Ein persönliches Reisetagebuch, aber kein Reiseführer und doch informativ
Ich nehme ein Buch zur Hand, beginne zu lesen und spüre intuitiv, ob es lesens- oder weglegenswert ist. Das vorliegende Buch ist lesenswert. Allerdings sollte man sich keinen Kultur-Reiseführer durch das Land von Dschinghs
Khan erwarten – einerseits steht ja auch am Buchrücken „ein spannendes Tagebuch, unterhaltsam und…mehrEin persönliches Reisetagebuch, aber kein Reiseführer und doch informativ
Ich nehme ein Buch zur Hand, beginne zu lesen und spüre intuitiv, ob es lesens- oder weglegenswert ist. Das vorliegende Buch ist lesenswert. Allerdings sollte man sich keinen Kultur-Reiseführer durch das Land von Dschinghs Khan erwarten – einerseits steht ja auch am Buchrücken „ein spannendes Tagebuch, unterhaltsam und informativ“, also Tagebuch, und andererseits schreibt sie ausdrücklich im Rahmen des Besuchs der wichtigsten Kulturstätte der Mongolei, Alt-Karakorum, der Stadt Dschinghis Khan, dass sie sich für Kulturschätze nicht begeistern kann, sondern hauptsächlich Landschafts- und Naturliebhaberin sei. Folglich erfährt der Leser fast nichts über Geschichte des Landes in diesem Buch.
Was aber Flemming durchaus interessant schildert, sind die vielen landschaftlichen Gegensätze und Eindrücke. Auch eines der wichtigsten Volksfeste, das Owoo-Naadam-Fest, das sie in der Steppe miterlebte, beschreibt sie in meinen Augen lebendig und stellt für mich schon eine wesentliche Mongolei-Erfahrung dar. Aus meiner Sicht als langjähriger Reiseleiter finde ich auch ihre Beschreibungen der Vorgänge innerhalb der siebenköpfigen Gruppe, das Verhalten der Reiseleiterin und der Begleiter (Fahrer, Köchin), die anstrengenden, stundenlangen Fahrten durch Geröllwüste oder Steppe durchaus wissenswert , wenn man das Buch, wie eingangs erwähnt, als Tagebuch betrachtet. Und das mögen die Schwachstellen sein: manchmal ist es halt doch ein sehr persönlich -subjektives Tagebuch. Trotz des Hinweises am Buchrücken, Flemming sei viel- und weitgereist, klingen manche Aussagen zu ihrer Erwartungshaltung etwas naiv, wie sie übrigens selbst zugibt. Auch nicht notwendige Wiederholungen von bereits Mitgeteiltem und manch eigentümliche Ausdrucksweise oder Ansicht (beispielsweise kam ihr beim Anblick eines ganz normalen Einkaufsladens mitten in der Mongolei das „nackte Grauen“, das Waldsterben durch Borkenkäfer ich einer Region des Landes, gegen das man nichts unternehmen kann, will sie „so nicht hinnehmen“ und „versteht die Welt nicht mehr“) sind halt Dinge, die nicht passen.
Aber nochmals auf den Inhalt zurückkommend. Die Schilderungen über die Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn, die kühlen Erfahrungen mit Russen, die herzlicheren mit Mongolen, die Begegnungen mit religiösen Stätten in der Mongolei und andere Kleinigkeiten, die wiederum in Kulturführern keinen Platz fänden, geben mir als noch nie in der Mongolei gewesenen, einen guten Eindruck davon, was ich mir im 21. Jahrhundert von einer Reise in dieses Land erwarten darf und welche Romantik ich gleich zu Hause lassen sollte. Und über den Wert in Hinblick auf den Buchpreis kann man sicherlich streiten oder philosophieren, denn da hat jeder so seine persönliche Ansicht.