt an metaphorischem Reichtum.

Mercè Rodoreda starb 1983 in Girona.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.01.2008

Mit den Augen Goyas
Ein Kriegsroman der Katalanin Mercè Rodoreda

Die Fotos zeigen ein schönes, freundliches, vornehm damenhaftes Gesicht. Geboren wurde Mercè Rodoreda (katalanisch "Mrsä Rudurédä") 1908 in Barcelona. Sie starb, berühmt und geehrt, 1983. Unter den katalanischen Erzählern ihrer Zeit gilt sie bis heute als die "universellste", also die am stärksten nach außen hin ausstrahlende Erscheinung, und ihr Roman "Auf der Plaça del Diamant", der 1962 erschien, wird als der bedeutendste unter den katalanischen der Gegenwart betrachtet.

Ein weiteres Meisterwerk von ihr ist "Der zerbrochene Spiegel" (1982). Sie emigrierte 1939, nach dem Bürgerkrieg also - und hatte wegen ihres politischen Engagements dazu auch guten Grund. Sie lebte erst in Bordeaux, dann in Paris. Mit Näharbeiten soll sie sich dort durchgebracht haben. Im Jahr 1954 ließ sie sich in Genf nieder, arbeitete dort bei der Unesco. In ihre Heimat kehrte sie erst zwanzig Jahre später zurück, kurz vor dem Ende der sich langsam, aber aufhaltsam lockernden Diktatur. An dem schönen Ort Romanyà de la Selva an der Costa Brava verbrachte sie ihre letzten Jahre.

Die Katalanen sind ja - und gerade dies ist, was sie aber nicht wahrhaben wollen, ihr eigentlicher kultureller Reichtum - vollkommen zweisprachig. So bedarf es für einen Schriftsteller, um Katalanisch, nicht aber Spanisch zu schreiben (oder dann umgekehrt), eines regelrechten Entschlusses. Rodoreda, eine Autodidaktin, kam zu ihrem Entschluss über einen "katalanistisch" gesinnten Großvater. Dass sie aber überhaupt und früh zu schreiben begann, hing mit einer unglücklichen Ehe zusammen (sie hatte einen siebzehn Jahre älteren Onkel geheiratet). Umso mehr wollte sie der Monotonie rein häuslichen Lebens entfliehen. So kommt hier auch das spezifisch weibliche Schicksal ihrer Zeit, die ja noch nicht ganz zu Ende ist, herein. Eine Feministin wurde sie aber kaum, obwohl jenes Schicksal sich in ihrem ohnehin stark autobiographisch bestimmten Werk immer wieder zeigt. Bereits 1937 kam ihr erster erfolgreicher Roman "Aloma" heraus, den sie später ganz umschrieb.

Das hier anzuzeigende Buch erschien 1980 unter dem Titel "Quanta, quanta guerra ..." Deutsch heißt es nun also - und dies bleibt ja in der Nähe - "Weil Krieg ist". Unter den drei Zitaten, die vorangestellt sind, findet sich zuerst der berühmte und wegen seiner Zweideutigkeit umstrittene Satz Goyas (auf der Radierung Nr. 43 der "Caprichos"): "Der Schlaf" - oder "Traum" - "der Vernunft erzeugt Ungeheuer." Das spanische "sueño" heißt ja sowohl "Schlaf" als auch "Traum". Aber der Satz wird hier seltsamerweise falsch zitiert, denn nicht "engendra", sondern "produce monstruos" hatte Goya gesagt. Die beiden anderen Mottos sind von Saul Bellow und von D. H. Lawrence, was schon etwas zeigt von Rodoredas weitem, gar nicht lokalem Schreib-Ansatz. Worüber sie schreibt, spielt zwar in Katalonien, ist aber nicht spezifisch katalanisch. Diese katalanische Erzählerin interessiert die Provinz des Menschlichen.

Dies zeigt auch dieses Buch, und von Goyas "Ungeheuern" tritt in ihm nicht weniges hervor. Rodoreda begibt sich hier erzählend in die Sicht eines fünfzehnjährigen Jungen hinein, der von zu Hause geflohen ist und dem nun bei seinem Umherstreunen immer wieder der Krieg über den Weg läuft oder er ihm. Ein bewunderter Freund hatte Adrià Guinart, so heißt der Junge, dazu überredet, "in den Krieg zu ziehen". Er jedoch wollte einfach weg. Sein Vater war früh gestorben, mit der Mutter kam er nicht zurecht. Unheimlich schon die Geschichte mit dem Vater, der als Lokführer nachts zweimal einen Mann dem Zug entgegengehen sah, den Zug zum Anhalten brachte, und dann war da nichts. Gleich in der ersten Nacht nach dem Reißaus stößt Adrià auf einen Erhängten - in einem Sack hängt der Körper an einem Baum; nur der Kopf schaut heraus. Adrià schneidet das Seil durch, der Mann lebt noch, schildert danach sich hineinsteigernd das Unglück seines Lebens, will dem Jungen schließlich wütend - "Warum nur hast du mich abgehängt?" - eine mit der Faust verpassen und sinkt in diesem Augenblick tot zusammen.

