Viele Vogelarten hört man eher, als dass man sie sieht. Beim morgendlichen Vogelkonzert im Frühjahr frage ich mich immer wieder, wo diese zahllosen Stimmen herkommen und wer dahinter steckt. Ornithologen können angeblich anhand des Gesangs Arten bestimmen, aber wenn ich bisher mit selbsterstellten
Tonaufnahmen in den einschlägigen Foren um Rat bat, waren die Ergebnisse meistens widersprüchlich und…mehrViele Vogelarten hört man eher, als dass man sie sieht. Beim morgendlichen Vogelkonzert im Frühjahr frage ich mich immer wieder, wo diese zahllosen Stimmen herkommen und wer dahinter steckt. Ornithologen können angeblich anhand des Gesangs Arten bestimmen, aber wenn ich bisher mit selbsterstellten Tonaufnahmen in den einschlägigen Foren um Rat bat, waren die Ergebnisse meistens widersprüchlich und manchmal auch komplett falsch, wie ich dann Tage später feststellte, wenn ich den Sänger auf einer Baumspitze mit dem Fernglas entdeckte. So einfach ist die Sache also nicht!
„Welcher Vogel singt denn da?“ ist sehr didaktisch aufgebaut. Zunächst erfährt man, warum Vögel eigentlich singen. Das klingt zuerst einmal nach Kindergarten, aber es steckt ein tieferer Sinn dahinter: Je nach Situation und Zweck singt ein und dieselbe Vogelart unterschiedlich. Es gibt z. B. einen Unterschied zwischen Ruf und Gesang und auch bei den Rufen verwenden manche Arten unterschiedliche Typen. Das wird dann in späteren Kapiteln noch einmal im Detail besprochen. Ebenfalls sehr ausführlich wird das Thema Sonogramme erklärt, wertvolle Bestimmungshilfen, die sich wie ein roter Faden durch das ganze Buch ziehen. Wie man sie liest und interpretiert, wird an mehreren Dutzend Beispielen trainiert, die durch einem QR-Code bzw. eine Tondatei auf der Verlagswebseite auch mit Tonaufnahmen verknüpft sind. Testaufgaben üben das Lesen von Sonogrammen und bringen dem Schüler Schritt für Schritt immer komplexere Gesänge und Rufe bei. Es werden aber auch andere Techniken beschrieben, wie man das Memorieren, Hören und Analysieren von Vogelstimmen erlernen kann. Was für den einen leicht ist, kann für den anderen unüberwindlich schwer sein.
Nachdem man die Grundlagen verinnerlicht hat, darf man sich an den Bestimmungsschlüssel wagen. In einem dichotomen (Ja/Nein-Antworten) Schlüssel werden die Gesänge (nicht die Rufe!) der 22 häufigsten Brutvögel in Deutschland vorgestellt. Es gibt insgesamt über 300 Arten, es besteht also immer eine gewisse Unsicherheit, aber von diesen 22 sind jeweils auch vergleichende Tondateien hinterlegt. Der nachfolgende „Schlüssel“ enthält die Rufe UND Gesänge von 54 häufigen (und gut unterscheidbaren) Vogelarten. Im eigentlichen Sinn ist es kein Schlüssel, weil er nur tabellarische Listen enthält, die anhand einfacher Gesangsmerkmale sortiert sind. Ich verstehe das als ein erweitertes und immer differenziertes Gehörtraining, denn in den darauffolgenden Kapiteln wird noch erklärt, wie man seinen persönlichen Bestimmungsschlüssel auf dieser Basis weiter verfeinert und neue Arten aufnimmt. Hier helfen externe Webseiten, mit teilweise erstaunlich guten und vielfältigen Vergleichsaufnahmen weiter.
Problematisch sind aus meiner Sicht weniger die Gesänge als die (meist kurzen) Rufe, die wegen der Ähnlichkeit deutlich leichter zu verwechseln sind. Letztlich ist es wie überall: Man muss üben. Ich habe tatsächlich mittlerweile einige Stimmen zu unterscheiden gelernt, aber mir ist auch bewusst, dass dabei immer noch Unsicherheiten bestehen. Es gibt absolut eindeutige Kandidaten, aber es gibt viel mehr Vogelarten, deren Gesang so sehr variiert oder sich ähnelt, dass absolute Aussagen ohne aufwendige tontechnische Analyse schwer bis unmöglich sind. Das alleine zu wissen ist auch schon viel wert und relativiert so manche vehemente Feststellung selbsternannter Experten in den einschlägigen Foren.