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Dieser Band ist der erste Versuch, den verstreut vorliegenden Omina, Tabus und Verhaltensratschlägen aus Georgien eine strukturierte Form zu geben und diese Gattung der traditionellen Kultur damit für die systematische Forschung zugänglich zu machen. Zum einen untersuchen die Autoren Werke zur Erforschung und Dokumentation der traditionellen Kultur Georgiens und seiner Regionen, die oft Aspekte des Volksglaubens enthalten. Zum anderen greifen sie auf bislang unveröffentlichte Quellen zurück, die im Folklorearchiv des Rustaveli-Instituts für georgische Literatur liegen. Die meisten der…mehr

Produktbeschreibung
Dieser Band ist der erste Versuch, den verstreut vorliegenden Omina, Tabus und Verhaltensratschlägen aus Georgien eine strukturierte Form zu geben und diese Gattung der traditionellen Kultur damit für die systematische Forschung zugänglich zu machen. Zum einen untersuchen die Autoren Werke zur Erforschung und Dokumentation der traditionellen Kultur Georgiens und seiner Regionen, die oft Aspekte des Volksglaubens enthalten. Zum anderen greifen sie auf bislang unveröffentlichte Quellen zurück, die im Folklorearchiv des Rustaveli-Instituts für georgische Literatur liegen. Die meisten der ausgewählten Materialien stammen aus dem 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Die Sammlung präsentiert Materialien aus fast allen Regionen Georgiens und bietet daher einen Einblick in die räumliche und kulturelle Vielfalt der georgischen Kultur. Trotz der frühen Christianisierung und der großen Autorität der Orthodoxen Kirche Georgiens haben sich im Alltag der Menschen Elemente des älteren Glaubens erhalten, und magische Vorstellungen spielen beim Umgang mit Krankheiten nach wie vor eine bedeutende Rolle. Manche Elemente des Volksglaubens gingen sogar eine Verbindung mit christlichen Traditionen ein, so etwa in der Tradition der Prophetie, die in den Bergregionen Georgiens, vor allem in Xevsureti - wo der Einfluss der offiziellen Kirche besonders gering war - sogar institutionalisiert wurde. In dieser Hinsicht sind auch die Materialien über den Volksglauben der Juden, die bereits seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. in Georgien leben, interessant.
Eine Einleitung führt zu Beginn in den georgischen Volksglauben ein. Auf eine Deutung oder Kontextualisierung des Materials selbst wird bewusst verzichtet. Vielmehr versteht sich die hier vorgelegte Sammlung von aus dem Georgischen, Russischen und Französischen übertragenen Texten als "Rohmaterial", das als Grundlage für künftige, umfassende Studien zum Volksglauben in den einzelnen Regionen und Bevölkerungsgruppen Georgiens dienen soll.
Ein umfangreicher Index, der die Texte verschlagwortet und leichten Zugriff auf einzelne Themen und Motive ermöglicht, rundet den Band ab.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Rezensionen
"Wer kennt sie nicht, weise Sprüche oder Verhaltensratschläge, die im Laufe des Lebens von den Menschen mit auf den Weg gegeben werden? Solche kurzen, doch mit Bedeutung aufgeladenen Texte trugen die Autoren Elguja Dadunashvili und Agnes Korn in ihrer 2007 erschienenen Publikation verdienstvoll zusammen.
Nach einer Einführung zum Volksglauben in Georgien wird eine Sammlung von nicht weniger als dreihundertzweiundsiebzig überlieferten Sprüchen festgehalten, die von den Autoren sinngemäß in Omina, Tabus und Verhaltensratschläge unterteilt wurden. Durch Inhaltsverzeichnis und Index wird den Rezipienten die Möglichkeit gegeben, wichtige Schlagwörter des Volksglaubens wie z.B. Schwangerschaft, Schere, Tod und Dämonen gezielt nachzuschlagen. Da die äußerst knappen, doch bedeutungsschwangeren Texte bislang nicht systematisch erfasst wurden, unternahm man mit diesem Band nun erstmals den Versuch, dieser verstreut aufgezeichneten Gattung der traditionellen Kultur eine strukturierte Form zu verleihen. Nicht die Deutung und Kontextualisierung wird zum Ziel der Publikation erklärt, sondern vielmehr die Bereitstellung von "Rohmaterial" für kommende "umfassendere Studien zum Volksglauben in den einzelnen Regionen und Bevölkerungsgruppen Georgiens". Da sich bisher existierende wissenschaftliche Arbeiten und Quellen aus dem Folklorearchiv des Rustaveli-Instituts für georgische Literatur mit den verschiedensten Regionen und Zeitabschnitten des Landes und in diesem Zusammenhang auch mit dem dort vorherrschenden Volksglauben auseinandersetzten, konnten die Autoren dieses Büchleins nun in einem zweiten Schritt den Anspruch erheben, einen umfassenderen, d.h. überregionalen Überblick zum Glauben im georgischen Volk zu geben. Wenn sich im Land des Goldenen Vlieses im Vergleich zu Westeuropa weit mehr Spuren von Weissagung und Hexerei bis heute nachweisen lassen, so muss dies vor allem als Folge des zu jeder Zeit maßgeblichen Respekts gegenüber dem "Diener der Herren" angesehen werden, der eine Hexenverfolgung von vornherein ausschloss. Die "Diener", die zumeist weiblichen Geschlechts waren und die in einigen Dörfern bis heute praktizieren, wurden auch "Tanten des Herrn" genannt. Krankheiten wie Blattern, Masern und Pest, die man seinerzeit mit übernatürlichen Gestalten in Verbindung brachte, konnten den damaligen Vorstellungen entsprechend nur von einer solchen "Tante des Herrn" wirksam betreut oder gar bekämpft werden. Zu ihren Aufgaben gehörte es, dem Kranken sämtliche Wünsche zu erfüllen, ihn mit Worten und Musik zu unterhalten, während das "verpestete" Zimmer mit farbigen Blumen und Stoffen geschmückt wurde. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang vor allem der Umstand, dass der Volksglaube in Georgien offenbar eine solch starke Verbreitung fand, dass er seinerzeit nicht nur in den untersten Schichten wirksam wurde, sondern auch in den Palästen der Fürsten Einzug hielt.
(...) Bei der Lektüre der kurzen Textpassagen wird so mancher Leser erstaunt sein, wie sehr die georgischen Sprüche und Verhaltensratschläge bisweilen vergleichbaren deutschen Überlieferungen ähneln (z. B. Nr. 9, 77, 135, 141, 191). Interessant ist es zudem herauszulesen, was die Menschen im Laufe der Zeit offenbar in hohem Maße beschäftigte oder was sie immer wieder aufs Neue ängstigte. Auch wenn die Zahlenangaben vor den Texten auf den ersten Blick eher irritieren, verbergen sich dahinter letztlich die mit zusätzlichen Informationen gespickten Quellenangaben, die als wichtige Ergänzungen des Buches anzusehen sind und hoffentlich bald in Kombination mit den Texten die Grundlage für tiefer gehende Studien zu diesem äußerst gehaltvollen Themenkomplex bilden werden."

Von Maja Chotiwari

In: Georgica. 31 (2008). S. 139-140.
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