Dann ist da aber auch, gleich danach, jenes rätselhafte "Mädchen vom Fluss" mit dem sehr allgemeinen Namen Eva. Etwas wie Liebe oder Verlangen regt sich bei Adrià, aber Eva ist plötzlich verschwunden; später taucht sie mehrmals wieder auf. Er kommt bei einem Müller unter, dann bei einem Bauern, immer geht es schief, auch in dem Schloss, in das er gerät, und immer wieder stößt er auf Szenen und Spuren, auf die Grausamkeiten des Krieges, "desastres de la guerra", um es wieder mit Goya zu sagen: roh marodierende Soldaten, Verstümmelte, Kanonen, Granaten, Flugzeuge, die Bomben werfen ...

Das alles ist aber nur der stets präsente Hintergrund. Ein Kriegsbuch hat Rodoreda hier wahrlich nicht geschrieben. Es besteht aus 43 mehr oder weniger kurzen evozierenden Abschnitten (vielleicht doch nicht zufällig entspricht die Zahl der Nummer von Goyas "Capricho" mit jener lapidaren Aussage). Ein großes Motiv ist sicher die Einsamkeit. All die Menschen, denen Adrià begegnet, wollen reden, vor allem reden, sich dem sympathischen, aber von der Erzählerin gewollt blass bleibenden Jungen mitteilen. Am Ende kehrt Adrià zurück. Aber: "Wo war zu Hause? Hatte ich noch ein Haus? Schwer beladen käme ich zurück mit Bergen von Erinnerungen an all die Leute, die ich kennengelernt hatte, die geboren waren und gelebt hatten, damit ich sie kennenlernen konnte, und die den ganzen Weg um mich sein würden ... all die zärtlichen Augen, all die traurigen Augen, all die erstaunten Augen, all die verzweifelten Augen."

Dies ist der Ton: weich, bei aller Härte in der Schilderung des Harten, schöne Evokationen von Landschaft, etwas traumhaft, immer wieder auch ins Surreale gehend. Ein feines, poetisches, stilles, sich nur langsam erschließendes Buch. Und Angelika Maass hat es trefflich übersetzt. Man hat - so muss es ja nicht immer, gewiss aber in diesem Falle sein - nicht das Gefühl, eine Übersetzung zu lesen.

HANS-MARTIN GAUGER

Mercé Rodoreda: "Weil Krieg ist". Roman.

Aus dem Katalanischen übersetzt von Angelika Maass. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 175 S., geb., 18,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Ziemlich beeindruckt fasst Rezensentin Katharina Döbler ihre Leseeindrücke von diesem letzten Roman der "großen alten Dame der katalanischen Literatur" zusammen, der ihren Informationen zufolge 1962 im Original erschien, noch einmal vom Spanischen Bürgerkrieg erzählt und wie man darin überleben konnte. Daneben handele es sich aber auch um einen Entwicklungsroman, eine Geschichte vom Erwachsenwerden, schreibt Döbler, in deren Zentrum ein halbwüchsiger Junge stehe, der immer auf der Flucht vor irgendjemandem sei. Noch einmal habe Merce Rodoreda in diesem letzten, großen Roman nach zwanzig Jahren Schweigen alle Ebenen ihres Schreibens, in denen sich aus Sicht der Rezensentin symbolistische wie realistische Elemente vereinen, zu einem großartigen Ganzen gefügt, und für ihren Blick auf das Leben, das "Wesen des Menschen" "zauberhafte klare Worte", für das "Trauma des Bürgerkriegs" sogar hoch symbolische Bilder gefunden.

© Perlentaucher Medien GmbH
»In ihrem letzten Roman hat Rodoreda ... eine Geschichte aus dem spanischen Bürgerkrieg erzählt, ... die Ebenen ihres Schreibens noch einmal zu einem Ganzen gefügt.«
Katharina Döbler, DIE ZEIT